Gladbeck. Anwohner des Gladbecker Problem-Hochhauses Steinstraße 72 haben eine böse Vorahnung: Bald wird’s wieder laut und dreckig. Was tut die Verwaltung?
Die Nachbarschaft rund um das Problem-Hochhaus Steinstraße 72 in Gladbeck kommt nicht zur Ruhe und hat so ihre Sorgen, wenn sie auf die kommenden Monate blickt. Die böse Vorahnung nährt sich aus etlichen Erfahrungen. Scheint ‘mal wieder dauerhaft die Sonne und naht die warme Jahreszeit, beginnt auch rund um die schlagzeilenträchtige Immobilie die „Freiluftsaison“ – mit allem Drum und Dran, Lärm und fliegendem Müll. Und richtig: Es kommt, was die Anwohnerschaft erwartet hat. Das sieht die Stadtverwaltung anders.
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Die Wortführer der Kritiker aus dem unmittelbaren Umfeld der Adresse Steinstraße 72 – Tobias Stolze, Uwe Bergmann und Ralf Rauschmann – stellen die rhetorische Frage: Handelt es sich womöglich um eine „falsche Wahrnehmung in der Nachbarschaft“? Da möchten Mitleidende prompt antworten: Mitnichten! Schließlich gibt’s – und auch das wieder einmal – Belege. Waren es bisher Fotos und Videos, hat die Nachbarschaft jetzt ein weiteres Instrument. „Wir haben uns Dezibel-Messgeräte gekauft“, berichtet Uwe Bergmann, „schließlich brauchen wir Beweise. Wir halten alles fest: Lautstärke, Geschwindigkeitsübertretungen und Möbel, die aus den Fenstern des Gebäudes auf die Straße geschmissen werden.“
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Anwohner des Hochhauses in Gladbeck erzählt: „Auch ein Dreirad ist aus einem Fenster geflogen!“
Müllentsorgung nach Art der Steinstraße 72 könnte man Filmaufnahmen betiteln. Ralf Rauschmann hat beispielsweise mitbekommen, wie im vorigen Monat Stühle und andere Gegenstände aus der Wohnung 112 geworfen wurden. Uwe Bergmann erzählt: „Auch ein Dreirad und noch ein anderer größerer Gegenstand sind aus einem Fenster geflogen.“ Mindestens ein solcher Vorfall sei bei der Polizei angezeigt worden.
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Ein Vorgeschmack dessen, was die Anwohnerschaft bald erleben wird? Noch sei es draußen ziemlich frisch, aber das „Vor-dem-Haus-Zusammenrotten und Geschrei, Autoposing und starkes Beschleunigen“ gingen einher mit Sonnenschein und längeren, warmen Tagen. Erste ärgerliche Vorboten habe es bereits gegeben. Bergmann gibt zu: „Wir freuen uns über schlechtes Wetter.“
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Er findet: „Ruhe ist relativ. Wenn man im Garten kein Gespräch führen kann, dann ist’s laut.“ Tobias Stolze habe von herbeigerufenen Ordnungshütern schon zu hören bekommen: „Das sind doch jetzt nur 55 Dezibel.“ Aber, so Bergmann: „Erlaubt sind in einem reinen Wohngebiet, und das haben wir hier, tagsüber als Höchstgrenze 50 Dezibel. Ein paar mehr machen schon etwas aus. Und nachts heißt die Grenze 35 Dezibel.“
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Entgegen öffentlicher Aussagen des Stadtteilbüros erkenne die Anwohnerschaft mit Blick auf die wiederkehrenden Probleme keine Fortschritte. Daher die Frage: „Warum schaffen es die Zuständigkeiten immer noch nicht, die gesetzlichen Vorgaben in einem reinen Wohngebiet einzuhalten?“
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Die Stadtverwaltung hat eine völlig andere Sicht der Dinge. Sprecher David Hennig teilt auf Anfrage der WAZ mit: „Die Lage an der Steinstraße 72 ist in den vergangenen Wochen unverändert ruhig. Der Kommunale Ordnungsdienst ist täglich vor Ort und hat in der letzten Zeit keine Feststellungen getroffen.“
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Bergmann sagt dazu: „Der KOD ist angeblich häufiger unterwegs. Er fährt wohl mehrmals Streife.“ Doch er als Anwohner habe bemerkt, und das bezieht er auch auf die Polizei: „Rufen wir die Ordnungshüter, kann es überraschend lange dauern, bis sie hier eintreffen.“ Manchmal kämen die Kräfte erst, wenn sich der Grund der Beschwerde längst erledigt habe. Hennig: „Die KOD-Kollegen fahren bei Beschwerden ‘raus, jedoch können sie meistens vor Ort keine Feststellung machen.“
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Die Stadtverwaltung sieht hingegen einen Pluspunkt, der zur Verbesserung der Situation beitrage, in der „Dauerpräsenz des KOD-Teams in den Abendstunden an drei Tagen in der Woche“. „Mit der Neueinstellung von zwei zusätzlichen Kräften wird die Präsenzzeit an der Steinstraße voraussichtlich ab Mai auch auf weitere Tage ausgeweitet“, erklärt Hennig. Abgesehen von hin und wieder vereinzelten Anrufen beim Ordnungsamt sei die Beschwerdelage aktuell sehr überschaubar.
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Hennig meint: „Es kann sein, wenn sich das Wetter ändert, dass sich die Lage wieder anders entwickelt.“ Genau das sehen die Menschen, die rund um die Steinstraße 72 leben, auf sich zukommen.