Gelsenkirchen-Altstadt. Ab August gibt es die elektronische Akte in allen 19 Kammern. Gelsenkirchener Gericht erreichen 250 Eilanträge und Klagen gegen Corona-Auflagen.

Corona und die Folgen beschäftigten im letzten Jahr auch die 19 Kammern des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen. In 150 Klagen und Eilanträgen hatten Richterinnen und Richter über die Berechtigung von Maßnahmen zu entscheiden, die das Infektionsschutzgesetz betrafen. Aktuell sind die Fälle auf 250 angewachsen.

Meistens wehrten sich der Einzelhandel, Fleisch-, Wellnessbetriebe, Textil-, Freizeitbereich und auch Hundeschulen gegen Anordnungen im Zusammenhang mit dem Gesetz. Auch über die Berechtigung der Maskenpflicht im schulischen Bereich, Verbote bei der Freizeitgestaltung oder von Versammlungen mussten die Gerichte kurzfristig entscheiden.

Gelsenkirchener Gericht hob Besuchsverbot für Eltern eines behinderten Kindes auf

Richterin Lena Jahrmarkt erinnert sich an ein Besuchsverbot für Eltern eines vierjährigen schwerbehinderten Kindes. Einen Monat langt hatten sie ihr Kind nicht sehen können. Die Kammer hob das Verbot aus sozialethischen Gründen auf. Auch Ausgangsverbote zwischen 21 und 5 Uhr hatten keinen Bestand. Das Gericht gab den entsprechenden Eilanträgen statt, weil die Behörde vorrangig erst andere Maßnahmen hätte prüfen müssen. Beispielsweise andere Möglichkeiten von Kontaktbeschränkungen.

Anstieg bei Asylverfahren

Die Anzahl der allgemeinen Verfahren veränderte sich in den letzten Jahren nur unwesentlich. Im Jahr 2014 waren es 5842, im letzten Jahr 5376. Bei den Asylverfahren registrierte das Gericht einen ständigen Anstieg. Von 2014 bis 2017 erhöhten sich die Eingänge von 2388 über 3061 und 7580 bis auf 11122. Danach gingen die Klagen kontinuierlich über 3152 und 2240 bis auf 1783 im letzten Jahr zurück.Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ist auch zuständig für die Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Herne und die Kreise Gladbeck und Unna.

Präsident Siegbert Gatawis ist mit der Bilanz im Coronajahr zufrieden. Das Gericht sei jederzeit arbeitsfähig gewesen, habe nur im Frühjahr 2020 kürzer getreten. Um stärkere Präsenz im Gericht zu vermeiden, fand der Beginn der Verfahren in den einzelnen Kammern zeitversetzt statt. Bis 18 Uhr tagten die Gerichte, die sich häufiger per Videokonferenz und ohne mündliche Verhandlung austauschten. Präsident Gatawis wünscht sich im elektronischen Austausch noch mehr Offenheit der Parteien. Die Resonanz sei schwach.

Prozessbeteiligte können sich vor Sitzungsbeginn in Apotheken testen lassen

Alle Beteiligten haben die Möglichkeiten, sich vor Sitzungsbeginn in einer von drei benachbarten Apotheken kostenlos testen zu lassen. In den Sälen schützen sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Masken. Dennoch haben sich von 160 Beschäftigten sechs mit Covid 19 infiziert.

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„Wir haben im Mai 2020 in drei Kammern mit der Einführung der elektronischen Akte begonnen“, sagt Gatawis. Ab August werden alle 19 Kammern ohne Papier auskommen. Richterinnen und Richter sind mit mobilen IT-Geräten ausgestattet, können im Homeoffice arbeiten. „Der Bürger“, so Gatawis, „merkt nichts von der elektronischen Akte. Der Medienwechsel findet nur bei uns statt.“ Die Anwälte werden im nächsten Jahr beim Schriftverkehr nachziehen müssen.

Bei den Asylverfahren konnten die Streitfälle von 5105 auf 3727 verringert werden

7159 Verfahrenseingänge registrierte das Verwaltungsgericht. Die darin enthaltene Anzahl an Asylverfahren ging weiter zurück, von 2240 auf 1783. Zufrieden ist der Hausherr mit der Reduzierung der noch anhängigen Verfahren auf 9035. Ein Rückgang um 15 Prozent. Bei den Asylverfahren konnten die noch anstehenden Streitfälle von 5105 auf 3727 verringert werden. Stolz ist Gatawis auf die Leistung der 75 Richterinnen und Richter, von denen einige in Teilzeit arbeiten. So hätten die Kolleginnen und Kollegen im Asylrecht fast doppelt so viele Verfahren erledigt, als in dem Jahr eingegangen seien.