Gladbeck. Im St.-Altfrid-Haus der Caritas Gladbeck geht ein neues Angebot für Arme an den Start. 100 Mahlzeiten können Tag für Tag serviert werden.

Im Kühlschrank herrscht gähnende Leere wie im Geldbeutel. Vorräte? Nicht die Bohne. Die Küche muss kalt bleiben. Was tun, wenn der Magen knurrt, aber kaum ein Cent fürs Essen im Portemonnaie liegt? Der CaritasverbandGladbeck und das städtische Amt für Soziales und Wohnen decken ab Freitag (30. Juni) den kostenlosen Mittagstisch für bedürftige Menschen – täglich im Café des St.-Altfrid-Hauses in Brauck. Auf den Teller kommen warme Speisen. Dieses Angebot ist ein Novum in Gladbeck, das gab’s bisher noch nicht.

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Finanziell möglich macht es der Stärkungspakt NRW „Gemeinsam gegen Armut“. Die Landesregierung hat das Programm aufgelegt, ergänzend zu Maßnahmen des Bundes. Etwa 150 Millionen Euro stecken im Topf, nach Gladbeck fließen 830.000 Euro – und nun rund 250.000 Euro in den kostenlosen Mittagstisch für Bedürftige. „Weil der Stärkungspakt die Grundlage ist, ist das Angebot bis zum 31. Dezember befristet“, erläutert Caritassprecherin Antonia Gemein.

Der kostenlose Mittagstisch soll keine Konkurrenz zum Tafelmobil des DRK Gladbeck sein

Sicher, in der Stadt steuert auch das Tafelmobil des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Ausgabestellen an, an denen Bedürftige sich mit Nahrungsmitteln eindecken können. Doch beide Angebote in einem Atemzug zu nennen, hieße Äpfeln mit Birnen zu vergleichen. Antonia Gemein betont: „Der kostenlose Mittagstisch soll keine Konkurrenz zur Tafel sein, sondern eine zusätzliche Möglichkeit der Hilfe darstellen.“

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Das DRK bietet einen Weg, den Kühlschrank zu füllen. Thomas Andres, Leiter des städtischen Amtes für Soziales und Wohnen: „Beim kostenlosen Mittagstisch müssen die Menschen nicht selber kochen.“ Das übernimmt Profi Thomas Krause, seit einem Jahr als Koch beim Caritasverband Gladbeck, mit einem 13-köpfigen Team. Auf dem Speiseplan werden Gerichte – täglich zwei – querbeet stehen, kündigt der Meister am Herd an: „Von Fernöstlich bis Gutbürgerlich, Eintöpfe, italienische Nudeln, Alternativ-Varianten ohne Schweinefleisch.“ Sogar Leckerbissen, wenigstens für Fleischesser, wie Sauerbraten sind drin. Dann soll’s – aus Kostengründen – als zweite Speise etwas Vegetarisches auf die Gabel geben. Aus Erfahrung weiß Krause, was Leib- und Magengerichte in der Gladbecker Region sind. Curry- und Bratwurst, die munden immer. Caritasvorstand Rainer Knubben fügt hinzu: „Wir werden an Festtagen etwas Besonderes auftischen und vielleicht auch ‘mal einen Obstkorb aufstellen.“

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Ungefähr 100 Portionen können insgesamt täglich serviert werden. Zunächst im St.-Altfrid-Haus, im Laufe des Jahres auch in der Alten Vikarie an der Kirchstraße neben der Lambertischule: Dann wird die Gesamtmenge auf beide Standorte aufgeteilt. So ist wenigstens der Plan. Ob er sich in die Tat umsetzen lässt, hängt von der personellen Situation ab. Koch Krause sagt: „Für den Mittagstisch sieben Tage die Woche brauchen wir schon einige Köpfe.“ Oder besser gesagt: Hände. Denn mit Braten, Schmoren und Köcheln sowie Servieren ist das tägliche Programm nicht gegessen. Tätigkeiten wie Spülen und Aufräumen stehen ebenfalls auf der To-do-Liste.

