Gladbeck. 71 Schüler müssen zum Schuljahresende in Gladbeck aufgrund zu schlechter Noten die Schulform wechseln. So gehen Schulleiter mit Abschulungen um.

  • Zum Ende des Schuljahres 2022/23 müssen in Gladbeck voraussichtlich 1,85 Prozent aller Schüler die Schulform wechseln, da die Noten nicht gut genug sind.
  • Insgesamt sind 71 Kinder von Abschulungen betroffen.
  • Die meisten Abschulungen gibt es nach der sechsten Klasse, dem Ende der „Erprobungsstufe“.
  • An den Gymnasien und Realschulen in Gladbeck gibt es verschiedene Förderangebote, um Abschulungen zu vermeiden – wenn es doch zu einer Abschulung kommt, sei dies jedoch laut den Schulleitern per se nichts Schlimmes.

In weniger als einem Monat beginnen in Gladbeck die Sommerferien, doch für voraussichtlich 71 Schülerinnen und Schüler der örtlichen Gymnasien und Realschulen dürfte die Freude auf die schulfreie Zeit getrübt sein: Sie werden abgeschult. Aufgrund zu schlechter Noten müssen sie zum kommenden Schuljahr die Schulform wechseln. So gehen Gladbecks Schulleiter mit den kurz vor einer Abschulung stehenden Schülern und deren Eltern um.

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Die Quote der Abschulungen in Gladbeck ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen: In diesem Jahr müssen nach Angaben der Bezirksregierung Münster voraussichtlich 1,85 Prozent aller Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien und Realschulen die Schulform wechseln, im Schuljahr 2021/22 waren es 1,63 Prozent (61 Schüler). Grund zur Sorge sieht die Bezirksregierung nicht, da die Quote seit Jahren konstant unter zwei Prozent liegt, und damit nur ein Bruchteil der insgesamt 3742 Schüler in Gladbeck von Schulformwechseln betroffen ist. Hauptschulen sind hierbei ausgenommen, da dort grundsätzlich keine Abschulungen erfolgen; Gesamtschulen ebenfalls, da die Kinder hier nicht die Schule wechseln müssen.

In Gladbeck erfolgen die meisten Abschulungen nach Klasse Sechs

Die meisten Abschulungen an Gladbecker Schulen erfolgen in der Regel nach der sechsten Klasse – zum Ende der Erprobungsstufe. Peter Hogrebe, Schulleiter am Heisenberg-Gymnasium, erklärt: „In der Klasse Fünf und Sechs schauen wir, ob die Schulform überhaupt zu den Kindern passt, oder ob sie in einer anderen Schulform besser aufgehoben wären. Nach der fünften Klasse werden deshalb alle Kinder versetzt, und es wird niemand abgeschult.“

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Dass nach der sechsten Klasse verhältnismäßig viele Kinder abgeschult werden müssen, könnte nach Einschätzung der Bezirksregierung zudem eine Nachwirkung der Corona-Pandemie sein. Sprecherin Celina Ungruhe erklärt: „In diesem Schuljahr beenden diejenigen Schüler die Erprobungsstufe, für die es in Klasse Drei und Vier besondere Regelungen wegen der Pandemie gab. Die zum Teil großen Lernrückstände können mit Ursache dafür sein, dass leistungsbedingte Wechsel nötig sind.“

Das bemerkt auch Schulleiterin Verena Wintjes am Riesener-Gymnasium. Wurden hier vor der Pandemie zwischen drei und fünf Kindern in einer Jahrgangsstufe abgeschult, sind es derzeit knapp zehn. Auch André Luciga, Schulleiter der Anne-Frank-Realschule, bereiten die Nachwirkungen von Corona große Sorge: „Eine wachsende Anzahl von Schülern bleibt der Schule trotz vielfältiger Wiedereingliederungsangebote fern“.

