Gladbeck. Die Stadt Gladbeck plant 2023 einen Etat von 320 Millionen Euro – mit teils hohen Defiziten. So bekommt der Kämmerer trotzdem den Ausgleich hin.
Die Stadtfinanzen in Gladbeck stehen auch im kommenden Jahr 2023 auf wackeligen Beinen. Nur durch die vom Gesetzgeber vorgegebenen „Isolierungen“ großer Defizitbereiche kann Kämmerer Thorsten Bunte für 2023 einen ausgeglichenen Haushalt – sogar mit einem Miniplus – vorlegen. Am Donnerstag brachte er seinen Etat-Entwurf offiziell in den Rat der Stadt Gladbeck ein – ein Entwurf mit vielen Unwägbarkeiten, wie er in der Sitzung sagte.
Selten habe er an einen Haushaltsentwurf gearbeitet, der derart unberechenbar sei. Vieles sei und bleibe ein Blick in die Glaskugel. „Die Unsicherheit, ob die Zahlen, ob die Annahmen der Ein- oder Ausgaben am Ende stimmen, zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Etat“, sagte der Kämmerer. Letztlich sei der Haushalt auch nur deswegen ausgeglichen, da mehr als 10 Millionen Euro an Corona- und Ukraine-Schäden – Kosten, die die Stadt drücken – aus dem Etat isoliert und anderweitig finanziert werden.
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Kämmerer Thorsten Bunte rechnet mit drastisch steigenden Energiekosten für Gladbeck
Bunte rechnet allein mit fast 5 Millionen Euro mehr an Energiekosten als Folge der Energiekrise, die durch den Ukraine-Krieg entstanden seien. Hinzu kämen die Kosten für Unterbringung und Versorgung der Kriegsflüchtlinge, die die Stadt nur unzureichend von Bund und Land erstattet bekäme. Für 2023 rechnet Bunte insgesamt mit 7,5 Millionen Euro Mehrausgaben als Folge des Ukrainekrieges.
Diese „Schäden“ übersteigen inzwischen die der Corona-Pandemie, die Bunte im nächsten Jahr immer noch mit 3,1 Millionen Euro einkalkuliert. Insgesamt trage der Haushalt der Stadt Gladbeck Corona- und Kriegsfolgekosten von zusammen 10,6 Millionen Euro. Bis 2025 rechnet Bunte mit Isolationsschäden von 55,6 Millionen Euro, die ab 2026 über 50 Jahre mit jährlich etwa einer Million Euro zurückgezahlt werden müssen.
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Die Landeszuweisungen und Steuereinnahmen entwickeln sich positiv
Positiv sieht Bunte, dass sich sowohl die Schlüsselzuweisungen des Landes als auch der städtische Anteil an Einkommens- und Umsatzsteuer stabilisiert hätten und fast das Niveau der Zeit von vor Corona erreicht hätten. Bunte: „Wir sind da fast wieder aus dem Corona-Fahrwasser raus.“ Unsicher bleibe aber der gesamte Bereich der Energie. Aber auch die Kreisumlage, die zunächst kaum steige, sei ein „schlummerndes Risiko“. Grund: Die Finanzierung des Landschaftsverbandes laufe über den Kreis, und die sei noch ungewiss.
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Nicht sicher abschätzbar sei auch die Einnahme der Gebühren für die Kanalentwässerung, wo es ein neues Gesetz gebe, das vermutlich zu Mindereinnahmen für die Stadt führe. Belastend sei auch, dass das Land eine pauschale Kürzung von Aufwendungen in den Verwaltungen verfügt habe, „hier müssen wir 1,6 Millionen Euro kompensieren“. Und nicht zuletzt: 2,8 Millionen Euro Mehraufwand fürs Personal – „Folge der Personalaufstockung, die vor einem Jahr beschlossen wurde“, so der Kämmerer.
Bürgermeisterin Bettina Weist beklagt eine unzureichende Finanzausstattung der Stadt
Dennoch schlägt Bürgermeisterin und Verwaltungschefin Bettina Weist auch für das kommende Jahr vor, weitere Stellen zu schaffen – 65 an der Zahl. „Das ist nötig, um den versprochenen und begonnen Stadtumbau im Bereich Bildung und Erziehung, aber auch im Bereich Sicherheit und Ordnung zu schaffen“, so das Stadtoberhaupt im Rat. Im Bereich Sicherheit und Ordnung schlägt Weist Personalaufstockungen beim KOD, der Feuerwehr, bei der IT-Sicherheit, aber auch für den Bevölkerungsschutz vor.
Weist beklagte einmal mehr die unzureichende Finanzausstattung der Städte (und damit auch Gladbecks) durch das Land, die der „Überlappung von Krisen und den Aufgabenbewältigungen, vor denen die Stadt steht“, nicht gerecht werde. Daher sei sie froh, dass der Gesetzgeber immerhin die Isolierung von Corona- und Ukraine-Schäden nicht nur erlaube, sondern die Städte dazu sogar verpflichte. „Nur so bleiben wir überhaupt finanziell handlungsfähig“, sagte die Bürgermeisterin, die den Etatentwurf der Kämmerei als Kraftakt in einer insgesamt schwierigen Zeit bezeichnet. „Ich bin froh, dass wir mit dem Etat da sind, wo wir sind.“
Der Haushaltsentwurf wird nun in den nächsten Wochen von den Ratsfraktionen beraten. Er soll Mitte Dezember in der Hauptausschusssitzung diskutiert und in der anschließenden Ratssitzung verabschiedet werden.
Etat der Stadt umfasst 320 Millionen Euro
320 Millionen Euro umfasst der Haushalt der Stadt Gladbeck für 2023 – und damit etwa 6,7 Prozent mehr als im laufenden Jahr. Größte Einnahmeposition ist der Bereich „Zuwendungen und Umlagen“ mit gut 130 Millionen Euro – hierunter fallen u.a. Zuschüsse zum Betrieb der Kitas, für offene Ganztagsschulen, aber auch Förderzusagen für Investitionen. An Steuern und Abgaben nimmt die Stadt 92,8 Millionen Euro ein, darunter voraussichtlich 28 Millionen an „eigener“ Gewerbesteuereinnahme – etwas soviel wie in diesem Jahr.
Größter Ausgabeposten sind Transferzahlungen der Stadt – 147 Millionen Euro. Darunter befindet sich die Kreisumlage mit 71,9 Millionen, aber auch Hilfen zur Erziehung und zur Kindertagesbetreuung von zusammen mehr als 44 Millionen Euro. Die Bezahlung des Personals schlägt mit 75 Millionen Euro zu Buche. Bei der Position „Sach- und Dienstleistungen“ – insgesamt Ausgaben von 54,1 Millionen Euro – schlägt vor allem die Umlage an die Emschergenossenschaft in Höhe von 9,7 Millionen Euro zu Buche.