Gladbeck. Schauspieler Jörg Hartmann hatte beim Auftritt sein Buch im Gepäck und fesselte 700 Gäste mit Erinnerungsprosa aus dem Ruhrgebiet.

Jörg Hartmann war bass erstaunt. „Ist ja der Wahnsinn“, sagte der Schauspieler, als er am Donnerstagabend auf die Bühne in der Mathias-Jakobs-Stadthalle kam. Der 54-jährige Schauspieler wollte sein Buch vorstellen. Aber so etwas wie in Gladbeck hat er nach eigener Aussage noch nie erlebt.

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700 Menschen hatten sich auf den Weg gemacht, um Hartmann bei der Lesung aus seinem Buch „Der Lärm des Lebens“ zu erleben, hatten geduldig in der Schlange vor der Stadthalle gestanden. Und viele warteten später noch einmal seelenruhig darauf, dass ihnen der 54-Jährige das frisch erworbene Buch signiert. „Ich komme jetzt immer nach Gladbeck“, freute sich Hartmann, der im Tatort den Dortmunder Kommissar Peter Faber verkörpert, über das große Interesse.

Das Gladbecker Publikum erfuhr viel aus dem Leben Hartmanns, der in Herdecke aufwuchs

Das Gladbecker Publikum hätte nichts dagegen, wenn der Künstler regelmäßig in die Stadthalle kommt, erlebte es doch einen ebenso unterhaltsamen wie nachdenklichen Abend. Die Gäste hörten Passagen aus dem Buch des in Herdecke aufgewachsenen Schauspielers, die mal witzig und mal sentimental, dann wieder komisch und tragisch zugleich waren.

Das Buch ist eine Liebeserklärung an seine Familie

Es sei kein Roman, sagt Antje Deistler, Leiterin des Literaturbüros Ruhr und Moderatorin des Abends, es sei aber auch keine Autobiografie. Jörg Hartmann selbst nennt’s Erinnerungsprosa. Er erzählt von seinen Bemühungen als junger Schauspielstudent, in Berlin Kontakte mit der Schaubühne-Intendantin Andrea Breth aufzunehmen, er erzählt von den gehörlosen Großeltern und der Demenz des Vaters; er berichtet von dem Leichenschmaus nach dessen Beerdigung, bei dem viel gelacht wird. „Wir haben uns gefeiert, meinen Vater und die westfälische Seligkeit.“

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Das Buch ist eine Liebeserklärung an seine Familie: „Ich bin in einem gemachten Bett aufgewachsen.“ Es ist ein Dankeschön an seine Eltern. „Sie haben mir das Fundament gegeben“, sagt er im Gespräch mit Antje Deistler, „und sie haben immer daran geglaubt, dass man es schon richtig macht.“

Schauspieler Jörg Hartmann war überwältigt, wie viele Menschen in Gladbeck ihn erleben wollten.
Schauspieler Jörg Hartmann war überwältigt, wie viele Menschen in Gladbeck ihn erleben wollten. © Literaturbüro Ruhr | Anna-Lisa Konrad

Das Buch ist aber auch ein Loblied aufs Ruhrgebiet. „Ich mag den Tonfall, ich mag den Humor.“ In Potsdam, wo er jetzt lebe, müsse er witzige Bemerkungen immer erst erklären. „In Gladbeck würden alle lachen.“ Bei der Lesung verfällt Hartmann regelmäßig in den typischen Kohlenpott-Slang, sagt „Hömma“, „Omma“ und „Gleich kriegse Mopedkette am schmecken“.

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„Der Lärm des Lebens“ ist Hartmanns erstes Buch, Drehbücher – unter anderem eins für den Dortmunder Tatort – habe er schon einige geschrieben, berichtete der Schauspieler im Gespräch mit Antje Deistler. Er verriet auch, dass der Parka, den Kommissar Peter Faber im Tatort trägt, sein eigener ist – und dass er mit der Figur eigentlich wenig gemeinsam hat.

Gleich kriegse Mopedkette am schmecken.
Jörg Hartmann - Tatort-Kommissar und Buchautor, lässt seine Ruhrgebiets-Vergangenheit aufblitzen

Gibt’s in Zukunft ein weiteres Buch von Jörg Hartmann? „Ich habe Blut geleckt, definitiv“, antwortet der Schauspieler. Eine Idee habe er schon – und zwar für einen Roman. Mehr verrät er nicht. Keine Frage: Die Stadtbücherei Gladbeck, die die Veranstaltung zusammen mit dem Literaturbüro Ruhr ausgerichtet hat, wird Hartmann wieder einladen – und zwar gleich in die Stadthalle.

Eigentlich wollte Leiterin Eva Beck die Lesung im 180 Gäste fassenden Lesecafé der Bibliothek ausrichten… Mit 700 Besucherinnen und Besuchern war dieser Termin übrigens die am besten besuchte Veranstaltung bisher. „Gladbeck“, sagt Hartmann, „schießt den Vogel ab.“