Schulen in Gladbeck unterstützen Schüler mit unterschiedlichen Angeboten

Um es auch nach der Erprobungsstufe nicht zu einer Abschulung kommen zu lassen, gibt es vielfältige Unterstützungsangebote an den Gladbecker Schulen. An der Werner-von-Siemens-Realschule besteht beispielsweise eine gute Kooperation mit der Schulsozialarbeit, den Eltern und externen Beratern. Am Riesener-Gymnasium werden zudem Diagnosetests angeboten, die eine Lese-Rechtschreibschwäche feststellen sollen. Hiervon betroffene Kinder erhalten einen Nachteilsausgleich in Form von Förderkursen. An der Erich-Kästner-Realschule, der Anne-Frank-Realschule sowie am Heisenberg-Gymnasium wird viel Zeit in eine umfassende Beratung und Förderunterricht investiert, damit sich kein Kind alleine gelassen fühlt. „Es geht immer um das Wohl des Kindes“, verdeutlicht Ulrich Elsen, Schulleiter der Erich-Kästner-Realschule.

Wenn es zu Abschulungen an der Werner-von-Siemens-Realschule kommt, bindet Schulleiter Daniel Kroll die Eltern der betroffenen Kinder eng in den Prozess mit ein.
Wenn es zu Abschulungen an der Werner-von-Siemens-Realschule kommt, bindet Schulleiter Daniel Kroll die Eltern der betroffenen Kinder eng in den Prozess mit ein. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Merke man zum Ende der Erprobungsstufe, dass die Noten für einen Verbleib auf dem Gymnasium nicht ausreichen, suche man das Gespräch mit den Eltern – diese zeigten sich in der Regel auch einsichtig. Hogrebe erzählt: „Manchmal kommt der Wunsch sogar von Seiten der Eltern, weil diese selbst merken, dass ihr Kind auf einer Realschule vielleicht besser aufgehoben wäre. Vereinzelt gibt es aber auch Ausnahmen, dann wollen die Eltern, dass ihr Kind auf dem Gymnasium bleibt, obwohl es den Anforderungen hier nicht gewachsen ist“.

Dieses Problem kennt auch der Schulleiter der Werner-von-Siemens-Realschule Daniel Kroll. Grundsätzlich binde man die Eltern umfassend in den Abschulungsprozess mit ein. Vereinzelt komme es dabei zu einem „Aufbäumen“ der Eltern. Er führt aus: „Zielversetzungen sind nicht leicht zu akzeptieren. Auch in der Verwandtschaft dann sagen zu müssen, dass ein Wechsel auf eine andere Schule nötig war, fällt nicht leicht“.

Schulleiter: „Schulwechsel ist später oft mit großer Zufriedenheit verbunden“

Dabei sei eine Abschulung prinzipiell nichts Schlimmes, da sind sich die Gladbecker Schulleiter einig. Kroll erklärt: „Was sich für die Schüler und Eltern beim Schulwechsel erstmal wie ein Weltuntergang anfühlt, ist oft mit einer Zufriedenheit in der Zukunft verbunden.“ So berichten ihm abgeschulte Schüler bei späteren Besuchen oft, dass sie mit der neuen Schulform besser zurechtkommen. „Das kann ich auch aus der Erfahrung als aufnehmende Schule sagen. Viele Schüler von Gymnasien haben hier großen Erfolg und gehen wieder gerne zur Schule.“

Deshalb stören sich viele Gladbecker Schulleiter auch am negativ konnotierten Begriff „Abschulung“. Dieser impliziere nach Krolls Ansicht einen Unfall, den die Schule allein durch ihr Versagen zu verantworten habe. Vielmehr sei ein Schulwechsel das Ergebnis geänderter Lebensverhältnisse oder einer unpassenden Schulwahl von Eltern und Kindern nach der Grundschule.

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Nicht zu vergessen ist zudem, dass es auch Schulwechsel im positiven Sinne gibt: An der Erich-Kästner-Realschule verlassen nach diesem Schuljahr zwei Schüler die Schule, um aufs Gymnasium zu wechseln. Abschulungen auf die Hauptschule gibt es 2023 laut Elsen keine.