Duisburg-Mittelmeiderich. Beim Duisburger Stadtteil-Check schneidet Mittelmeiderich relativ gut ab. Dafür gibt es mehrere Gründe. Dennoch überraschen einige Ergebnisse.

Wer an Meiderich denkt, der denkt meist an Mittelmeiderich. Und das nicht von ungefähr, denn dort liegen die große Einkaufsstraße, die Bibliothek, der größte Bahnhof im Bezirk , das Herzzentrum , das Bezirksamt und die große Pfarrkirche . Dementsprechend gut bewerten die Mittelmeidericher ihre Heimat beim Stadtteil-Check ; die Note Befriedigend minus (3,47) ist besser als in Obermeiderich und Untermeiderich und nur knapp unter dem Duisburger Durchschnittswert (3,25). Darauf ausruhen sollte man sich aber nicht, meinen die beiden bekennenden Meidericher Peter Dahmen vom Bürgerverein und Dieter Lesemann vom Autorenkreis Hahnenfeder . Außerdem zeigen sie sich verwundert über so manches Ergebnis.

Duisburg-Mittelmeiderich- So bewerten Bewohner den Stadtteil „Ein paar schlechte Noten gibt es ja immer“, sagt Dahmen, „aber den schlechten Wert für Sauberkeit kann ich nicht unterschreiben“. Mit 4,13 ist diese Kategorie deutlich schlechter bewertet als die meisten übrigen. Dabei hält er seinen Stadtteil nicht für dreckig und es mangle auch nicht an Ordnung. „Dreckecken hat in der Regel ja jemand gemacht“, ergänzt Dieter Lesemann, „und wenn mehr Leute die Papierkörbe nutzen, wäre schon viel geholfen“. Ein so großes Problem, wie die Zahlen andeuten, sei der Müll also gar nicht.

Trotz schlechter Wertung: „Die Vereinskultur ist immens, ob sportlich oder kulturell“

„Am meisten erschreckt mich aber der Wert für Gemeinschaft (3,86) “, so Lesemann, der sich vor dem Ruhestand jahrelang als Vorsitzender des Arbeitskreises Schule und Stadtteil (Aksus) für die Zusammenarbeit Meidericher Vereine und Einrichtungen stark gemacht hat. Er ist überzeugt: „Meiderich steht für ein Miteinander.“

Der Hahn ist das Wappentier von Duisburg-Meiderich. Für ihre Heimat engagieren sich Dieter Lesemann (links) und Peter Dahmen schon seit vielen Jahren. Sie loben vor allem das Meidericher Miteinander und die Vereinskultur.
Der Hahn ist das Wappentier von Duisburg-Meiderich. Für ihre Heimat engagieren sich Dieter Lesemann (links) und Peter Dahmen schon seit vielen Jahren. Sie loben vor allem das Meidericher Miteinander und die Vereinskultur. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Tatsächlich sei die „Vereinskultur immens, ob sportlich oder kulturell“, sagt Peter Dahmen und auch Dieter Lesemann lobt ein aktives Vereinsleben . Als Schmelztiegel verschiedener Kulturen gelinge es Mittelmeiderich allerdings nicht, alle Einwohner für Vereine zu interessieren. Natürlich leide das Gemeinschaftsgefühl in Vereinen oder Kirchengemeinden in der Corona-Pandemie , weil viele Veranstaltungen abgesagt wurden. „Schimpfen hilft nicht, man muss Ideen entwickeln“, weiß Lesemann und meint damit sowohl die Nachwuchsfrage als auch kleinere Alternativen zu abgesagten Events und Stadtteilfesten .

Dass dagegen der Handel das örtlich beste Ergebnis erzielt ( Einkaufen: 2,65 ) überrascht die beiden Lokalpatrioten nicht. Zumal die Von-der-Markt-Straße, die Einkaufsmeile, mit ihren Nebenstraßen ein Nebenzentrum ist. Damit sei man gut aufgestellt, was die Nahversorgung betreffe. „Allerdings haben wir kaum noch Fachgeschäfte und müssen oft in die Innenstadt fahren“, so Lesemann. Das sei vor 50 Jahren noch anders gewesen.

Gastronomie in traurigem Zustand: Mehr Speiselokale und weniger Dönerbuden

Wenngleich viele Duisburger sich seit Jahren auf der Einkaufsmeile gerne zu Kaffee und Kuchen treffen, sei „das gastronomische Angebot traurig“, sagt Peter Dahmen. Beim Stadtteil-Check sei es zu gut bewertet ( Gastronomie: 3,55 ). Zwar gibt es einige Gaststätten und Restaurants, aber Dieter Lesemann bedauert das Kneipensterben und erinnert sich gerne daran, dass die Von-der-Markt-Straße früher eine regelrechte Kneipenmeile war. Ihm fehlen heute aber auch Restaurants mit Biergärten, etwa ein Italiener, wo man im Sommer schön sitzen kann. „Wir brauchen mehr Speiselokale und weniger Dönerbuden“, lautet sein Resümee zur Meidericher Gastronomie.

