Duisburg-Untermeiderich. Untermeiderich hat beim Stadtteil-Check die schlechtesten Noten von ganz Duisburg-Meiderich erhalten. Ein Bürgerverein sucht nach Erklärungen.

Die Menschen aus Untermeiderich wohnen gerne dort, doch sie nehmen auch kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, Probleme anzusprechen. So zumindest erklären sich für die Bürgerinteressengemeinschaft Meiderich-Berg die vielen miesen Noten beim Stadtteil-Check. Dabei kam nur ein Durchschnitt von Ausreichend (4,04) heraus – das Schlusslicht in ganz Meiderich.

Ganz so schlecht ist es hier nicht, vieles wird einfach übersehen“, betont Barbara Gössel auf der Vorstandssitzung, auf der die Ergebnisse diskutiert werden. So führt sie das viele schöne Grün in Untermeiderich an, und ihr Vorsitzender Günther Boekhorst lobt die schnelle Verbindung per Autobahn zum Hauptbahnhof und zum Düsseldorfer Flughafen.

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Große Freude über wiederbelebte Bushaltestellen

Über eine verbesserte Busstrecke freuen sich die Menschen aber besonders: Seit 12. August fährt die Linie 917 wieder die Biesenstraße und das Kaiser-Wilhelm-Krankenhaus an. Die Stadt Duisburg hatte diese Haltestellen im Herbst gestrichen und heftige Proteste ausgelöst. Denn dorthin, nach Mittelmeiderich, müssen etwa Senioren, um Fachärzte zu besuchen. So sei die Nahverkehrsnote 4,14 noch Protest gegen den damals geltenden Fahrplan.

Ladensterben hat Untermeiderich viele Fachgeschäfte gekostet

Wer schon lange in Untermeiderich lebe, so die 68-jährige Barbara Gössel, der habe aber den Verfall des Stadtteils miterlebt, darunter das Ladensterben (Einkaufen: 3,84). Die frühere Einkaufsmeile entlang der Horststraße habe früher alles gehabt, Metzger, Bäcker, ein Schreibwarengeschäft und einen Mischwarenladen.

„Jetzt gibt’s dort keine Fachgeschäfte mehr, nur noch eine Trinkhalle, eine Spielhalle, einen Herrenfriseur, eine Teestube und eine Thai-Masseuse“, sagt der 87-jährige Boekhorst. Lebensmittel kaufen die Untermeidericher beim Netto oder beim türkischen Supermarkt. Künftig würden sich aber auch keine neuen Fachgeschäfte mehr ansiedeln, ist der Vorsitzende überzeugt: „Hier fehlen die Parkplätze, deshalb hätten Kaufleute gar keine Chance.“ (Parkplätze: 3,88)

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Wilde Müllkippen sind ein großes Problem im Stadtteil

Geradezu wütend machen einige Vorstandsmitglieder aber die vielen wilden Müllkippen. „Hunde kacken auf die Straße, und keiner macht’s weg, und der Müll wird einfach irgendwo hingeschmissen“, ärgert sich Gössel und macht die Autobahnabfahrt als Hauptschandfleck aus. Selbst das Aushängeschild des Stadtteils, der Spichernplatz, ist voller Abfall. So liegen mehrere Müllsäcke und leere Pizzakartons in einer Baumscheibe, und leere Eierkartons, Verpackungen und Lebensmittel stecken hinter einem Stromkasten.

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„Solange der Spichernplatz so schäbig ist, sind hier keine Stadtteilfeste möglich“, betont Vorstandsmitglied Pascal Judt, der seit Jahren eine Aufwertung des Platzes und dessen Pavillons fordert, als 21-Jähriger aber nicht darauf angewiesen ist. „Ich bin mobil, ich brauche nicht viele Angebote vor der Haustüre.“

Der Verlust der beiden Kirchen ist immer noch spürbar

Bei Kindern, Jugendlichen und Senioren sehe das anders aus, ergänzt Günther Boekhorst. Und: „Man spürt auch heute noch den Verlust der beiden Kirchen.“ Diese hätten früher besonders viel für Jugendliche organisiert. Ohnehin ziehen gerade junge Menschen und junge Familien weg, weiß Pascal Judt, der sich eine bessere Gemeinschaft (4,16) in seiner Heimat wünscht und sich deshalb auch vor Ort engagiert. Doch es fehlen Treffpunkte wie ein Bürgerhaus. Zwar gebe es die Gaststätte Stapelmann, doch als junger Mann suche man Gleichaltrige dort vergebens.

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„Wir haben viel angestoßen in den letzten Jahrzehnten, aber die Leute sind sehr träge“, betont Gössel und erinnert sich an zahlreiche Sommerfeste, Adventscafés und Diskussionsabende. Zudem denkt die 68-Jährige an viele Feten zurück, die sie vor gut drei, vier Jahrzehnten gerne feierte und anschließend nachts nach Hause lief. „Damals habe ich mir keinen Kopf gemacht, aber heute bin ich vorsichtiger geworden.“ Angst habe sie keine, doch das Sicherheitsgefühl (4,54) habe nachgelassen – und viele Untermeidericher würden sich deshalb mehr Polizeipräsenz wünschen.

„Untermeiderich verdient eine bessere Gesamtnote“

„Untermeiderich verdient eine bessere Gesamtnote“, lautet das Fazit von Günther Boekhorst, und der gesamte Vorstand stimmt zu. Nicht zuletzt wegen der vielen offenen und herzlichen Menschen im Stadtteil habe man dort ein schönes Leben.

>> MEIDERICHER SCHLUSSLICHT

  • Untermeiderich liegt mit dem Durchschnittswert 4,04 hinter Obermeiderich (3,64) und Mittelmeiderich (3,47). Tatsächlich fühlen sich laut der Bürgerinteressengemeinschaft (BIG) Meiderich-Berg viele Untermeidericher vergessen.
  • Die anderen Stadtteile von Meiderich, aber auch der Nachbar Laar, haben demnach eine viel stärke Lobby.