Gladbeck. In Gladbeck hat sich eine Ratsfraktion aufgelöst. Die Mitglieder machen sich gegenseitig Vorwürfe, zudem hat es Einfluss auf die Ratsausschüsse.
Paukenschlag in der Lokalpolitik. Die Fraktion Soziales Bündnis hat sich aufgelöst. Nach der Wahl 2020 hatte sich die Fraktion gebildet. Darin hatten sich DKP, BIG und ABI, die jeweils einen Ratsherrn im damals neu gewählten Rat stellten, zusammengetan. Schließlich hat eine Fraktion im Rat mehr Rechte als ein Einzelkämpfer. So hat eine Fraktion beispielsweise die Möglichkeit, Anträge in den Ausschüssen zu stellen.
Nun also das Aus für das von Anfang an eher außergewöhnliche Bündnis. Stattdessen haben BIG-Ratsherr Udo Flach und DKP-Mann Gerhard Dorka angekündigt, sich zur neuen Fraktion Soziales Bündnis – BIG / DKP zusammenzuschließen. Ratsherr Süleyman Koşar muss nun als Einzelkämpfer weitermachen. Das alles hat allerdings Auswirkungen auf die gesamte Ratsarbeit. Durch das Aus der Drei-Mann-Fraktion verändert sich die Grundlage aufgrund derer sich die Ratsausschüsse zusammensetzen. Die Folge: Sämtliche Ausschüsse müssen sich neu konstituieren.
Ausschüsse müssen Kräfteverhältnisse im Rat widerspiegeln
Michael Berger, Leiter des Büros der Bürgermeisterin, erläutert die Hintergründe. Demnach müssten die Ausschüsse die Kräfteverhältnisse des Rates widerspiegeln. Durch Auflösung und Neugründung der Fraktion gebe es da nun jedoch Änderungen. Aus dem Grund werde die Verwaltung dem Rat in der nächsten Sitzung am 16. Juni vorschlagen, sämtliche Ausschüsse aufzulösen.
In einem nächsten Schritt sollen sie dann neu gegründet und besetzt werden. Hier ergebe sich aber in jedem Ausschuss die Situation, dass am Ende drei freien Plätzen vier Fraktionen gegenüberstehen, die Anspruch darauf erheben könnten – nämlich SPD, FDP, Linke und die nun neu gegründete Zweier-Koalition des Sozialen Bündnisses. Berger spricht von einer „Patt-Situation“. Komme es hart auf hart, müssten die Plätze am Ende gar ausgelost werden.
Unterschiedliche Ausrichtungen innerhalb des Sozialen Bündnisses in Gladbeck
Doch ist es unwahrscheinlich, dass es in der Ratssitzung tatsächlich zu einer Verlosung von Ausschusssitzen kommen wird. In der Regel einigen sich die Fraktionen im Vorfeld über die Besetzung, und es gibt einen einheitlichen Vorschlag. So lief es auch nach der Kommunalwahl 2020. Und Letztenendes würde es wohl auch reichen, wenn sich FDP, Linke, FDP und Soziales Bündnis einigen würden, denn für CDU, AfD und Grüne ergeben sich keine Veränderungen.
Doch was war letztlich der Grund für die Auflösung des Sozialen Bündnisses? In einer gemeinsamen Presseerklärung klingt das Aus noch ganz harmonisch. Demnach sei man einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen, die Fraktion zum Ende des Monats aufzulösen Zu unterschiedlich seien die politischen Ausrichtungen der drei Parteien DKP, BIG und ABI.
Wahlwerbung eines Gladbecker ABI-Mitglieds für Erdogan
Doch ganz so harmonisch war es wohl nicht. Am Ende zerbrach die Fraktion am Einsatz mindestes eines ABI-Mitglieds, das offen für die Wahl Erdogans bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei warb, erläutert DKP-Vertreter Gerhard Dorka. Damit aber habe man gegen die Vereinbarung verstoßen, sich allein auf Lokalpolitik zu beschränken. Ähnliches deutet die BIG auch in einer eigenen, später verfassten Presseerklärung an, in der sie das Aus der Fraktion aus ihrer Sicht erläutert und davon spricht, das man „weder Landes- noch Bundespolitik, schon gar nicht die Politik in anderen Ländern“ zum Thema machen wolle.
Schon vorher habe es einen Vorfall gegeben, ein Interview Süleyman Koşars in einer türkischen Zeitung, in dem er Vorwürfe gegen die Gladbecker Ausländerbehörde erhoben hatte. Dafür hatte er sich später öffentlich entschuldigt, fraktionsintern hatte es dafür aber wohl schon eine „Gelbe Karte“ gegeben, so Dorka.
ABI in Gladbeck wehrt sich gegen Vorwurf Erdogan-Partei zu sein
Den neuerlichen Vorfall habe die BIG nicht mehr mittragen wollen, erklärt Udo Flach gegenüber der Lokalredaktion, daher habe man die Fraktion verlassen. Dem ist die DKP gefolgt, damit blieb allein Koşar übrig, und damit war das Ende des bisherigen Sozialen Bündnisses besiegelt. Denn für den Fraktionsstatus braucht es mindestens zwei Ratsmitglieder. Man habe gut mit Süleyman Koşar zusammengearbeitet, betont Udo Flach, „aber wenn Mitglieder innerhalb der ABI sich nicht an Vereinbarungen halten, muss man einen Schlussstrich ziehen“.
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Süleyman Koşar wehrt sich gegen die Vorwürfe. Man sei keine Erdogan-Partei, stellt er klar. Er stehe für eine Politik für alle Gladbeckerinnen und Gladbecker. Die wolle er nun als Ratsherr allein fortsetzen, so wie er es auch vorher schon getan habe. „Als Bürgerliste stehen wir für jeden ein und wollen gleichzeitig auch Sprachrohr für diejenigen sein, die nicht wählen dürfen.“