Gladbeck. . Ev. Kirche und RotaryClub Gladbeck-Kirchhellen finanzieren VHS-Deutschkurse speziell für Flüchtlinge: „Sprache ist das A & O der Intergration.“

Stell Dir vor, Du bist in einem fremden Land, verstehst kein Wort, und kannst Dich nicht verständigen. Das ist eine Situation, mit denen Flüchtlinge Tag für Tag konfrontiert werden. Volkshochschule (VHS), Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde und der Rotary Club Gladbeck-Kirchhellen machen jetzt erstmalig gemeinsame Sache, um drei Deutschkurse speziell für Flüchtlinge realisieren zu können. Ein Angebot ist jetzt angelaufen.

Diese „ungewöhnliche Verbindung von drei Organisationen“, so VHS-Leiter Dietrich-Pollmann, ist ein Novum. Hintergrund ist, dass bislang für Flüchtlingskurse „kein gesichertes Finanzierungssystem durch die öffentliche Hand“ existiere. Was im Klartext heißt: ohne Geld läuft nichts. „Wir sind auf Unterstützung angewiesen“, unterstreicht Pollmann.

Sprache ist Schlüsselqualifikation

Alle Beteiligten sind davon überzeugt: Sprache ist eine Schlüsselqualifikation, die Basis für ein Zusammenleben. Dr. Hans Jacke von den Rotariern sagt: „Wenn man sprachunfähig ist, ist man völlig ausgeliefert; Menschen sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Füße wieder auf den Boden zu stellen.“ Sein Club-Kollege, Präsident Dr. Gerhard Hartfeld, erzählt: „Wir haben gemeinsam gesucht: Wo kann man unterstützend für Flüchtlinge tätig sein. Als Stadt und Bundesrepublik sind wir ja ein bisschen überrannt worden.“ Aber es sei eben wichtig, diese Menschen zu integrieren. „Jeder im Kurs ist auch ein Botschafter für unser Land“, meint Hartfeld. Deswegen steuern die Rotarier pro Kurs 1000 Euro – rund 2700 Euro für Dozentenhonorare und Bücher sowie Lernmittel veranschlagt die VHS – bei. Die restlichen Kosten übernimmt die evangelische Kirche.

Angebot mit Zertifikat

Sie bietet bereits seit längerem, finanziert aus eigenen Mitteln (Spenden), Sprachangebote, hat auch schon einen VHS-Kurs und einzelne Teilnehmer unterstützt. Pfarrerin Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup berichtet: „Im Bonhoeffer-Haus geben wir schon seit etwa zweieinhalb Jahren mit Ehrenamtlichen Deutschkurse.“ Zehn seien es mittlerweile. Bei den VHS-Angeboten sei ein Vorteil, dass sie zertifiziert würden: „Das können ehrenamtliche Deutschkurse nicht leisten.“ Superintendent Dietmar Chudaska: „Geldgeber ist einmal der Kirchenkreis, der im vergangenen Jahr einen Fonds für Flüchtlinge mit 10 000 Euro aufgelegt hat. Außerdem gibt’s die Stiftung Stellwerk. Ich gehe davon aus, dass auch sie Geld zur Verfügung stellt.“

Weitere Hilfe willkommen

Sicher, so Hartfeld und Chudaska, könne man sich die Frage stellen: „Finanzieren wir nicht etwas, was eigentlich von anderer Seite her getragen werden soll?“ Aber man wollte nicht warten, bis irgendwann einmal etwas organisiert sei: Jetzt sollte Unterstützung greifen, damit Flüchtlinge schneller in die Gesellschaft integriert werden können. Und vielleicht, so hofft der Rotary-Präsident, erklären sich auch andere Organisationen bereit, derartige Angebote mitzutragen. Dietrich Pollmann meint: „Wenn man das Thema politisch betrachtet, kann das nicht die Zukunft sein. Die Finanzierung von Deutschkursen für Flüchtlinge muss mittelfristig in die Hand des Staates.“

Zurechtfinden im Alltag 

Im laufenden Kurs für Flüchtlinge, der mit Mitteln der evangelischen Kirche und der Rotarier finanziert wird, drücken 15 Teilnehmer – darunter eine einzige Frau – aus Syrien, Marokko, Nigeria, Guinea, Eritrea, Ägypten und dem Kongo die Schulbank. Sie lernen nicht nur deutsche Grammatik und Vokabeln. Karin Hornig-Bilo, zuständige VHS-Fachbereichsleiterin, erklärt: „Die Menschen müssen auch die Stadt kennenlernen. Müssen wissen: Wo ist die Bücherei? Wo bekomme ich ein Sozialticket?“ Ziel sei, dass sich die Flüchtlinge im Alltag, in der fremden Kultur verständigen und zurechtfinden können. Der nächste Kurs startet im Januar.

Arzt und Analphabet

Pfarrerin Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup über eine Beobachtung, die sie bei den Deutschkursen im Dietrich-Bonhoeffer-Haus gemacht hat: „Fast alle Teilnehmer befanden sich in einem Studium.“ Doch Hornig-Bilo stellt bei Kurs-Interessenten fest: „Wir haben den viel zitierten syrischen Arzt, aber auch Analphabeten. Die Schere klafft weit auseinander.“ Über die Ausländerbehörde und Pfarrerin Hildebrandt-Junge-Wentrup bekomme die VHS die Kursteilnehmer. Aber, so Karin Hornig-Bilo: „Inzwischen laufen die Menschen auch direkt zu uns.“

Ein Ausschlusskriterium gelte derzeit für die Teilnahme an den genannten Deutschkursen: Man muss alphabetisiert sein. Ein gutes Dutzend Dozenten leitet die Kurse. Die VHS-Expertin: „Wir brauchen weiterhin gute Lehrer.“