Gladbeck. Das DRK hat in Gladbeck wieder zum Blutspenden geladen. Aber wie genau läuft die eigentlich ab? Ein Ortsbesuch mit Tipps von Spender-Veteranen.
Eigentlich alles wie immer, im Lesecafé der Stadtbücherei Gladbeck. Höfliches Schweigen, die Menschen starren auf Buchstaben, einer räuspert sich leise. Ein halber Liter Blut rotiert vor sich hin, gerührt, nicht geschüttelt, auch nicht geronnen. Moment mal! An diesem Montag ist im Lesecafé natürlich nichts wie immer, der DRK ist in der Stadt. Blutspenden sammeln für die leeren Blutbanken und die Krankenhäuser am Bluthungertuch, erst am Wochenende warnte der DRK-Blutspendedienst West, dass auch in NRW schon jetzt die Konserven knapp werden. Deswegen hat sich das Gladbecker Rotkreuz auch nicht von König Karneval beirren lassen, der gerade die Mathias-Jakobs-Stadthalle besetzt. Und ist eben in die Bücherei ausgewichen.
Der Andrang ist beachtlich, na immerhin. Die Liegen, auf denen die Spender letztendlich angezapft werden, sind voll, aber bis man da tatsächlich liegt, ist es ein weiter Weg – und der beginnt bei Claudia Winter. Wer das erste Mal da ist, erhält zunächst einen Infozettel, dann kommt die Pflicht vor der blutigen Kür. Persönliche Daten, Anschrift des Hausarztes, und so weiter. Nicht zu vergessen: der Fragebogen. Mindestens 50 Kilo schwer? In den vergangenen vier Monaten tätowiert worden? In den letzten vier Monaten eine Darmspiegelung gehabt? Und noch 21 Fragen mehr. Merken Sie sich das, der Bogen wird später nochmal wichtig.
Blutspenden in Gladbeck: Wer überhaupt als Spender infrage kommt
Nach dem Papierkram geht es aber erstmal zu Stefan Froning. „Ich messe den Hämoglobingehalt des Bluts, das ist Farbstoff in den roten Blutkörperchen.“ Und wenn der zu niedrig ist? Froning grinst. „Dann ist hier schon Schluss“. Übrigens auch, wenn die Körpertemperatur zu hoch ist, im Volksmund „Fieber“ – nichts entgeht dem Hightech-Thermometer.
Dann geht‘s ans Eingemachte, aber streng vertraulich, hinter den Stellwänden und mit den Ärzten Katrin Millmann und Frederik Paulus. Wie an jeder Station werden hier die Daten kontrolliert, damit Menschen und Blut nicht durcheinanderkommen, und Millmann fragt ganz profan, ob der Spender in spe genug gegessen und getrunken hat. „Das ist das A und O beim Blutspenden.“ Blutdruck und Puls werden auch gemessen, Medikamente abgefragt – und dann kommt der Fragebogen wieder ins Spiel. „Jede Frage, die mit ‚Ja‘ beantwortet wurde, gehen wir mit den Menschen durch.“ Bei manchen kann man sich das Ausschlusspotenzial als Blutspender schon selbst denken („Hatten Sie in den letzten vier Monaten Sexualverkehr mit einer Person, die mit HIV- oder Hepatitis-Viren infiziert ist?“), andere sind nicht so offensichtlich. Wer nämlich erkältet ist oder es in den vergangenen sieben Tagen war, ist als Spender raus.
Blutspende: nicht viel anders als Blutabnehmen beim Arzt
Endlich, die Liege in Sicht. Also erstmal Alex Schöner, der steht nämlich vor den Liegen. „Ich bereite hier die Sets vor, mit Blutbeutel und den Teströhrchen für die Blutanalyse.“ Auf so einem Blutbeutel, einem leeren natürlich, darf man auch mal rumdrücken. Warum ist denn da schon was drin? „Ein Mittel, damit das Blut nicht gerinnt.“ Macht Sinn, geronnenes Blut ist schwerer in den Patienten zu bekommen.
So, jetzt aber wirklich: Die Nadel kommt in die Armbeuge, das übernehmen die „Punktierer“, dann fließt das Blut. Das ganze Prozedere funktioniert genau wie beim Blut abnehmen – und dauert auch nur unwesentlich länger, fünf bis 10 Minuten, dann ist der halbe Liter voll. Schöne überlegt. „Profispender kriegen das auch in vier Minuten hin.“ Während der frisch angezapfte Spender zehn Minuten ruht und dann mit Brötchen, Kaffee und einer Tafel Schokolade versorgt wird, wandert der Blutbeutel in eine Kühlkiste, dann nach Münster, nach Hagen – und dann ist er einsatzbereit.
Angst vor der Blutspende? „Reine Kopfsache“
Bei dem Herrn auf der Liege läuft es gerade richtig gut, das Blut. „Jeden Tag eine gute Tat, oder?“ Christoph Jungblut überlegt nochmal. „Ich möchte ja auch mal Blutkonserven bekommen, wenn ich sie brauchen sollte.“ Und nein, kein Künstlername, der Mann heißt wirklich so. Der Zufall schreibt die schönsten Geschichten. 72 Mal hat der passend benannte Gladbecker schon gespendet, „mein Vater hat mich mitgenommen, das erste Mal. Mittlerweile geht auch mein Sohn“. Was rät ein Blutveteran denjenigen, die vor dem ersten Mal ein bisschen Bammel haben? „Es ist wirklich nur ein kleiner Stich. Alles andere ist Kopfsache. Das ist die eigene Unsicherheit, wie beim Zahnarzt.“ Alex Schöne nickt. „Das ist wirklich reine Kopfsache.“
Guido Hochmuth hat für sich noch einen anderen Trick gefunden. „Ich glaube, dass das mein Blut erfrischt. Ich bilde mir ein, dass mein Heuschnupfen besser geworden ist, seit ich spende.“ Einbilden? Er habe mal seinen Arzt gefragt, der sehe keinen Zusammenhang. „Aber auch wenn ich mir das nur einbilde: Solang es funktioniert...“
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Hochmuth ist noch ein bisschen erfahrener als Jungblut, 125 Mal hat er sich punktieren lassen, stolze 62,5 Liter Blut, „das erste Mal am 27. Juli 1992“. Freunde haben ihn mitgenommen, und Guido Hochmuth ist dabei geblieben, bis heute, nur heute darf er nicht: „Ich habe schon im Januar, da müssen acht Wochen dazwischenliegen.“ Das nächste Mal sammelt das DRK in Gladbeck am Montag, 11. März, ab 14 Uhr in der Stadthalle Blut, Erstspender können einfach vorbeikommen. Guido Hochmuth wird dann jedenfalls in Runde 126 gehen. Wegen der guten Tat, klar. „Aber mir tut das auch einfach gut.“ Einen hat er noch, für Spenden-Neulinge: „Keine Angst vorm ersten Mal.“