Essen. Oleksandra kam ohne ein Wort Deutsch aus der Ukraine nach Essen. Am Gymnasium Essen-Werden lässt sie beim Tanz die Alltagssorgen hinter sich.

Die elfjährige Oleksandra Chumak flüchtete im März 2022 gemeinsam mit ihrer Mutter vor dem Krieg in der Ukraine. Vater und Bruder musste sie zurücklassen. Ohne jegliche Deutschkenntnisse kam sie an das Gymnasium-Essen-Werden, hier lernte das Mädchen innerhalb kürzester Zeit Deutsch und bekam die Möglichkeit, ihr Tanz-Talent weiter zu entfalten.

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Über ihre Flucht erzählt die Elfjährige: „Wir fuhren mit dem Zug nach Polen, danach weiter mit dem Bus, die Flucht hat zwei Tage gedauert.“ In ihrer Heimat tanzt sie bereits seit ihrem vierten Lebensjahr die Stilrichtung „Modern“ und Ballett.

Ballettschule stellte Kontakt zum Gymnasium Essen-Werden her

Zuerst kam sie in Bochum an. Dort meldete sich sich sofort an einer Ballettschule an. „Doch dort bekam ich nur einmal in der Woche die Möglichkeit zu tanzen, das war mir zu wenig.‘‘ Also stellte die Bochumer Tanzschule Kontakt zum Gymnasium Essen-Werden her, das einen besonderen Schwerpunkt beim Fach Tanz hat. Das Gymnasium Essen-Werden ist Deutschlands einziges Gymnasium, auf dem man sogar das Fach Tanzen im Abitur belegen kann.

„Ich musste mich sehr dafür einsetzen, dass Oleksandra unsere Schule besuchen kann‘‘, sagt Schulleiterin Felicitas Schönau. Dort angekommen, wurde Oleksandra in die ,,Willkommensklasse‘‘ aufgenommen. In dieser Klasse sind insgesamt 25 ukrainische Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 16 Jahren.

Schnell erweist sich das junge Mädchen als sehr fleißig und lernt in bemerkenswertem Tempo Deutsch, obwohl sie zu Hause ausschließlich Russisch und Ukrainisch spricht. Da sie auch Englisch spricht, beherrscht die Elfjährige somit vier Sprachen. ,,Mein Deutsch ist aber noch längst nicht perfekt‘‘, sagt Oleksandra bescheiden.

Sie besucht jetzt eine normale Klasse und wird benotet wie alle anderen

Doch in der Schule ist man beeindruckt vom Leistungswillen des Mädchen: ,,Sie zeigte sich so fleißig und begabt, dass sie schnell in die Regelklasse 6e wechseln konnte‘‘, erzählt Felicitas Schönau. In der normalen Klasse,wird sie jetzt, wie alle anderen Schülerinnen und Schüler, ganz normal benotet.

Ihre Lieblingsfächer seien neben dem Tanzen Mathe und Englisch, berichtet die Schülerin. Begeistert tanzt sie viermal in der Woche und erbringt auch in allen anderen Fächern in der Schule herausragende Leistungen. ,,Sie ist ein wunderbares Beispiel für gelungene Integration‘‘, lobt Schulleiterin Schönau.

In ihrer Freizeit trifft sich Oleksandra gerne mit ihren neu gewonnenen Freunden, sie lebt mittlerweile mit ihrer Mutter in Werden. Sie tanzt auch zu Hause und versucht trotz schwieriger Umstände regelmäßigen Kontakt zum Vater und dem 19-jährigen Bruder zu halten. Beide sind in der ukrainischen Armee. „Es ist manchmal schwierig, mit ihnen zu sprechen, regelmäßig fallen in der Ukraine das Internet oder das elektrische Licht aus“, berichtet die Elfjährige.

Ihr Traum: Profi-Tänzerin

„Mein größter Traum ist es, einmal Profi-Tänzerin zu werden‘‘, erzählt das Mädchen mit strahlenden Augen. Und der erste Schritt ist schon getan. Im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Gymnasium Essen-Werden und dem Aalto-Theater tanzte sie in dem Ballett „Nussknacker‘‘. Oleksandra schwärmt: „Beim Tanzen vergesse ich alle Sorgen - auch den Krieg in der Ukraine, mein Herz liebt den Tanz.“