Duisburg. Ein Jahr neuer Nahverkehrsplan: Warum der Sprecher von Pro Bahn NRW einige Verbesserungen kritisiert und was er von der Stadt Duisburg fordert.
Der große stadtweite Ärger über den neuen Duisburger Nahverkehrsplan hat Lothar Ebbers nicht überrascht. Bereits vor Inkrafttreten vor rund einem Jahr hatte der Sprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn NRW von großen handwerklichen Fehlern gesprochen. Und auch einige der kurzfristig umgesetzten Verbesserungen kritisiert Ebbers in aller Deutlichkeit. Er hält einzelne von der Politik beschlossenen Maßnahmen „angesichts der überschaubaren Effekte“ für unverhältnismäßig teuer.
Auch interessant
Der ÖPNV-Experte nennt als Beispiel die Linie 917. Dort fahren die Busse seit 12. August nach der Haltestelle Baustraße wieder über den alten Weg zum Bahnhof Meiderich, um Untermeiderich besser an die Meidericher Einkaufsstraße anzubinden. Aufgrund der hohen Kosten von von jährlich 390.000 Euro und 150.000 Euro für 2020 „hätte man dann aber lieber gleich die ganze Linie anpacken sollen“, so Ebbers.
Pro Bahn zum Duisburger Nahverkehrsplan: Große Veränderungen sind nie richtig begründet worden
Er ist außerdem der Meinung, dass vielfach „fünf Löcher gestopft und gleichzeitig zehn neue aufgerissen worden sind“. Es werde zu oft zu kurz gedacht. So sei der Nahverkehrsplan auch deshalb an vielen Stellen unwirtschaftlich.
Grundsätzlich sei es mit Blick auf geringere Fahrgastzahlen wegen Corona schon seit Monaten schwierig mit Vergleichen zum alten Nahverkehrsplan. Allerdings seien große Veränderungen nie richtig begründet worden. Und eine vernünftige Bürgerbeteiligung habe es ebenfalls nicht gegeben.
Viele Linienwege etwa im Duisburger Süden gehören für ihn auf den Prüfstand – ebenso wie die aus seiner Sicht schlechten Ost-West-Verbindungen im Duisburger Norden. „Gleichzeitig werden Ressourcen verschwendet, die anderswo dringend gebraucht würden“, so Ebbers. So gebe es im Duisburger Westen einen Konkurrenzkampf mit der NIAG und dadurch ein Parallel- beziehungsweise Überangebot auf manchen Linien.
Stadt Duisburg reagiert auf die Kritik von Pro Bahn
Die Stadt reagiert auf Nachfrage der Redaktion auf die teils heftige Kritik des Pro-Bahn-Sprechers. „Wir haben mit den aktuell zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen und dem derzeitigen Nahverkehrsplan das Angebot deutlich verbessert“, so Stadtsprecher Malte Werning. „Natürlich gibt es aber immer noch Verbesserungspotenzial, und Lothar Ebbers liegt mit seinen Kritikpunkten nicht grundsätzlich falsch.“
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Derzeit werden laut Werning neue Konzepte für die Bezirke erarbeitet. Und dabei werde zum Beispiel auch die von Ebbers angesprochene Linie 917 komplett überarbeitet. „Aber schon seit diesem Sommer fährt die Linie wieder die Haltestelle Biesenstraße an, womit ein großer Kritikpunkt zunächst übergangshalber gelöst werden konnte“, so der Stadtsprecher. Darüber hinaus werde das von Ebbers monierte Überangebot in Homberg bei der Erarbeitung der neuen Konzepte „kritisch hinterfragt“.
Auch interessant
Werning äußert sich auch zu den nach Meinung des ÖPNV-Experten schlechten Ost-West-Verbindungen im Duisburger Norden: „Es wurde im aktuellen Nahverkehrsplan eine Anbindung des Bahn-Haltepunkts Oberhausen-Holten geschaffen. Allerdings rechtfertigen die analysierten Fahrgastzahlen keine weitere Ausweitung der Linien in Richtung Oberhausen.“
„Ein guter öffentlicher Nahverkehr ist grundsätzlich nicht wirtschaftlich zu betreiben“
Dass Ebbers den neuen Nahverkehrsplan an vielen Stellen für „unwirtschaftlich“ hält, sorgt bei der Stadt für Kopfschütteln: „Ein guter öffentlicher Nahverkehr ist grundsätzlich nicht wirtschaftlich zu betreiben“, so Werning. „Die Stadt hält das ÖPNV-Angebot als Teil ihrer Daseinsvorsorge für die gesamte Stadtbevölkerung vor. Würde man den ÖPNV in Duisburg tatsächlich nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten betreiben, hätte das zur Folge, dass weite Teile der Bevölkerung vom Nahverkehr abgehängt wären. Das kann nicht unser Ziel sein.“
Er betont: „Wir arbeiten vielmehr daran, den ÖPNV kontinuierlich zu verbessern, um die Verkehrswende weiter voranzutreiben.“