Bochum.. Ein halbes Jahrhundert Hochschule: Historie, Fakten und Meilensteine zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zur Ruhr-Universität Bochum.

Ein Ungetüm, sagt das architektonische Auge beim Blick auf die Ruhr-Universität. Als Riese, der sie zweifelsfrei ist, wird ihr nicht nur ihre Größe als Hässlichkeit vorgeworfen, selbst die kleineren Gebäude – aus denen sich ihre Gesamtheit ergibt – gelten nicht als Status quo der Schönheit. Natürlich entspricht ihre Architektur nicht dem Goldenen Schnitt geschweige dem Schönheitsideal der heutigen Zeit. Selbst Architekt Helmut Hentrich, von dem das Konzept stammt, bezeichnet sie retrospektivisch als viel zu „groß und betonlastig.“

Die Idee, die der Architektur zugrunde lag, war folgende: Die Universität sollte einen Hafen im Meer des Wissens repräsentieren, die Gebäude angelegte Schiffe symbolisieren. Das Dach des zentralen Auditorium Maximus (kurz: Audimax) ist geformt wie eine riesige Muschel.

Schönheit aus der Ferne

Diese Interpretation funktioniert aus der Ferne. Aus der Nähe mag der Makel der Schönheit im vorwiegend verbauten Beton daliegen. Dieser lässt graue Tage im Pott noch grauer wirken, seine harten Kanten verstärken die Tristesse des Geländes. Anfang der 1990er versuchte man diese Farblosigkeiten mit bunten Anstrichen abzufedern noch und durch vermehrte Grünflächenanlagen aufzupeppen.

Doch ob nun grau oder bunt, die Funktionalität spielte eine weitaus tragendere Rolle bei der Gestaltung des Areals. Ein Vorzug, der einem erst nach einer gewissen Eingewöhnungszeit bewusst wird. Die Uni verfügt über einen „Campus der kurzen Wege“, auf dem – im Gegensatz zu den weit verstreuten Einrichtungen alter Universitäten – Bibliothek, Mensa oder andere wissenschaftliche Einrichtungen schnell zu erreichen sind und die Möglichkeit für informelle Kommunikation bieten. Und möge man selbst als älterer Semester ein ums andere Mal nach dem richtigen Seminarraum in diesem Irrgarten des Wissens sucht; heißt das noch nicht: Wer suchet, der findet.

Eben dieser Charakter der Ruhr-Universität trägt seinen Teil zu einer für Außenstehende oft nicht zu erfassenden Ruhrpottromantik bei. Schönheit liegt dabei nicht nur im Auge des Betrachters, sondern wird auch durch innere Werte definiert. Werte, die die Menschen vermitteln, die dort lehren, lernen und malochen. Wissensdurst und Lernhunger überstrahlen letztendlich jegliche Tristesse der Gebäude und stellen sie in einem Licht dar, wie es kein architektonisches Meisterwerk je gekonnt hätte.

Gründung einer Universität

Als sich die ersten Zähne eines Schaufelbaggers im Herbst 1963 in die Bochumer Erde fraßen – um den Boden für eine Universität zu ebnen – hatte ein jahrelanges Tauziehen um den Standort sein Ende gefunden. Der Bedarf nach neuen Universitäten, aufgrund landesweiter Hochschulüberfüllungen, hatte sich Anfang der 1960er Jahre abgezeichnet.

Nordrhein-Westfalen wurde daher, als eines von vier Bundesländern, auserkoren eine Universität zu bekommen. Bei der exakten Ansiedlungsfrage kristallisierte sich ein Zweikampf zwischen Bochum und Dortmund heraus.

Dies wirkte damals umso verwunderlicher, herrschte Anfang des 20. Jahrhunderts in der Politik noch die weitläufige Meinung – insbesondere durch Kaiser Wilhelm II. und Otto von Bismark befeuert – dass die Menschen im Revier lieber hart „malochen“ als sich bilden sollten. Neun Monate lieferten sich die beiden Ruhrgebietsstädte letztendlich einen öffentlichen Schlagabtausch, bis Bochum nach der Landtagsentscheidung vom 18. Juli 1961 den Ring als Sieger verließ.

