Gladbeck. 520 Mal Ente, Rotkohl, Klöße, in zwei Stunden, mit drei Köchen – wie geht das? Zu Besuch in der Großküche der Caritas in Gladbeck.
5.50 Uhr, Dienstagmorgen, zweiter Weihnachtstag: Deutschland liegt noch in den Federn und schläft den wohligen Schlaf derer, die sich gestern noch am Weihnachtsfestmahl gelabt haben. Thomas Krause ist schon wach und rührt im Rotkohl. Der Koch steht in der Großküche der Gladbecker Caritas im St. Alfrid-Haus und lässt die Preiselbeeren in den überdimensionierten Topf plumpsen. „Den macht ja jeder anders. Ich hab‘ im Schwarzwald gelernt, da kommen Gänsefett, Preiselbeeren und Apfelmus in den Rotkohl.“
Allerdings, mit dem heimischen Weihnachtsmenü hat das nicht viel zu tun, was Krause und seine Kollegin Simone Zielke da am frühen Morgen machen. Der Geruch, ja, der taucht die weiß gekachelte Küche mit ihren riesigen Edelstahlbottichen in heimelige Festtagsatmosphäre. Aber das war’s dann auch. 70 Kilogramm Rotkohl bewegt Thomas Krause mit dem riesigen Kochlöffel, ein Stückchen weiter blubbern zig Liter Brokkolicremesuppe vor sich hin. Insgesamt 520 Portionen für die Caritas-Altenheime, für Essen auf Rädern und für diejenigen, die nicht so viel haben, kochen Krause und Kollegen heute, 520 Mal Ente, Rotkohl, Klöße. Ente, wieso denn nicht Gans? „Die kann man nicht mehr bezahlen, schon seit ein paar Jahren nicht mehr“. Also hat der Koch Enten bestellt, Mitte November schon, „sonst kriegt man keine mehr“.
„Wenn man arbeitet, das macht Weihnachten irgendwie zum ganz normalen Tag“
Wie ist das eigentlich, an den Feiertagen zu arbeiten? Für Thomas Krause jedenfalls gewöhnungsbedürftig, so lange ist der nämlich noch nicht bei der Caritas. „Ich bin seit April 2022 dabei, an meinem vorherigen Arbeitsplatz waren Feiertage und Wochenende frei.“ Krause grübelt kurz, während er so die Entenschenkel auf den Backblechen verteilt. „Wenn man arbeitet, das macht Weihnachten irgendwie zum ganz normalen Tag.“
In der Großküche arbeiten die Caritas-Köche an den Feiertagen in halben Schichten, also nur zu dritt statt zu sechst. „Thomas, unser Kollege und ich haben Heiligabend gearbeitet, und heute; die anderen drei am ersten Weihnachtstag. Damit jeder was von Weihnachten hat.“ Klingt ganz schön anstrengend, aber Simone Zielke lächelt breit, selbst in aller Herrgottsfrühe am Weihnachtsfeiertag. Dann holt sie Kaffee, für ihren Kollegen und für sich, so viel Zeit muss sein.
Wie die Kräutermarinade auf 520 Enten kommt
Thomas Krause hat nur Zeit für einen schnellen Schluck, dann widmet er sich wieder seinem Federvieh. Um 8 Uhr müssen alle 520 Portionen fertig sein, dann werden sie in einen Backofen geschoben und warmgehalten, bis sie abgeholt werden, mit knappen 100 Grad kommt die Ente samt Teller dann in eine Styroporbox, „da bleibt das Essen nochmal vier Stunden heiß“, sagt Krause. 520 Essen in Styroporboxen verpacken, dauert das nicht? Der Koch lächelt müde: „Zehn Minuten“. Routine ist alles.
Aber die richtigen Hilfsmittel schaden auch nicht. „Es ist echt toll, dass es sowas gibt“, sagt Krause, taxiert nochmal den Rotkohl und greift sich eine Sprühdose aus dem Regal. Die ist riesig, wie eigentlich alles hier in der Großküche. Liebling, ich habe die Köche geschrumpft. In der Dose ist Öl, damit die Kräutermarinade den Enten auch einen schönen Geschmack verpasst, „wenn ich das Öl mit dem Pinsel draufstreichen würde, das würde ewig dauern bei der Menge.“
Nach den Weihnachtstagen ist vor der Haxe
Und so würzt Krause – quasi mal eben so – gute 100 vorgegarte Entenschenkel, nur ein paar Minuten, dann geht’s ab in den Ofen. „150 Grad für eine halbe Stunde, und dann schalte ich nochmal kurz ganz hoch, für die schöne Kruste.“ Um 13 Uhr hat Thomas Krause Feierabend, an diesem 26. Dezember, da ist ja noch ein bisschen zweiter Weihnachtstag übrig, oder? „Ich fahre mit meiner Lebensgefährtin ins Sauerland, zu ihrer Familie. Da gibt’s Rinderrouladen. Aber ich fahr‘ Abends wieder zurück.“ Denn morgen gibt es bei der Caritas Haxen mit Bayrisch Kraut, und die muss schließlich jemand kochen. Ab 5.50 Uhr, Mittwochmorgen, am ersten Tag nach Weihnachten.