Gladbeck. Das Rathaus-Café Schwarte ist eine Institution in Gladbeck. Jetzt hat die Stadt das Traditionshaus gekauft. Die Bürgermeisterin erklärt, warum.
Die Stadt Gladbeck hat das Rathaus-Café Schwarte gekauft. Was unter anderem diese Zeitung bereits Mitte Januar berichtet hatte, haben die Verantwortlichen bei der Stadt nun auch offiziell bestätigt. Bei einem Pressegespräch begründete Bürgermeisterin Bettina Weist gemeinsam mit Stadtbaurat Volker Kreuzer diesen Schritt und erläuterte das weitere Vorgehen.
Die Bürgermeisterin betonte vor allem die Bedeutung des Hauses an dieser zentralen Stelle am Willy-Brandt-Platz gegenüber dem Rathaus. „Wir sprechen hier von einem Traditionscafé, das seit über 100 Jahren in Gladbeck eine Rolle spielt.“ Aus ihrer Sicht sei es „ganz, ganz wichtig“, dass die Stadt an dieser exklusiven Stelle einen Zugriff habe, um mitentscheiden zu können, was sich dort entwickelt.
Stadt Gladbeck macht keine Angaben zum Kaufpreis
Peter Breßer-Barnebeck, Leiter der Wirtschaftsförderung, stellte klar, dass der Plan, als Stadt die Immobilie zu kaufen, sich nach und nach entwickelt habe. Zunächst einmal habe man Familie Schwarte als Besitzer begleitet bei der Suche nach einer neuen Nutzung des Hauses. Mit der Zeit sei man dann zu dem Schluss gekommen, dass es womöglich eine gute Lösung sei, selbst als Käufer aufzutreten.
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Wie viel Geld die Stadt dafür in die Hand genommen hat, dazu macht sie keine Angaben. „Der Kaufpreis ist wie bei allen Grundstücksgeschäften vertraulich“, heißt es dazu. Die Familie habe im Zuge des Verkaufs nicht versucht, das Maximum herauszuholen. Sie sei sich ihrer Verantwortung für die Stadt an dieser Stelle bewusst gewesen, gewährt Volker Kreuzer dann doch einen Einblick in die Verhandlungen. „Wir sind gut und fair zueinander gekommen.“
Ehemaliger Besitzer lobt die Lage im Herzen Gladbecks
Das sagt auch Heiner Schwarte. „Ich könnte es nicht haben, wenn da nichts Gescheites reinkommt.“ Ihm und seiner Frau sei die Entscheidung zum Verkauf nicht leicht gefallen, sagt er und muss mehrmals schlucken und neu anfangen, als er die Gründe für den Verkauf nennt. So habe sich zuletzt eben herausgestellt, dass seine Kinder das Café nicht übernehmen wollten.
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Er sei jetzt 65 Jahre alt, habe zuletzt zwei schwere Operationen hinter sich und er merke einfach, dass die Kraft nachlasse. 30 Jahre Gastronomie, sieben Tage in der Woche von morgens bis abends und nur drei Wochen Urlaub im Jahr, das hinterlasse Spuren. Gleichzeitig betonte er das Potenzial des Hauses und insbesondere des Platzes, der eigentlich den ganzen Tag über in der Sonne liege. „Es ist zu schade für den Platz, wenn das Potenzial an dieser Stelle nicht ausgereizt wird.“
Einstimmiger Entschluss der Gladbecker Lokalpolitiker
Ähnlich sieht man es wohl auch bei der Stadt. Die hat in dem Zusammenhang nicht nur das Café samt dazugehörigem Grundstück gekauft. Man habe gleichzeitig auch Flächen des ehemaligen Getränkehandels Kirschfink übernommen, die hinter dem Haus liegen. Das könne eine mögliche Erweiterungsfläche für das Café sein, so die Bürgermeisterin. Die betonte außerdem, dass die Politik im Wirtschaftsförderungs- und Grundstücksausschuss den Kauf einstimmig beschlossen habe, um deutlich zu machen, dass es sich hier nicht um eine Entscheidung der Verwaltung gehandelt habe, sondern die politischen Vertreter mit im Boot sind.
Volker Kreuzer machte deutlich, dass die Stadt durchaus Geld für solche Käufe zur Verfügung habe. Er sprach die „aktive Bodenpolitik“ an, die man seit einiger Zeit verfolge. Zugegeben, dabei gehe es vor allem um Grundstücke, die dann für Wohn- oder Gewerbebauten zur Verfügung gestellte werden könnten, doch auch ein Ankauf einer solchen stadtbildprägenden Immobilie zähle man darunter. Gleichzeitig betonte der Stadtbaurat, dass es sich bei dem Kauf um eine Investition der Stadt handele, der eine Gegenwert gegenüberstehe. Man habe auch keinen Präzedenzfall geschaffen, sondern sich allein aufgrund der Lage zu diesem Schritt entschlossen. Läge das Haus weiter unten im Verlauf der Rentforter Straße, hätte man so wohl nicht entschieden.
Noch 2024 könnte womöglich ein neuer Betreiber übernehmen
Doch was plant die Stadt überhaupt mit dem Gebäude? Tatsächlich soll sich wohl möglichst wenig ändern, so zumindest lassen sich die Äußerungen der Beteiligten erklären. Ziel sei es, einen Nutzer zu finden, „der die Tradition des Hauses weiterführt“. Das Angebot am Vormittag solle aufrechterhalten werden, erklärte die Bürgermeisterin. Auch ein Torten- und ein Abendangebot schwebt den Verantwortlichen im Rathaus an dieser Stelle vor.
Es liefen bereits Verhandlungen mit potenziellen Pächtern, sagte Peter Breßer-Barnebeck. Doch noch sei nichts abgeschlossen und weitere Interessenten könnten sich mit ihren Ideen und Konzepten noch melden. Ziel sei ein möglichst nahtloser Übergang, „hoffentlich noch 2024“. Ob das gelinge, lasse sich aber noch nicht sagen, so Breßer-Barnebeck, auch mit Blick auf die schwierige Situation in der Gastronomie. Trotzdem sei man optimistisch. Einen großen Renovierungs- oder gar Sanierungsbedarf sieht er nicht. Es gebe ein funktionierendes Geschäft, eine Konditorei und man könne da grundsätzlich weitermachen.
Geplantes Café Extrablatt wird nicht als Konkurenz gesehen
Man geht bei der Stadt auch nicht davon aus, dass das geplante Café Extrablatt im ehemaligen Möbelhaus Niessing am Markt eine Konkurrenz sei. Zu unterschiedlich seien die Konzepte, zumal am Willy-Brandt-Platz ausdrücklich kein Filialbetrieb geplant sei. Das unterstrich auch Julia Winterroth, Geschäftsführerin des Essener Immobilienmaklers Brockhoff. Der hat den Verkaufsprozess begleitet und habe in dem Zusammenhang auch den Markt nach potenziellen Pächtern sondiert.
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Bis da ein neuer Eigentümer übernimmt, führt Familie Schwarte das Café weiter wie bisher, mit vollem Einsatz und allen bekannten Angeboten, machte Heiner Schwarte zum Abschluss deutlich. Und in gewisser Weise schließt sich mit dem Verkauf an die Stadt auch ein Kreis. Das Gebäude besteht ursprünglich aus zwei Häusern. Heiner Schwartes Eltern kauften eines davon in den 1970er-Jahren von der Erbengemeinschaft Feldhaus, deren Vorfahren dort schon ein Café betrieben. Schon vorher, in den 1960er-Jahren, kauften die Schwartes die andere Haushälfte. Verkäufer damals: die Stadt.