Gladbeck. Emschergenossenschaft und Lippeverband haben zum Jahreswechsel 156 Pumpwerke von der Ruhrkohle übernommen. Darunter sind Standorte in Gladbeck.

Klar, die Niederlande hat man sofort im Kopf, wenn es um Poldergebiete und wichtige Entwässerungsprojekte geht. Dass stetig Pumpen laufen müssen, um Menschen und Häuser vor Überschwemmungen zu schützen, ist aber in Gladbeck und dem gesamten Ruhrgebiet nötig. Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) haben mit dem Jahreswechsel Pumpwerke von der Ruhrkohle AG auch in Gladbeck übernommen, so dass die gesamte Polderbewirtschaftung jetzt in der Verantwortung der Wasserwirtschaftsverbände liegt.

Insgesamt übernimmt die EGLV 156 Grundwasser- und Vorflutpumpwerke von der RAG im Gewässersystem von Emscher und Lippe. Sie kommen zu den insgesamt 390 Pumpwerken hinzu, die die beiden Wasserwirtschaftsverbände schon seit Jahrzehnten betreiben. Die entsprechende Vereinbarung wurde nun im Emscher-Haus in Essen von den Spitzen der beiden Häuser unterzeichnet. Damit liegt mit Ausnahme einiger kommunalen Pumpwerke die Polderbewirtschaftung in der Verantwortung von EGLV.

Die Stadt Gladbeck beabsichtigt, eine der Pumpen zu übernehmen

„In Gladbeck wechselt ein Pumpwerk der RAG im Bereich Helmutstraße / B224 in unseren Hoheitsbereich“, informiert der Pressesprecher der Emschergenossenschaft Ilias Abawi auf Anfrage. Zudem werde ein Pumpwerks zwischen Busfortshof und Hartmannshof nun im Auftrag betrieben. Es ist beabsichtigt, dass die Stadt Gladbeck diese Anlage im Laufe des Jahres übernimmt. Die Kosten für den Betrieb der übernommenen Standorte trägt weiterhin die RAG. In der Regel handele es sich bei den Anlagenstandorten „um die tiefsten Punkte im Poldergebiet“. Der Pressesprecher stellt noch einmal klar, dass es bei den ehemaligen RAG-Anlagen um oberflächennahe Wasserhaushaltung gehe. Abawi: „Die Ewigkeitsaufgabe des Pumpbetriebes in der Tiefe, zur Kontrolle des Grubenwasserniveaus in den ehemaligen Bergwerken, bleibt komplett in Händen der RAG.“ Dies dient auch dem Schutz der Qualität von Grund- und Trinkwasser.

Ausschnitt der Übersichtskarte mit den Poldergebieten und Pumpenstandorten von Emschergenossenschaft und Lippeverband in Gladbeck und umliegenden Städten.
Ausschnitt der Übersichtskarte mit den Poldergebieten und Pumpenstandorten von Emschergenossenschaft und Lippeverband in Gladbeck und umliegenden Städten. © funkegrafik nrw | Pascal Behning

„Bislang hatte die Emschergenossenschaft in Gladbeck einen Anlagenbestand von sechs Pumpwerken und vier Sonderbauwerken, das sind Hochwasser- und Regenrückhaltebecken“, so Ilias Abawi. Zudem unterhalte oder betreue man 16,9 Kilometer Abwasserkanäle und 15,3 Kilometer Wasserläufe darunter etwa Nattbach, Hahnenbach oder Wittringer Mühlenbach. Wie wichtig die künstliche Entwässerung an der Oberfläche ist, belegt auch ein Blick in die Geschichte. Weil sich durch den Bergbau Senkungen ergeben haben, ist an vielen Stellen im Ruhrgebiet der natürliche Abfluss von Bächen und Flüssen unterbrochen. Dies führte in den betroffenen Stadtgebieten im vorigen Jahrhundert regelmäßig zu Überschwemmungen, wie auch historische Fotoaufnahmen aus dem Gladbecker Süden in Brauck zeigen. Demnach wurde im Jahr 1912 notdürftig ein Steg angelegt, um trockenen Fußes den von der aufgestauten Boye überschwemmten Bereich überqueren zu können.

Die Gegenmaßnahmen mit Pumpwerken sind erfolgreich

Die Eröffnung des neuen Pumpwerkes der Emschergenossenschaft am unteren Hahnenbach im Mai 2018 lässt zur Freude von Schulkindern das Wasser ins renaturierte+65 Bachbett sprudeln.
Die Eröffnung des neuen Pumpwerkes der Emschergenossenschaft am unteren Hahnenbach im Mai 2018 lässt zur Freude von Schulkindern das Wasser ins renaturierte+65 Bachbett sprudeln. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Die daraufhin ergriffenen Gegenmaßnahmen mit Pumpwerken sind erfolgreich. Durch gezielte Grundwasserabsenkungen und das dauerhafte Fortleiten von Bachwasser aus abflusslosen Senkungsschwerpunkten werden Überflutungen und Vernässungen an der Tagesoberfläche vermieden. „Der Hochwasserschutz in der Emscher-Lippe-Region ist seit rund 100 Jahren unsere wichtigste Kernaufgabe – und das bleibt er auch: Die Übernahme der Pumpwerke der RAG zur Polderbewirtschaftung unterstreicht dies“, sagt Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand bei Emschergenossenschaft und Lippeverband. Die beiden Wasserverbände übernehmen auch das mit den Anlagen vertraute Personal der RAG, das zu EGLV wechselt.

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„Mit der Übernahme der RAG-Pumpwerke stellen wir unsere wasserwirtschaftliche Kompetenz noch stärker in den Dienst der Region. Die Erweiterung unserer Aufgaben korrespondiert mit unseren Maßnahmen zur Anpassung an die Klimafolgen und der Entwicklung einer klimaresilienten Region“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband.“