Essen. Sie sind in Sicherheit, doch die Sorgen um ihre Familien plagen sie jeden Tag. Zwei Jahre nach Kriegsbeginn demonstrieren die Ukrainer in Essen.
Zwei Jahre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine rufen die ukrainisch-deutschen Vereine in Essen zu einer Kundgebung in der Innenstadt auf: Am Samstag, 24. Februar, um 12 Uhr wollen sie an der Marktkirche in der Innenstadt zusammenkommen. Vielen Essenern und Esserinnen wird der Krieg dann noch einmal in Erinnerung gerufen, „für die hier lebenden Ukrainer ist er allgegenwärtig“, sagt der Essener Geschäftsmann Thomas Schiemann, der mit dem Land und den Menschen in vielfältiger Weise verbunden ist.
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Schiemann engagiert sich im ukrainisch-deutschen Verein Opora, der zu den Mitveranstaltern gehört. „Ich verspreche Ihnen: Das, was ich tun kann, werde ich weiter tun, bis die Ukraine gewonnen hat“, hatte er bei der emotionalen Kundgebung vor einem Jahr gesagt, zu der rund 1500 Menschen auf den Burgplatz kamen. Zu den Rednern gehörten damals Oberbürgermeister Thomas Kufen und Sozialdezernent Peter Renzel, die den Ukrainern ihre Solidarität aussprachen und über das Leid der Menschen in dem Land sprachen.
Die Ukraine ist aus den Schlagzeilen verdrängt worden
Seither sei die Ukraine aus den öffentlichen Aufmerksamkeit verdrängt worden, etwa vom brutalen Angriff der Hamas auf Israel und der sich verschärfenden Lage im Nahen Osten, oder zuletzt von den großen Demonstrationen gegen die AfD, stellt Schiemann sachlich fest. „Doch während dieser Krieg aus den Schlagzeilen verschwunden ist, ist die Lage für die Menschen viel schlimmer geworden.“
Spendenkonto und Hilfsvereine
Geldspenden für die Ukraine gehen bitte auf das Konto des Caritasverbandes für die Stadt Essen: IBAN DE17 3606 0295 0000 0055 50. Stichwort „Winterhilfe für die Ukraine“. Die Caritas stellt auf Wunsch Spendenbescheinigungen aus. Weitere Info: www.caritas-essen.de/infos-ukrainehilfe
Der Verein „Odessa wir helfen“ sitzt in Essen-Haarzopf und organisiert seit März 2022 Hilfstransporte in die Ukraine. Infos auf: www.odessa-wir-helfen.de/
Der Verein Opora unterstützt ukrainische Flüchtlinge in Essen, etwa mit Angeboten für Kinder und Jugendliche, Info- und Kulturveranstaltungen. Auch organisiert er humanitäre Hilfe für die Ukraine. Infos auf: https://opora-ua.de/de/
Schiemann ist mit einer Ukrainerin verheiratet, hat Angehörige in dem Land und lange Geschäftsbeziehungen, die er seit zwei Jahren auch nutzt, um gemeinsam mit der Caritas Hilfslieferungen zu organisieren. Bei ihm ist der Nachrichtenfluss aus der Ukraine nie abgebrochen: Bombenangriffe, Luftalarm, zerstörte Häuser, Kinder, die kauernd im Schutzraum sitzen; Angst, die die Menschen durch den Alltag begleitet – all das landet in Bild und Ton per WhatsApp bei ihm, Tag für Tag. „Den Menschen gehen die Munition und der Mut aus, und trotzdem ist der Rückhalt in der Bevölkerung groß.“
Sie sind in Sicherheit, doch die Angst begleitet sie jeden Tag
Die rund 7000 in Essen lebenden Ukrainer und vor allem Ukrainerinnen teilen die bange Aufmerksamkeit, mit der sie auf ihr Heimatland schauen, die Sorge um Väter und Ehemänner. Der Zusammenhalt der in einigen Vereinen organisierten Community ist groß, Neuigkeiten verbreiten sich schnell. Gerade sei der Mann einer Ukrainerin verschwunden, ängstlich wartet sie auf eine Nachricht von ihm. „Mit diesen Sorgen kämpfen die Menschen hier, auch wenn sie selbst in Sicherheit sind“, sagt Schiemann. Einige hätten sich bei Besuchen in der Heimat ein Bild über die verschlimmerte Lage machen können, ein Bild, das sie mit nach Essen zurückgenommen haben.
Hunderte Ukrainer und Ukrainerinnen weinten
Thomas Schiemann, der auch diesmal auf der Kundgebung sprechen wird, ist überzeugt, dass es wieder einen großen Zulauf geben wird. Er hofft, dass sich auch viele Essener und Essenerinnen solidarisch mit den Ukrainern zeigen. Peter Renzel wird an der Kundgebung teilnehmen und als Stadtdirektor auch Oberbürgermeister Thomas Kufen vertreten.
Kufen selbst lädt am Jahrestag ins Kardinal-Hengsbach-Haus, auch die ukrainische Generalkonsulin Iryna Shum wird dorthin kommen, außerdem Vertreter von Politik, Wohlfahrtsverbänden und Hilfsorganisationen. An der Veranstaltung nehmen natürlich auch die ukrainischen Bewohner des Hauses teil. Als Signal der Solidarität wird das Rathaus in den ukrainischen Nationalfarben Blau und Gelb erstrahlen. Im März folgt ein Fußballspiel zwischen Essens ukrainischer Partnerstadt Riwne und Rot-Weiss Essen.
Im vergangenen Jahr hielten sich auf dem Burgplatz viele Exil-Ukrainer in den Armen, spendeten sich gegenseitig Trost – und machten ihr Leid spürbar. Sozialdezernent Peter Renzel schrieb damals auf Facebook: „Als auf dem großen Bildschirm (. . .) die Zerstörungen, die Bombenexplosionen und tote Ukrainerinnen und Ukrainer auf den Straßen uns allen die ganze brutale Grausamkeit dieses Gemetzels einmal mehr vor Augen führten, standen wir bewegt und geschockt inmitten Hunderter weinender Ukrainerinnen und Ukrainer.“
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