Gladbeck. Im St.-Suitbert-Haus Gladbeck leben aktuell 16 Flüchtlinge aus der Ukraine. Doch diese Menschen brauchen mehr als ein Dach über dem Kopf.

In Scharen flüchten Menschen aus dem Kriegsland Ukraine – und gelangen unter anderem nach Deutschland, suchen auch Schutz in Gladbeck. Allein 16 Menschen haben derzeit im St.-Suitbert-Haus der Caritas ein Dach über dem Kopf gefunden. Und nicht nur das. Denn die Neuankömmlinge brauchen mehr als ein warmes Bett und Essen. Deswegen arbeitet der Caritasverband daran, ein Netz von Ehrenamtlichen zu knüpfen, die beispielsweise als Paten die Flüchtlinge unter ihre Fittiche nehmen.

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Rainer Knubben, Vorstand des Caritasverbands Gladbeck, erzählt: „Aktuell haben wir im St.-Suitbert-Haus drei Familien mit jeweils vier Personen. Bei uns angekommen waren auch zwei einzelne Frauen, von denen eine bereits weitergefahren ist.“ Überraschend habe eine Frau mit einem Mädchen (16) und einem Jungen (sechs) die Caritas am Karfreitag erreicht. „Sie standen vor unserer geschlossenen Geschäftsstelle. Rein zufällig war eine Mitarbeiterin im Büro, die etwas holen wollte“, berichtet Knubben. Die Kollegin habe sich der Flüchtlinge angenommen.

Ein Netz von Ehrenamtlichen soll in Gladbeck Ukraine-Flüchtlinge auffangen und stützen

Siham Kobrosli hat libanesische Wurzeln, managt seit 2018 für den Caritasverband Gladbeck die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe: „Einige der Menschen kommen aus Köln über Dortmund zu uns nach Gladbeck, andere aus Mönchengladbach über Dortmund.“ In den meisten Fällen, so die Stadtverwaltung, sind die ersten Anlaufstellenfür ukrainische Kriegsflüchtlinge die Landeseinrichtungen. Von dort aus verteilen sich die Ankömmlinge auf die Kommunen. „Wir haben noch Platz. Drei Räume sind derzeit frei, wir könnten zehn, zwölf weitere Menschen aufnehmen“, schätzt Knubben.

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Apropos „aufnehmen“: Ein Zimmer zur Verfügung zu stellen, ist das eine. Das andere bedeutet hingegen, Kriegsflüchtlinge mit offenen Armen zu empfangen, den Betroffenen zu vermitteln: „Ihr seid bei uns willkommen!“ Dieses Gefühl sei Ostern erlebbar gewesen, so der Caritasvorstand. Er beschreibt die Atmosphäre: „Wir haben an diesem Tag für Flüchtlinge ein Osterfrühstück im St.-Altfrid-Haus gegeben. Mit dabei waren Übersetzer und Pater Gisbert von den Amigonianern. Er hat unsere Gäste spontan zum Osterfeuer eingeladen. Die Menschen hatten Spaß, kamen einmal aus ihrer schwierigen Situation heraus und haben sich angenommen gefühlt.“

Der Gladbecker Caritasvorstand Rainer Knubben und Siham Kobrosli von der Flüchtlingshilfe beschenkten Ukraine-Flüchtlinge zu Ostern. Eine Spende machte es möglich.
Der Gladbecker Caritasvorstand Rainer Knubben und Siham Kobrosli von der Flüchtlingshilfe beschenkten Ukraine-Flüchtlinge zu Ostern. Eine Spende machte es möglich. © R. Knubben

Der Caritasverband Gladbeck, so Knubben, arbeite derzeit an einem Netz von Ehrenamtlichen, die den Kriegsflüchtlingen unter die Arme greifen. „Zwölf Interessierte haben sich schon gemeldet“, sagt Siham Kobrosli. Knubben fügt hinzu: „Wir wollen sie passgenau als Paten einsetzen.“ Das heißt konkret: „Wir arbeiten sehr personenzentriert. Wir wollen, soweit möglich, Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse erfüllen – von der psychologischen Hilfe bis zu unserem Kleiderladen.“

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Manche Bitten, räumt Knubben ein, kommen vollkommen unerwartet. Wie die einer Familie, die sich per Auto auf die Flucht begab. „Das Fahrzeug war kaputt. Wir haben auf die Schnelle eine Firma gefunden, die es zum Selbstkostenpreis repariert“, kann Knubben ein Erfolgserlebnis vermelden.

