Duisburg-Meiderich. Im Landschaftspark Nord genossen am Samstag einige das herrliche Wetter. Restaurant, Kiosk, Jugendherberge und Tauchgasometer geschlossen.
Laue Lüfte, milde Temperaturen, blauer Himmel. Am Samstag versuchten viele Duisburger, für ein Stündchen im Park dem Stay-home-Gebot zu entfliehen. Manche hatten dabei durchaus ein schlechtes Gewissen, aber durch die intensive Sonneneinstrahlung fiel es zunehmend schwer, die Welt weiter grau in grau zu sehen. Plötzlich gewann so mancher der Lage eine positive Seite ab.
Für Mario Nows, der mit seinen Kollegen im Landschaftspark Nord für die Sicherheit sorgt, ist es im Moment der Zustand der Toilettenanlagen, der ihm Grund zur Freude bietet. „Sonst haben wir gerade auf den stillen Örtchen im Parkbereich öfter Ärger mit Vandalismus. Leute die ganze Klopapierrollen in die Toiletten stopfen und sowas. Aber im Moment hat das ganz aufgehört“, berichtet er. Warum das so ist, kann er auch nicht richtig erklären, es sind ja durchaus Besucher im Park, aber noch nicht mal das Toilettenpapier werde geklaut.
Das Restaurant im Hauptschalthaus, der Kiosk, die Jugendherberge und der Tauchgasometer bleiben geschlossen. „Hat denn wenigstens der Hochseilparcours auf?“ fragt ein Junge hoffnungsvoll. Die Kollegen Marcel Siebert und Mario Nows schütteln bedauernd die Köpfe. Der Junge tritt in die Pedale seines Mountainbikes, um seinen Vater einzuholen, Fahrradtour ist bei dem Wetter ja auch nicht schlecht. Allgemein ist Siebert sehr zufrieden mit der Disziplin der Besucher, die paarweise über die Kieswege schlendern oder auf einer der vielen Bänke in der Sonne sitzen.
Renitente Griller in größeren Familienverbänden
„Gut, ein paar Querschläger gibt es immer“, sagt er und denkt dabei vor allem an renitente Griller in größeren Familienverbänden, die sich weigern, das Kontaktverbot persönlich zu nehmen und für Vernunftargumente schwer zugänglich sind. „Wir haben ja hier im Landschaftspark viel Platz, da ist es nicht so schwer, Abstand voneinander zu halten, wenn man denn will“, fasst Siebert zusammen, der stolz ist „auf die schönste Großstadtoase Deutschlands“. Wenn vier Jugendliche auf einmal vorbeispazieren, spricht er sie an und lässt sich die Personalausweise zeigen. Und wenn die Vier sich tatsächlich als Geschwister herausstellen, gönnt er ihnen lächelnd den kleinen Triumpf über die parkinterne Ordnungsmacht.
Die feststehenden Tische beim Kiosk stehen schon immer im Sicherheitsabstand von zwei Metern. Da haben sich Steffi und Daniel mit ihrer Hündin Mimi niedergelassen. Mimi liegt in der Sonne und guckt bloß träge hoch, wenn im Gespräch ihr Name fällt. Ihre Menschen haben sich die Getränke heute von zuhause mitgebracht, die sie sonst am Kiosk kaufen würden.