Antonia Gemein, Sprecherin des Caritasverbandes Gladbeck, betont: Der kostenlose Mittagstisch soll dem DRK-Tafelmobil keine Konkurrenz machen.
Antonia Gemein, Sprecherin des Caritasverbandes Gladbeck, betont: Der kostenlose Mittagstisch soll dem DRK-Tafelmobil keine Konkurrenz machen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Aber Krause ist kein Mann, der sich abschrecken lässt: „Es gibt keine Probleme, nur Lösungen.“ Bei ihm weiß Helge Berg, bei der Caritas Leiter der Abteilung Senioren und Pflegedienste, Töpfe und Pfannen, Messer und Kochlöffel in bewährten Händen. Gehen doch aus dieser Küche Tag für Tag im Durchschnitt etwa 800 Essen ‘raus: unter anderem ins Johannes-van-Acken-Haus, ins St.-Suitbert-Haus, in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen.

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„Die Gerichte sind ausgewogen, gehaltvoll und gesund“, so die Caritas. Religiöse Gebote sollen berücksichtigt werden. Ein gewaltiges Programm haben sich die Beteiligten mit diesem Projekt vorgenommen. Das gestehen sie auch freimütig ein. „Es ist ein Experiment“, da sind sich Knubben, Andres und Krause einig.

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Doch schon jetzt lässt sich sagen: Von wegen, viele Köche verderben den Brei! Ohne lange Aufwärmphase fanden sich die Beteiligten zusammen. Andres: „Es hat mich total gefreut, wie schnell und unbürokratisch wir die Idee umgesetzt haben.“ Den Verantwortlichen war zu Ohren gekommen, „dass in Bottrop über so etwas nachgedacht wird“. Ende Mai, erinnert sich Knubben, kam der Vorschlag für Gladbeck zur Sprache, und jetzt, am Freitag, werden schon die ersten Teller gefüllt. Wie viele Menschen die Einladung annehmen werden, ist derzeit Kaffeesatzleserei. Da liegt vielleicht der Hase im Pfeffer: Eine Planung ist schwierig.

Personelle Verstärkung

Der Caritasverband Gladbeck, das städtische Amt für Soziales und Wohnen sowie Pater Gisbert aus dem Orden der Amigonianer bieten an jedem Tag von 12 Uhr bis 13.30 Uhr einen Mittagstisch für Bedürftige an. Ort ist das Café im St.-Altfrid-Haus in Brauck, Auf’m Kley 5.

Eingeladen sind alle Menschen in Gladbeck, die arm sind. Caritasvorstand Rainer Knubben und Amtsleiter Thomas Andres stellen klar, dass keine Bescheide über Leistungen – beispielsweise Bürgergeld oder ALG II – kontrolliert werden.

Zupackende Unterstützung bei diesem Projekt ist willkommen. Helge Berg, Leitung der Caritas-Abteilung Senioren- und Pflegedienste: „Wir stellen Kräfte ein.“ Kontakt und weitere Informationen: Zentrale der Caritas, Kirchstraße 5-7, 0 20 43/2 79 10.

„Mahlzeit!“ – Das wünschen jedenfalls die Initiatoren dieses Projektes, das Nahrung für Körper und Geist bieten soll. Denn „die Menschen brauchen mehr als warmes Essen“, findet Knubben. Das sieht auch Pater Gisbert Lordieck von den Amigonianern so. Er sagt: „Wir wissen gar nicht, wer an unseren Mittagstisch kommt, zum Beispiel die Familie, Alleinstehende, Senioren.“

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Und was heißt überhaupt schon „bedürftig“? Thomas Anders stellt beispielsweise fest: „Die Teilhabe für Senioren hat nachgelassen.“ Im überalterten Stadtteil Brauck sei Bedürftigkeit verbreitet, hat Pater Gisbert beobachtet. Aber was darunter zu verstehen sei, definieren die Menschen für sich. Die Nahrung für den Geist will der Pater einfließen lassen. Er sagt: „Es wäre schön, wenn auch Kinder nach Schulschluss zu uns kämen.“ Ob Erwachsene oder Kinder, Flüchtlingsfamilien oder echte Gladbecker: Wenn sie sich an den kostenlosen Mittagstisch, inmitten der Bewohner des St.-Altfrid-Hauses, setzen, sollen sich alle als Menschen geschätzt fühlen und merken: „Ihr dürft so herkommen, wie Ihr seid!“

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