Bottrop. Der Großteil der Bottroper Politik blickt mit Skepsis auf die Pläne für das Hansa-Center. Den Ratsfraktionen sind aber die Hände gebunden.
Es herrscht Einigkeit über fast alle Ratsmitglieder hinweg: Die Bottroper Politik begegnet den Plänen des Investors SI&AM, das Hansa-Center in ein orientalisch ausgerichtetes Zentrum umzuwandeln, mit Skepsis. Eingriffsmöglichkeiten haben die Kommunalpolitiker allerdings nicht.
„Wir haben eine ganze Reihe von Bedenken“, sagt CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder. „Wir sind nicht begeistert.“ Die Interessen der Bottroper Bevölkerung würden bei den Plänen der Investoren keine Rolle spielen. Das Konzept des „Merhaba im Hansa-Center“ habe den Fokus auf eine bestimmte Zielgruppe, die aus dem Ruhrgebiet und ganz NRW anreisen soll. „Damit ist unser Innenstadt-Problem nicht gelöst, im Gegenteil“, so Hirschfelder. Er bezweifelt, dass die Besucher des orientalischen Einkaufszentrums auch andere Teile der Innenstadt beleben würden, dass Kunden ihren Einkauf beispielsweise auf der Poststraße fortsetzen.
Merhaba im Hansa-Center: „Wir wollen kein Marxloh 2.0“
Auch bei der SPD stößt das Konzept auf Skepsis. Oberbürgermeister Bernd Tischler hatte sich am Dienstag schon eher zurückhaltend geäußert, auch der Fraktionsvorsitzende Thomas Göddertz hält die Zielgruppe für zu eng, wenngleich „wir uns über das Interesse an der Entwicklung der Immobilie freuen“.
Er bezweifelt allerdings, dass das Angebot interessant ist für die Bottroper Bevölkerung, er hofft auf die Einsicht der Investoren, mehr für die Bottroper zu tun. „Wir wollen kein Marxloh 2.0“, so der Fraktionschef und Landtagsabgeordnete.
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Auch die AfD warnt vor Verhältnissen wie in Marxloh, die ein „Sinnbild für gescheiterte Integration und Förderung von Parallelgesellschaften“ seien. Die Wiederbelebung, so Fraktionschef Patrick Engels, sei zwar begrüßenswert. Vorbehalte habe die AfD aber, weil Kunden und Besucher aus dem muslimischen und orientalischem Raum angezogen werden sollen. „Dies könnte nicht nur deutschstämmiges Klientel verschrecken, sondern auch ausländische Mitbürger in Bottrop, welche keinen muslimischen oder islamischen Hintergrund haben.“
Hochzeitssaal im Hansa-Center: Sind Großveranstaltungen zumutbar?
Die FDP äußert wie die SPD Bedenken, ob das Konzept „hinreichend Angebote für die breite Masse der Bevölkerung“ bietet. Sorge bereite den Liberalen vor allem die geplante Veranstaltungshalle im Obergeschoss für 500 bis 600 Besucher. „Wir dürfen nicht vergessen, dass auch im Innenstadtkern Menschen wohnen. Inwieweit regelmäßig stattfindende Großveranstaltungen und Partys diesen Bürgerinnen und Bürgern zumutbar und von Rechts wegen überhaupt zulässig sind, muss die Verwaltung umgehend klären“, mahnt FDP-Ratsherr Andreas Mersch.
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Unterdessen spricht die Linke von einer „Finanz-Heuschrecke“, die „möglichst viel von den zig Millionen Euro“ retten wolle, die sie „bei ihren Spekulationsgeschäften mit der insolventen Fakt AG in den Sand gesetzt hat“. Die Linke sieht die Zielgruppenfokussierung als zu spitz an. „Wir brauchen eine breitgefächerte, vielfältige, im besten Sinne diverse Aufstellung unseres Stadtzentrums“, so Linken-Ratsherr Nils-Holger Schmidt.
Bottroper Grüne: „Die orientalische Ausrichtung begrenzt die Vielfalt“
Die Grünen hingegen sehen in der „Planungsabsicht für die desaströse Bauruine“ einen „guten Anfang“. Auch die Einbindung der „Vielfalt der Menschen“ in ein Konzept halten sie grundsätzlich für „eine gute Prämisse“. „Doch die ,orientalische’ Ausrichtung begrenzt die Vielfalt doch sehr. Und Vielfalt kennt keine Grenzen“, so Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda, die dafür plädiert, die Chance positiv zu ergreifen und die Pläne gemeinsam mit dem Investor zu entwickeln.
„Ich verstehe die Unruhe, die da hochkocht“, sagt zu dem Thema ÖDP-Ratsherr Markus Stamm. „Wir haben das Konzept aber positiv aufgenommen.“ Das Hansa-Center sei nur zu retten, wenn man eine Idee hat, die hervorsticht. „Wie erfolgreich das sein kann, müssen die Investoren klären.“