Gladbeck. .
Ein Schutzhelm ist ein Schutzhelm. Punkt. Schlicht in seiner rundlichen Form, zweckmäßig. Nicht mehr und nicht weniger. Oder? Kommt ein Name drauf und wird er aus der Finsternis, in der er und sein Träger einst unter Tage gehüllt waren, ins gleißende Licht einer Vitrinenlampe gerückt, kann er Geschichte(n) erzählen. Wie die von Günter Vosmik. Der Gladbecker arbeitete ab 1955 als Bergmann, unter anderem auf Stinnes, dann auf Nordstern.
35 Jahre lang war der 71-Jährige bei der Grubenwehr. Einen Teil der Utensilien, die einst so selbstverständlich zu seinem Arbeitsalltag gehörten wie die Grubenlampe zum Kumpel, besitzt er immer noch. Für die Ausstellung „Schichtwechsel – erlebter Strukturwandel“ haben er und andere ehemalige Bergleute sich kurzzeitig von ihnen getrennt und ihre Erinnerungsstücke dem Museum der Stadt geliehen.
Menschen schreiben Geschichte
Damit sie „erzählen“, wie es damals war – als zunächst das „schwarze Gold“ Zechenstandorten Wohlstand bescherte. Wie Gladbeck mit seiner Bevölkerung die NS-Zeit erlebte. Und wie es war, als später Schicht im Schacht war, es in vielen Familien auch über Tage zappenduster wurde und der Strukturwandel das Leben grundlegend veränderte. Was sagte Bürgermeister Ulrich Roland zur Eröffnung der Ausstellung so schön? Geschichte ist nicht etwas Abstraktes. Sie wird von den Menschen ihrer Zeit geschrieben. Und so ist es auch ganz im Sinne von Dr. Christine Schönebeck, der kommissarischen Leiterin des Hauses in Wittringen.
Was können Alltagsgegenstände nicht alles über eine Zeit, ihre Menschen und Lebensumstände aussagen? Da gewinnt selbst ein Haufen seegrüner Badelatschen Aussagekraft. Und das hätten sich Kumpel wie Vosmik nicht träumen lassen – als sie noch unter Tage malochten.
Von dieser Zeit singen Norbert Gerbig & Friends zur Eröffnung der Schau. Ihre Lieder beschwören die Bergbau-Epoche herauf. Doch die Erinnerungen sind nicht im verklärten Rückblick reingewaschen, Texte vom Arbeiterdichter Heinrich Kämpchen geben einen schonungslosen Einblick in die Härten jener Ära. Welche Bilder mögen vor dem geistigen Auge des Mannes vorüberziehen, der gesenkten, versonnenen Blickes hört „1000 Feuer sind erloschen“? Von welchen Erlebnissen könnte jener Senior berichten, der – leicht nach vorne gebeugt – seine Hände knetet und wehmütig wirkt?
Vielleicht erging es seiner Familie ähnlich wie den Bergermanns. Urgroßvater, Großvater, Vater, Bruder – sie alle schafften unter Tage. Bis die Förderräder in den Betrieben rundum still standen. Auf dem Gelände der Zeche Mathias Stinnes siedelte sich ein Familienunternehmen zur Energierückgewinnung an. Eine Chance. Oliver Bergermann gelang der Wechsel: Er fing bei der Firma Klingenburg an. Dort fanden auch andere ehemalige Bergleute eine Perspektive.
Ihr Werdegang wird porträtiert, das Unternehmen ist Partner beim „Schichtwechsel“ wie die IG BCE-Ortsgruppe Brauck-Rosenhügel. Ulrike Klingenburg: „Die Ausstellung bekommt eine persönliche Note, weil unsere Mitarbeiter beteiligt sind.“ Wie so viele Gladbecker, die sich eingebracht haben.