Gladbeck. In Gladbeck haben sich Unbekannte an der neuen Brücke Beethovenstraße mit Schmiererein verewigt. Bürgervorschlag: Flächen für Künstler freigeben.
Sie ist noch nicht einmal offiziell geöffnet und schon beschmiert: die Eisenbahnbrücke Beethovenstraße. Doch Michael Hante hat eine Idee, wie sich aus Pfui eventuell ein Hui machen ließe. Der König des Bürgerschützenvereins Hubertus Zweckel argwöhnt, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis sich weitere Sprayer dort verewigen. Er schlägt deshalb vor: Man könnte doch diese Fläche, wie andere, freigeben für Graffiti-Könner, die mit Farbe aus der Dose Kunst zaubern. Dann werde aus der Schmiererei eine Augenweide – und halte andere Zeitgenossen davon ab, in Nacht-und-Nebel-Aktionen zu sprayen.
Das ist bereits an einigen Stellen in Gladbeck geschehen, man schaue nur in den Tunnel am Goetheplatz oder in den Schürenkamptunnel. Rathaus-Sprecher David Hennig stellt fest: „Wenn einmal ein Graffito aufgesprüht ist, passiert da normalerweise nichts mehr. Weiße Flächen laden dagegen eher zu Schmierereien ein.“ Im Falle der Brücke Beethovenstraße liege die Entscheidung allerdings nicht bei der Stadtverwaltung: „Das ist Sache der Deutschen Bahn.“
Gladbeck: Die Deutsche Bahn ist offen für freigegebene Graffiti-Flächen
Eine Sprecherin antwortet auf Anfrage, dass das Transportunternehmen einer Freigabe von Flächen für Künstler grundsätzlich nicht abgeneigt sei. Sie erklärt: „Das Thema ,Graffiti“ ist bei der Deutschen Bahn Schwerpunkt der Vandalismus-Delikte.“ Die Schäden belaufen sich nach Bahnangaben Jahr für Jahr auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Die Tags und unsauberen Bilder, die häufig auch auf Zügen prangen, müssen mit viel Arbeit von Hand entfernt werden: „Aufwand, Umweltbelastung und Kosten sind enorm.“
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Übrigens ist die Schmiererei keineswegs ein „Dumme-Jungen-Streich“, wie Andreas Lesch aus der Pressestelle des Polizeipräsidiums Recklinghausen klarstellt: „Es handelt sich um Sachbeschädigung.“ Der Kriminalitätsbericht 2019 nennt insgesamt für den Zuständigkeitsbereich 660 Fälle. Damit werde der Vorjahreswert um 48 Taten überschritten, so Lesch. Rund acht Prozent der Taten seien aufgeklärt worden – wie im Jahr 2018.
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„Immer öfter wird diskutiert, ob professionelle Graffitikunst Vandalismusdelikte minimiert. Insofern stehen wir beispielsweise städtischen Projekten gegenüber offen gegenüber, die städtebauliche Verbesserungen zum Ziel haben“, so die Sprecherin. Einschränkung: „Sofern die technische Machbarkeit und die Finanzierung gesichert sind.“ Der Deutschen Bahn stehen nach Auskunft der Pressesprecherin für solche Projekte in den meisten Fällen „leider keine Mittel zur Verfügung“. Aber es gebe Flächen, „wo wir es machen konnten“.
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Das liebe Geld ist aber nicht der einzige Bremsklotz. Denkbare Situation: Was dem einen Anwohner gefällt, erregt beim Nachbarn Missfallen. Auf Hammer Stadtgebiet sei eine Lärmschutzwand mit Sprüh-Werken gestaltet worden. Dafür seien eine Sondergenehmigung, die Einhaltung von Auflagen sowie die Einwilligungen von Stadt und Anwohnern notwendig gewesen.
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Baustelle Beethovenstraße
Zufrieden zeigt sich die Stadtverwaltung mit den Fortschritten auf der Baustelle „Brücke Beethovenstraße“. „Alle haben gut mitgezogen, alles hat sich eingespielt“, sagt Sprecher David Hennig. Bis auf eine kurze Unterbrechung der Arbeiten im Oktober 2019 habe es keine Verzögerungen gegeben. Seinerzeit herrschte für eine Woche Stillstand, weil die Arbeiter der Baufirma nicht erschienen. Hintergrund des Bau-Stopps waren „strittigen Forderungen“ des Unternehmens.
Man habe im Dialog mit den Beteiligten, darunter die Deutsche Bahn, gestanden, so Hennig, „beispielsweise bei kurzfristigen Sperrungen und Nachtarbeit.“ Lief es einmal nicht wie geplant, „wurde nachjustiert“. Wie bei der Ampelschaltung der stark frequentierten Kreuzung Tunnelstraße/Feldhauser Straße.
Einer Gesamtfertigstellung bis zum Ende des Jahres stehe nichts mehr im Wege. Die Brücke soll ab Ende August wieder freigegeben werden. Dann müssten noch Arbeiten im Umfeld unter Dach und Fach gebracht werden.
So hohe Beträge für die Beseitigung ungewollter Farbe wie die Deutsche Bahn muss die Stadt Gladbeck zwar nicht aufbringen, aber im Handumdrehen verschwinden die Sprühereien nicht von der Bildfläche – genauer gesagt: von den Mauern. Hennig: „Wir gehen von einer maximal vierstelligen Summe aus, die die Beseitigung von Graffiti an öffentlichen Gebäuden schätzungsweise kostet.“
Nach letztem Kenntnisstand seien im Rathaus 15 Beschwerden zu diesem Thema eingegangen. Die Zahl der Fälle nennt Hennig „konstant niedrig“. Doch festzustellen ist auch: „Vor allem die Artur-Schirrmacher-Sporthalle war in der Vergangenheit häufiger betroffen.“ Am „alten Heisenberg-Gymnasium“ tobten sich ebenfalls immer mal wieder „Möchtegern-Künstler aus“.