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16 Flüchtlinge aus dem Kriegsland Ukraine leben aktuell im St.-Suitbert-Haus der Caritas Gladbeck.
16 Flüchtlinge aus dem Kriegsland Ukraine leben aktuell im St.-Suitbert-Haus der Caritas Gladbeck. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Oder da ist der Junge, der so gerne Fußball spielen möchte: „Ist doch eigentlich verständlich, dass ein 16-Jähriger Lust aufs Pöhlen hat.“ Also muss ein Verein für den Teenager gefunden werden. Ein weiterer Kriegsflüchtling wollte zum Zahnarzt – auch das regelt die Caritas. Die Telekom habe gratis Handykarten spendiert, damit die Menschen aus der Ukraine den Kontakt zur Heimat halten können.

Gesucht: ein Gladbecker Verein für einen ukrainischen Teenager, der so gerne kicken möchte

Knubben: „Man merkt: Die Probleme sind individuell.“ Wichtig sei, den Flüchtlingen Orientierung im Alltag zu geben. Wo können sie in Gladbeck einkaufen? Wie benutzen sie öffentliche Verkehrsmittel? Wo befinden sich Ärzte, wo Möglichkeiten zur Erholung? Knubben erklärt: „Die Flüchtlinge bekommen von der Stadt einen Scheck, den sie bei der Sparkasse einlösen können, und Sozialleistungen.“ Aber auch das muss man erst einmal wissen.

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Der Gladbecker Caritasvorstand Rainer Knubben weiß: Die Menschen, die geflüchtet sind, brauchen mehr als ein Dach über dem Kopf und Essen.
Der Gladbecker Caritasvorstand Rainer Knubben weiß: Die Menschen, die geflüchtet sind, brauchen mehr als ein Dach über dem Kopf und Essen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Siham Kobrosli stellt anerkennend fest: „Die Flüchtlinge aus der Ukraine lernen so schnell. Innerhalb von drei Tagen wissen sie, wo ein Supermarkt oder eine Apotheke ist. Ganz anders als die Menschen 2015. Sie fragen heute noch nach.“

Mögliche Wege der Hilfe

Der Gladbecker Caritasvorstand Rainer Knubben stellt klar: „Sachspenden brauchen wir derzeit nicht. Geld ist jederzeit willkommen.“

Außerdem können sich Einheimische ehrenamtlich engagieren – zum Beispiel in einer Patenschaft für die Flüchtlinge. Wer Zeit mitbringt und den Willen, sich auf die Menschen aus der Ukraine einzulassen, könne ihnen zwei-, dreimal wöchentlich zur Seite stehen, sie beispielsweise zu Behörden begleiten oder einfach einmal einen kleinen Ausflug nach Wittringen unternehmen. Wenn die entsprechenden Sprachkenntnisse vorhanden sind, ist Dolmetschen eine große Hilfe.

Interessenten können sich wenden an: Siham Kobrosli unter 02043/27 91 32. Ein Email-Kontakt ist möglich über siham.kobrosli@caritas-gladbeck.de

Am Herzen liege den ukrainischen Kriegsflüchtlingen, Kinder in die Schule schicken zu können und selbst Deutsch zu lernen. Kobrosli: „Wir haben vier Dolmetscher. Zwei sprechen Russisch, drei können sehr gut Englisch.“ Die Frau eines Fahrers sei Ukrainerin, ergänzt Knubben, also der Sprache des Kriegslands mächtig. Auch unter den Flüchtlingen seien bisweilen Kenntnisse vorhanden, da helfen sie sich untereinander.

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Der Caritas-Fachmann kündigt an: „Wir sind dabei, Deutschkurse zu organisieren, bei der Volkshochschule starten sie erst nach den Sommerferien.“ Zwei Ehrenamtliche übernehmen den Unterricht, Lehrbücher seien bestellt. Voraussichtlich im Karl-Sonnenschein-Haus, in Nachbarschaft ihres Domizils, können die Kriegsflüchtlinge zeitnah Deutsch lernen: Das sei nicht so weit wie in die Stadt.

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Knubben sagt: „Wir spüren, wie belastend die Situation für die Flüchtlinge ist. Wir können uns nicht ausmalen, wie bedrückend es ist, hier beim Osterfrühstück zu sitzen, während die Männer an der Front kämpfen, um es einmal schwarz-weiß auszudrücken.“ Die Psychologen der Caritas und Pater Gisbert stehen bereit, um seelische Hilfe zu bieten. Aber, so Knubben: „Wir werden jeden Tag mit neuen Fragen konfrontiert.“ Da ist jede Unterstützung willkommen.

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