Erste Uni im neuen Deutschland

Das neue, geistige Zentrum des Ruhrgebiets wurde damit ins Herz der Region gepflanzt. Dortmund, das Standort zahlreicher wissenschaftlicher Einrichtungen war, die als Anknüpfungspunkte für eine neue Universität hätten dienen können, erhielt als „Trostpflaster“ die Zusage für eine Technische Hochschule. Diese wurde im Dezember 1968 gegründet. In Bochum indessen wurde auf dem Gelände in Querenburg eifrig der Bau der Universität geplant.

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Nach einem Ideenwettbewerb erhielten die Düsseldorfer Architekten Hentrich und Petsching den Zuschlag. Wohl auch, weil sich ihr Entwurf an dem des Staatshochbauamtes orientierte, das eine für Deutschland neuartige Campus-Universität kreieren wollte. Ob dies gelungen ist – für viele ist die Architektur zu monoton und monströs – darüber streiten nun bereits Generationen.

Unstrittig ist, dass im Juni 1965 die erste Gebäudereihe, die der Ingenieurwissenschaften, stand. Wenig später, als die ersten Studenten und Studentinnen kamen, schrieb die Hochschule gleich ein Stück deutsche Geschichte: Die Ruhr-Universität wurde zur ersten Universitätsneugründung eines jungen Deutschlands.

Die Zukunft der Universität

Seit 2006 und bis September ist Prof. Dr. Elmar Weiler Rektor der Ruhr-Uni. Er wagt einen Blick in die Zukunft.

Welchen Weg wird die Uni in den nächsten Jahren gehen?

Prof. Dr. Elmar Weiler: Die RUB wird den Weg – getreu ihrem Motto: menschlich-weltoffen-leistungsstark – in Richtung einer Spitzenuni nicht nur im deutschen, sondern auch im europäischen Vergleich sehr engagiert weiterverfolgen. Im Regiebuch des dritten Hochschulentwicklungsplans 2014-2019 ist dieser Weg vorgezeichnet. Die Ruhr-Uni war, ist und bleibt eine echte „universitas studiorum“: eine Gemeinschaft der mit- und voneinander Lernenden. Es gibt eine Reihe von Projekten, unter denen die Worldfactory das vielleicht spannendste sein wird, weil sich hier innovative Lehre im Verbund von Bildungseinrichtungen und eine Gründerkultur Ruhr mit einer Treiberfunktion für die wirtschaftliche Entwicklung im Rahmen von Bochum 4.0, aber auch für die gesamte Ruhrregion, verbinden lassen.

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Wie sieht es mit der weiteren Förderung im Rahmen der Exzellenzinitiative aus?

Weiler: Wir werden auch in der neuen Exzellenzinitiative mit spannenden Konzepten antreten. Dafür werden Kooperationsstrukturen mitentscheidend sein. Hier ist mit der Universitätsallianz (UA) Ruhr und mit Univercity eine gute Basis gegeben. Die beiden bisherigen Großprojekte der RUB im Rahmen der ersten und zweiten Exzellenzinitiative, die RUB Research School und das Exzellenzcluster Resolv, werden starke Pluspunkte auch im dritten Wettbewerb sein. Die Vorbereitungen auf den heraufziehenden Wettbewerb laufen bereits auf Hochtouren, obwohl die Wettbewerbsbedingungen noch nicht bekannt sind. Bereit sein ist alles.

Wo sehen Sie die Ruhr-Universität in 50 Jahren?

Weiler: Unter den besten 1 Prozent der Unis weltweit als Zentrum einer Hochschule neuen Typs, den die RUB als Pionier (mit)entwickelt hat. Es ist klar, dass die Welt in 50 Jahren kaum mehr mit der von heute vergleichbar sein wird. In den beschleunigt fließenden Strukturen der globalisierten Welt und angesichts der heutigen Informationsexplosion muss eine Uni vor allem eines sein und bleiben: Ort der Konzentration auf das Wesentliche, der sich gleichzeitig zu behaupten vermag angesichts der vielen Fragmentierungsprozesse in den Gesellschaften. Keine kleine Herausforderung! (ebbi)