Gladbeck. Die Bäche und einst stinkenden Köttelbecken in Gladbecker Gebiet sind bereits sauber. Bald werden auch neue Rad- und Spazierwege frei gegeben.

Eine gute Nachricht für alle Gladbecker zum Weltwassertag, den die Vereinten Nationen alljährlich am 22. März aufrufen. Der gewaltige Umbau des Emschersystems, zu dem die Gladbecker Bäche gehören, ist fast fertig. Bis zum Ende dieses Jahres soll der zentrale Fluss im Ruhrgebiet mit seinen Nebenläufen komplett von seiner Schmutzwasserfracht befreit sein.

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In Gladbeck hat die zuständige Emschergenossenschaft seit 1992 daran gearbeitet, die Bäche im Stadtgebiet, die zum Großteil als begradigte und stinkende Köttelbecken für den Abwassertransport (miss)braucht wurden, zu renaturieren. Die Nebenflüsse der Boye - Haarbach, Hahnenbach, Nattbach und Wittringer Mühlenbach - wurden so vom Schmutzwasser abgekoppelt und wieder in gluckernde, mäandernde Bachläufe zurückverwandelt. Der Grenzfluss Boye ist zur Renaturierung auch über gut einen Kilometer westlich der B224 am Pelkumer Feld auf Gladbecker Gebiet verlegt und Mitte September 2019 geflutet worden.

Der Corona-Lockdown und Kurzarbeit bremsten die Bauarbeiten aus

Im Anschluss erfolgte der Ausbau des direkt angrenzenden Regenrückhaltebeckens, das an der Trasse des ehemaligen Abwasser-Boye-Kanals entstand. Arbeiten, die durch den Corona-Lockdown und Kurzarbeit aus dem Zeitplan liefen. Mittlerweile sind das Regenrückhaltebecken und das dazu gehörende Drosselbauwerk aber fertig. Bis zu gewaltigen 40.000 Kubikmetern Wasser können hier bei Starkregen als Hochwasserschutz gebunkert und koordiniert ins Emschersystem eingeleitet werden. Entlang der ‘neuen’ Boye und des teichartigen Beckens sind Spazier- und Radwege zur Naherholung auf Gladbecker Gebiet angelegt worden, „die voraussichtlich Mitte/ Ende April freigegeben werden können“, so Ilias Abawi, Pressesprecher der Emschergenossenschaft.

Luftbild, Baustelle an der Boye, Kleingärtnerverein An der Boye, Brauck, Gladbeck, Ruhrgebiet, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
Luftbild, Baustelle an der Boye, Kleingärtnerverein An der Boye, Brauck, Gladbeck, Ruhrgebiet, Nordrhein-Westfalen, Deutschland © www.blossey.eu | Hans Blossey

2020 hat die Emschergenossenschaft zudem mit der Revitalisierung der Boye-Trasse östlich der B 224 begonnen. Insgesamt fehlen jetzt noch rund drei Kilometer des Gewässers in diesem letzten Boye-Bereich bis zur Mündung in die Emscher am Pumpwerk Bottrop-Boye an der Prosperstraße/In der Welheimer Mark (unmittelbar neben der B 224). Der Abschnitt liegt auf Gladbecker und Bottroper sowie auf Essener Stadtgebiet und soll bis zum Jahreswechsel 2021/22 fertig gestellt sein. In Gladbeck betreibt die Emschergenossenschaft sechs Pumpwerke, vier Sonderbauwerke wie Hochwasser- oder Regenrückhaltebecken und rund 16,9 Kilometer Kanäle. Außerdem unterhält der Verband in Gladbeck rund 15,3 Kilometer Wasserläufe. Seit 1992 plant und setzt die Emschergenossenschaft in enger Abstimmung mit den Emscher-Kommunen das Generationenprojekt Emscher-Umbau um, in das über einen Zeitraum von rund 30 Jahren prognostizierte 5,38 Milliarden Euro investiert werden.

Emscher ist seit mehr als 170 Jahren erstmals vom Abwasser befreit

Gelingt die Fertigstellung zum Jahreswechsel, wurde im Großprojekt eine Punktlandung hingelegt. Dann ist auch die Emscher seit mehr als 170 Jahren erstmals von ihrer Abwasserfracht komplett befreit. Seit zirka 1850 prägten offene Schmutzwasserläufe das Bild des Ruhrgebietes. „Wir sind voll im Zeitplan: Genau drei Jahrzehnte nach der visionären Entscheidung für dieses Jahrhundertprojekt wird Ende 2021 kein Tropfen Abwasser mehr in die Emscher eingeleitet werden“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

Nachhaltige Transformation

Der Umbau der Emscher steht symbolisch für die nachhaltige Transformation des Ruhrgebietes. Zahlreiche Chancen und Potenziale hat das wasserwirtschaftliche Projekt bereits aufgedeckt. Rund 130 Kilometer an Radwegen sind entlang renaturierter Gewässer bereits entstanden. Besondere städtebauliche Effekte zeigen sich auch in Gladbeck.

So ist zum Beispiel am Hahnenbach im Südpark das so genannte Blaue Klassenzimmer entstanden. Eine Teichfläche, die Schulklassen, Kindergartengruppen und sonstige Interessierte zur Erkundungen von Flora und Fauna einlädt. Ein Projekt, das von der Deutschen Umwelthilfe 2016 als Grün-Soziales-Modellquartier in Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet wurde.

Die künftige abwassertechnische Hauptschlagader der Region ist der unterirdische Abwasserkanal Emscher (AKE), der 51 Kilometer weit von Dortmund bis Dinslaken reicht. Er ist bereits auf ganzer Länge verlegt und Stück für Stück in Betrieb gegangen. Damit die „abwassertechnische Hauptschlagader“ auf der Gesamtstrecke bis Dinslaken geflutet werden kann, ist ein sprichwörtliches Herzstück notwendig: das Pumpwerk Oberhausen. Deutschlands künftig größtes Schmutzwasserpumpwerk entsteht zurzeit in Oberhausen-Biefang und befindet sich in der Fertigstellung. Zehn mächtige Pumpen sollen im August in Vollbetrieb gehen um künftig das Abwasser aus einer Tiefe von rund 40 Metern zu heben – mit einer Maximalleistung von 16.500 Litern pro Sekunde. Im Anschluss können bis zum Jahresende noch verbliebenen Abwassereinleitungen in die Emscher an den unterirdischen Abwasserkanal angebunden werden.