„Mir fällt zuhause aber noch nicht die Decke auf den Kopf. Ich sehe ja ein, dass die Maßnahmen nötig sind, dann muss man da eben durch“, findet Steffi ganz pragmatisch. Ihr Partner, der auf seiner Arbeitsstelle immer noch viele fremde Menschen trifft, kann nicht ganz einsehen, warum er beruflich Risiken eingehen soll, die ihm privat verboten sind. „Raus müssen wir ja sowieso wegen Mimi“, sagen sie beide, „da bietet sich für Meidericher der Landschaftspark an.“
Mit Handschuhen und Mundschutz an der frischen Luft unterwegs
Raus trauen sich sogar einige ältere Damen in Zweiergruppen, die meisten allerdings mit Handschuhen und Mundschutz. „Nur sitzen und aus dem Fenster starren geht nicht, da rosten die alten Knochen zu schnell ein“, sagen beide. Ihren Namen wollen sie lieber für sich behalten. Die zwei Freundinnen sind sich der Ansteckungsgefahr durchaus bewusst, aber sie versichern, dass sie sehr vorsichtig sind. „Die meisten Menschen nehmen jetzt auch richtig viel Rücksicht auf uns Alte neuerdings“, freuen sie sich, „im Supermarkt hat der Kassierer meinen ganzen Einkauf in die Tüte gepackt, damit ich nicht so viel anfassen muss und an der Ampel rücken die jungen Leute von sich aus beiseite.“
Die Familien mit den allerjüngsten Leuten im Schlepptau können ihre Kleinen im Park endlich von der Hand lassen. Wenn der Spielplatz, die Rutsche und die Sandbunker auch mit rot-weißem Flatterband abgesperrt sind, so entgeht man dem drohenden Lagerkoller auch dann zuverlässig, wenn man in der Sonne eine Weile nach Herzenslust auf einer großen, grünen Wiese herumkullern kann.
>>> Im Meidericher Stadtpark ist es schön ruhig:
Der 18 Monate alte Milan kann sein Glück kaum fassen. Endlich Sand! Sofort lässt er sich auf den Popo fallen und buddelt begeistert los. Seine Mama Kim hat kein Sandspielzeug dabei, ihr ist die ganze Sache sowieso nicht geheuer. „Ich will nix Verbotenes machen“, sagt sie unsicher, „aber hier ist ja nichts abgesperrt und außer uns ist keine andere Familie in der Nähe.“ Stimmt, der kleine Spielplatz im Meidericher Stadtpark mit Sand, Häuschen und Klettergerüst für die ganz Kleinen ist trotz Spielplatzschließung ganz offen zugänglich. Das hat Milans Familie nicht gewusst, bevor sie in den Stadtpark kamen. Nur der große Wasserspielplatz und das hohe Klettergerüst sind mit einem stabilen Bauzaun umgeben und gegen Zutritt gesichert. Milan darf unter den wachsamen Augen seiner Eltern noch ein bisschen weiter im Sand seine Freiheit genießen, im Moment ist jeder ruhige Augenblick kostbar. „Zuhause wird man allmählich bekloppt“, sagt seine Mutter, die drei Kinder zu versorgen hat.
Neben dem Stadtpark stehen die Güterwaggons unverrichteter Dinge still auf den Gleisen, man hört die nahe Autobahn lauter als sonst, weil man sonst nicht viel hört. Kein Minigolf, kein Biergarten. Die Jongleurin unter den alten Bäumen kommt ohne Lärm aus, sie übt mit zwei Bolas, die lautlos gegenläufig durch die Luft sausen. Die wenigen Spaziergänger gehen still ihrer Wege. Die Einzelgänger sitzen verträumt unter einem Baum und lehnen ihren Rücken an den Stamm. Das einzige Geräusch macht der Radfahrer, der es schafft, gleichzeitig zu fahren und dabei seinen Basketball neben sich her zu dribbeln.
„Schön ruhig nicht wahr?“ findet eine Hundehalterin, die hier im Stadtpark drei Mal am Tag ihre Minihunde Timmy und Meike ausführt. „Ganz ehrlich? Ich genieße die Ausgangsbeschränkung sogar ein wenig“, sagt sie mit einem Lächeln, „Timmy ist leider ein ziemlicher Kläffer. Und jetzt, wo so viel weniger Bell-Anlässe, wie grillende Familien, Ballspieler und auch andere Hunde im Park sind als sonst, da sind unsere Runden richtig friedlich und stressfrei geworden.“