Bottrop. Nicht nur Bottrops CDU sieht den Einsatz des Rathaus-Chefs für das Orientzentrum skeptisch. Was Ratsleute nach dem Scheitern erwarten.

Die Kehrtwende bei den Zukunftsplänen für das leerstehende Hansa-Center war für maßgebliche Ratsleute absehbar. Die Skepsis unter den Ratsparteien war schon bei der Präsentation der ersten Pläne für den Ausbau des Orient-Centers in dem früheren Einkaufszentrum groß. Das funktioniere in Bottrop nicht, hieß es immer wieder. Solche Bedenken schlugen die Projektentwickler aber lange in den Wind.

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Nun wünscht sich SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Buschfeld daher: „Ich will vor allem, dass unsere Ratschläge gehört werden.“ Für den über viele Jahre immer wieder gescheiterten Neuaufbau des Hansa-Centers gelte grundsätzlich dasselbe wie für die Bottroper Innenstadt insgesamt. „Für zwanzigtausend Quadratmeter neue Ladenflächen gibt es schlicht und einfach keinen Bedarf“, sagte der Ratsherr.

„Für 20.000 Quadratmeter Ladenflächen ist kein Bedarf“

Für die Grünen bat Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda nach dem WAZ-Bericht über den Wandel bei den Hansa-Center-Plänen das Amt für Wirtschaftsförderung gebeten, dem Rat alle Informationen bereitzustellen, die der Verwaltung dazu vorliegen. „Die Debatten um das konkrete Merhaba-Konzept wurden intensiv geführt und warfen von Anfang an viele Fragen auf“, meint auch sie. Dennoch sei es wichtig, dass eine Planung für das ehemalige Hansazentrum weitergeführt werde.

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„Jetzt ist die alles entscheidende Frage: nicht ob, sondern wie es weitergeht“, betonte die Ratsfrau. Sie rät zu einem intensiveren Austausch über die künftigen Pläne mit den Bürgern und Bürgerinnen als bisher; und auch mit den Politikerinnen und Politikern. „Ich möchte nicht mehr Zaungast sein!“, betont Andrea Swoboda.

CDU zum Bottroper Hansa-Center: „Es hat da ja absolut gar nichts funktioniert“

CDU-Vertreter sehen sich durch die Neuausrichtung bestätigt, war die Union doch so ziemlich die erste Ratspartei, die sich sachlich klar gegen das Orientzentrum großen Stils positioniert hatte. „Gott sei Dank“, kommentiert Fraktionsvorsitzender Herrmann Hirschfelder daher das Aus für die radikalen Pläne. „Ich sehe das nicht mit tränenden Augen“, sagte der Ratsherr, „aber so richtig froh kann man ja auch wieder nicht sein, weil das bedeutet ja, dass erst einmal wieder nichts passiert.“

Das Bauknecht-Quartier am Gleiwitzer Platz in Bottrop gilt als Beispiel dafür, dass Bauprojekte auch gelingen.
Das Bauknecht-Quartier am Gleiwitzer Platz in Bottrop gilt als Beispiel dafür, dass Bauprojekte auch gelingen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Der CDU-Fraktionschef kritisiert deshalb auch Oberbürgermeister Bernd Tischler. „Wir konnten nie nachvollziehen, warum er dem Merhaba so vehement das Wort geredet hat“, sagte Hirschfelder; bis hinein in die Karnevalszeit, in der Tischler im Sultanskostüm aufgetreten sei. Für die Zukunft des alten Hansa-Zentrums mag Hirschfelder keine Prognose mehr abgeben. „Es hat da ja absolut gar nichts funktioniert“, sagte er. Für die Stadt sei aber alles sinnvoller, als an einem Einkaufszentrum festzuhalten.

„Das Hansacenter-Gebäude gehört jemand anderen“

Als Vorsitzender des Wirtschaftsfördungsausschusses rät Hirschfelder, den Blick auf die Innenstadt insgesamt zu richten. „Wir brauchen auch eine Veränderung in der Bevölkerungsstruktur“, sagte der CDU-Ratsherr und wies darauf hin, dass vor allem in der südlichen Innenstadt viele Menschen in prekären Verhältnissen leben und ihr Anteil weiter zunehme.

Die Lage in der Bottroper Innenstadt sei „ausgesprochen schwierig“; auch wenn andere Projekte wie das neue Bauknecht-Quartier im früheren RAG-Gebäude ja durchaus gelingen. Mit Blick auf das Hansacenter machte Hirschfelder aber auch klar: „Das Gebäude gehört jemand anderen.“ Die Eigentümer wollen ihre geänderten Pläne nach Pfingsten präsentieren, haben inzwischen aber mitgeteilt, dass sich das Konzept eher mediterran statt orientalisch ausrichten werde.

Ratsparteien wollen besser informiert werden

SPD-Fraktionschef Matthias Buschfeld sagt daher auch schon: „Ich habe die Erwartungshaltung, dass wir von den Hauptgläubigern und Projektentwicklern zukünftig besser über die aktuellen Zustände und die Ideen informiert werden.“ Er wies darauf hin, dass sich die SPD mit eigenen konzeptionellen Vorschlägen in die laufende Innenstadt-Debatte eingebracht habe.

„Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir in Zukunft unsere Innenstadt nutzen wollen“, sagte Buschfeld. Er riet dazu, junge Familien für die City als Wohnort zu gewinnen. In anderen Stadtteilen sei der Wandel so auch gelungen. Buschfeld rät, außer Sozialwohnungen auch hochwertigen neuen Wohnraum in der Innenstadt zu schaffen und verwies auf erfolgreiche und teils geplante Wohnbauprojekte, für die Namen stehen wie Ricardo Boksteen und Oliver Helmke.

Scharfe Kritik an Bottrops OB Bernd Tischler

Kritik an OB Tischler kommt auch von den Bottroper Sozialisten. „Die Innenstadt braucht eine Reihe von Neuerungen. Dass so etwas wie eine Goldmeile, Luxus-Autos oder hochpreisige Hochzeitsausstattungen nicht dazu gehören, haben wir vom ersten Bekanntwerden der Planungen an klargestellt ”, sagt deren Ratsherr Sven Hermens. Er halte es für richtig, dass dieses Konzept nicht mehr umgesetzt werden soll.

Die große Mehrheit im Bottroper Rat habe Zweifel daran geäußert, dass die Merhaba-Pläne glaubwürdig seien. Dass der Oberbürgermeister dennoch dafür warb, sei realitätsfremd und naiv gewesen. „Tischler hat ohne erkennbare Gründe lieber die Märchen suspekter Investoren nach außen verbreitet, statt sich hinter die berechtigte Kritik seines Stadtrates zu stellen“, meint Sven Hermens, und er betont: „Diese Chance hat Bernd Tischler leider versäumt und hinterlässt stattdessen Zweifel an seinem Urteilsvermögen”.