Ohne Märkte und Co.- So wird der Advent im Duisburger Norden Ordentlich ist nach Ansicht der beiden Meidericher der Nahverkehr , weil sowohl Züge und Straßenbahnen als auch Busse durch den Stadtteil fahren und der Bahnhof ein wichtiger Knotenpunkt ist. Das Ergebnis (2,99) wäre nun besser sein, da es noch nicht berücksichtigt, dass der in Duisburg seit Oktober 2019 geltende neue Fahrplan auch in Meiderich nachgebessert wurde. Die Busse halten jetzt wieder am Herzzentrum, ebenso an der Biesenstraße, wo vor allem Senioren aussteigen, um Läden, Ärzte oder den Friedhof zu besuchen.

Meidericher sind wegen A 59-Ausbau von Duisburger Politikern enttäuscht

Überraschend schlecht empfindet Peter Dahmen dagegen, wie das Freizeitangebot (3,48) von den Einwohnern benoten wurde. „ Der Stadtpark , der ja riesig ist, wird toll angenommen.“ Auch Kinder spielten dort gerne. Zudem gibt es den Landschaftspark , die Jugendzentren Sterntalerhaus und Living Room sowie Konzerte im Parkhaus . Die Forderung nach einem eigenen Theater, die Politiker im Kommunalwahlkampf erhoben , unterstützt er jedoch nicht. Denn Mittelmeiderich liege im Einzugsgebiet des Oberhausener Theaters an der Niebuhrg , das direkt an der Stadtgrenze zu Obermeiderich liegt.

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Verdientermaßen die schlechteste Note entfällt jedoch auf die Politik (4,15) , wie Dahmen und Lesemann betonen. Einen gewichtigen Grund, den sie für ausschlaggebend für das Ergebnis in dieser Kategorie halten, sei der Ausbau der A 59 . „Wir haben uns für die Tunnellösung eingesetzt“ , sagt der Vorsitzende des Bürgervereins, doch nur wenige Politiker hätten bei Protesten gegen die geplante Hochtrasse ihr Gesicht gezeigt. Inzwischen hat das Bundesverkehrsministerium entschieden , dass die Hochtrasse und nicht der Tunnel gebaut wird.

Zwar sprechen sich SPD und Grüne, die neuerdings in der Bezirksvertretung zusammen die Mehrheit stellen , weiterhin für den Tunnel aus. Doch auf höherer Ebene ist er politisch nicht gewollt. Dementsprechend plant der Landesbetrieb Straßen.NRW auch nur noch mit der Hochtrasse. Die Menschen in Meiderich sagen voraus, dass der Stadtteil darunter leiden wird, auch nach der langen Bauphase, und halten die Entscheidung weiterhin für falsch.

Zu viel Energie und Geld fließen in die Duisburger Innenstadt

https://www.waz.de/staedte/duisburg/stadtteil-check/alle-duisburger-stadtteil-check-zeugnisse-in-der-uebersicht-id228213579.html Unabhängig vom Autobahnausbau wünscht sich Peter Dahmen, dessen Bürgerverein sich als Interessensvertreter der im Stadtteil lebenden Menschen versteht, mehr Transparenz von den Parteien : „Was Kommunalpolitiker für Meiderich machen, kommt bei den Bürgern nicht an .“ Der Verein habe zwar einen kurzen Draht zu vielen Politikern, doch sie sollten „mehr auf die Bürger zugehen“. Denn in Meiderich sei längst der Eindruck entstanden, dass die Stadtteilzentren vernachlässigt würden, ergänzt Dieter Lesemann: „Es fließen zu viel Energie und Geld in die Innenstadt.“ Umso wichtiger ist es ihm, dass die Einwohner aller drei Meidericher Ortsteile zusammenhalten und an einem Strang ziehen. Er ist überzeugt davon, dass dies gelingen kann.

>> WAHNSINNSANGEBOT AN SENIORENWOHNUNGEN

  • Zwar ist Mittelmeiderich auch für junge Familien attraktiv, doch Peter Dahmen vom Meidericher Bürgerverein lobt besonders das „Wahnsinnsangebot an Seniorenwohnungen“ (Senioren: 3,16) und verweist auf das Ev. Christophpruswerk mit Altenheimen und betreutem Wohnen.
  • Indes bekräftigt Dieter Lesemann vom Autorenkreis Hahnenfeder seinen Appell, dass die Menschen in Meiderich sich alle als Meidericher sehen und als solche zusammenarbeiten sollen . Derzeit sei die Trennung in die drei Ortsteile Ober-, Mittel- und Untermeiderich noch zementiert. Diese gehe auf das Mittelalter zurück.