Gladbeck. Eine Bulldogge hatte vor einem Jahr in Gladbeck ein Kleinkind attackiert und schwer verletzt. Jetzt ist der Hund wieder zurück bei den Besitzern.
Es ist nun genau ein Jahr her, dass eine Bulldogge in Gladbeck die kleine Tochter von Sara Minkley attackierte, ihr Bein zerfleischte und den Hund der Familie tot biss. Noch immer leidet die Familie unter dem Angriff, ist bis heute in psychologischer Behandlung. Die kleine Leni (zwei Jahre) wird immer einen Gehfehler haben, ihr Bein ist komplett vernarbt. Sie hatte damals Bisswunden bis auf den Muskel. Und nun kommt der Schock für die Familie: Der Hund, den der Besitzer damals abgeben musste, ist wieder zurück. „Wir leben jetzt wieder komplett in Angst“, so Sara Minkley.
„Es hat ein Jahr gedauert, dass ich mit Leni wieder in Ruhe nach draußen und auch an Hunden vorbeigehen kann“, erzählt die 27-jährige Mutter. Geschockt ist sie über die Entscheidung, dass die Bulldogge nun zurückkommen durfte. Der Hund, der fast ihre Leni getötet habe. „Muss erst ein Kind sterben, oder muss noch mal ein anderer Hund sterben?“, fragt die Gladbeckerin. Ihre Tochter sei traumatisiert, lag damals auf der Kinder-Intensivstation. „Das kann man nicht schönreden.“
Veterinäramt hat den Hund untersucht
Das zuständige Veterinäramt des Kreises Recklinghausen hat den Hund im vergangenen Jahr nach dem Angriff auf die Familie getestet. Seitdem gilt Maulkorb- und Leinenpflicht. „Der Wesenstest hat ergeben, dass der Hund nicht grundsätzlich von seiner Rasse her gefährlich ist, sondern im Einzelfall ein gefährlicher Hund ist“, so Kreissprecherin Svenja Küchmeister auf Anfrage. Daher mussten die Halter einen großen Sachkundenachweis erbringen. Dieser besteht aus Multiple Choice-Fragen, etwa zur Rechtsgrundlage. Das Bestehen des Testes war eine weitere Voraussetzung, damit das Tier wieder zurück zu den Besitzern durfte.
Allein aufgrund der Rasse sei kein Nachweis erforderlich. „Es sind spezielle Situationen, in denen sich der Hund gefährlich verhält. Die Halter wissen das, und müssen sich entsprechend verhalten“, so Küchmeister weiter. Welche Situationen das genau sind, könne sie aus Datenschutzgründen nicht sagen.
Stadtverwaltung legt Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster ein
„Der Hund ist seit dem 23. April zurück bei seinen Besitzern“, bestätigt Stadtsprecher David Hennig auf WAZ-Anfrage. Das habe das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden. Die Stadtverwaltung ist damit jedoch nicht einverstanden und legt Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster ein. „Wir sehen es nicht so wie das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, dass von dem Hund keine Gefahr ausgeht“, so Hennig. Das Tier sei aufgrund seiner rassetypischen Eigenschaften schwer zu kontrollieren. „Das Gericht unterschätzt unserer Auffassung nach diese Gefahr, daher lassen wir die Entscheidung jetzt noch einmal prüfen.“ Die Olde English Bulldogge ist eine Mischung aus den Rassen English Bulldog sowie Bullmastiff, American Bulldog und Pittbull Terrier.
Auch weitere Anwohner seien empört. „Es haben sich schon viele Nachbarn an das Ordnungsamt gewendet. Etwa auch Ältere haben Angst, wenn sie mit dem Rollator unterwegs sind, ebenso andere Hundebesitzer, denn das Tier hatte vorher ja auch schon andere Hunde angegriffen“, berichtet Minkley.
Anwohnerin ist der Meinung: „So ein Hund gehört nicht in eine Wohnsiedlung“
Auch Nachbarin Marie-Luise Krause macht sich Gedanken. „Ich habe kleine Enkelkinder, und wenn der Hund so unberechenbar ist, macht man sich schon Sorgen.“ Eine weitere Nachbarin, die ihren Namen nicht öffentlich nennen möchte, ist der klaren Meinung: „So ein Hund gehört nicht in ein Wohngebiet.“ Jedes Mal, wenn sie an dem Haus der Besitzer vorbeigehen müsse, wechsele sie die Straßenseite. „Ein Spielplatz ist gleich um die Ecke, ich male mir immer aus, was ist, wenn der Hund sich losreißt und die Kinder dort angreift.“ Dass der Hund überhaupt zurückkommen würde, damit hätte sie niemals gerechnet. „Die kleine Leni hätte schließlich tot sein können.“
Nachbarin Christiane, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat indes beobachtet, wie die Bulldogge bereits wieder einen anderen kleinen Hund angreifen wollte. „Er hatte aber einen Maulkorb um.“ Dass der Hund der Rasse Olde English Bulldogge, der zwischenzeitlich in einem Tierheim untergebracht war, zurück zu seinen Besitzern durfte, ist mit Auflagen verbunden. So muss er einen Maulkorb tragen, es besteht Leinenpflicht und der Besitzer musste einen Sachkundenachweis vorlegen, in dem er nachweist, dass er in der Lage ist, diesen Hund zu halten, so Stadtsprecher David Hennig.
Was Nachbarin Christiane aber gar nicht verstehen kann, wie die Besitzer direkt am Spielplatz vorbeilaufen können, so wie zuletzt. „Da spielen viele Kinder, das ist grob fahrlässig.“