Bottrop. Seit Januar 2023 ist das neue Wohngeld-Plus-Gesetz in Kraft. Was seitdem in Bottrop gut funktioniert und wo es Verbesserungen geben muss.

Die Stadt Bottrop hat im Jahr 2023 circa 10,4 Millionen Euro an Wohngeld ausgezahlt. Das teilte die Verwaltung während eines Besuchs von Ina Scharrenbach (CDU), NRW-Ministerin für Kommunales, mit. Seit Januar 2023 ist das neue Wohngeld-Plus-Gesetz in Kraft.

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Die gute Nachricht: Der städtische Schuldenhaushalt wird mit den 10,4 Millionen Euro inklusive Heizkostenzuschuss nicht belastet. Das Wohngeld ist ein von Bund und Land jeweils zur Hälfte getragener Zuschuss zu den Wohnkosten. Zum Vergleich: Vor der Reform zahlte die Stadt stellvertretend „nur“ 4,3 Millionen Euro an Berechtigte aus.

Und nicht nur die ausgezahlte Summe ist gestiegen. In den Jahren zuvor kümmerte sich das Team der städtischen Wohngeldstelle im Schnitt um 1300 Haushalte. Seit einem Jahr beziehen knapp 2700 Haushalte Wohngeld. Damals kümmerten sich drei Mitarbeiter um die Anträge, seit der Gesetzesreform sind es sechs. Die Anzahl an Wohngeldberechnungen belaufen sich nun auf circa 7100, vorher waren es 3500.

Laut Monika Heisterklaus, Leiterin des Bürgerbüros, haben drei des sechsköpfigen Teams befristete Arbeitsverträge. Trotz einer leeren Stadtkasse und infolgedessen eines Personalabbaus in der Verwaltung zur Haushaltskonsolidierung wird in der Wohngeldstelle kein Personal eingespart. „An diesen Bereich gehen wir nicht ran“, sagte Oberbürgermeister Bernd Tischler beim Termin mit Ina Scharrenbach. Man wolle diesen hohen Standard dort beibehalten. Tischler betonte aber: „Es ist ein Kraftakt für uns.“

Ina Scharrenbach (CDU, links), NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, besuchte die Wohngeldstelle der Stadt Bottrop. Im Januar 2023 wurde die Reform „Wohngeld-Plus“ eingeführt. Die Ministerin wollte sich informieren, welche Erfahrungen man seitdem in Bottrop gemacht hat.
Ina Scharrenbach (CDU, links), NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, besuchte die Wohngeldstelle der Stadt Bottrop. Im Januar 2023 wurde die Reform „Wohngeld-Plus“ eingeführt. Die Ministerin wollte sich informieren, welche Erfahrungen man seitdem in Bottrop gemacht hat. © Stadt Bottrop | Stadt Bottrop

„Uns war hier in Bottrop wichtig, dass wir den Menschen in der Stadt zügig und unkompliziert helfen können. Deshalb haben wir die Zahl der Mitarbeitenden von drei auf sechs verdoppelt“, sagte der Oberbürgermeister. Die Personalkosten dafür belaufen sich für 2023 auf 333.000 Euro. „Da hoffen wir hinsichtlich der gestiegenen Personalkosten auf Unterstützung vom Bund“, so Tischler.

So lange wartet man in der Wohngeldstelle in Bottrop

Ein Hauptgrund für das Festhalten an die Mitarbeiter sind sicherlich auch die guten Nachrichten, die die städtische Wohngeldstelle der NRW-Ministerin nach einem Jahr „Wohngeld-Reform“ mitteilte. So soll es keine Rückstände von Anträgen geben. Die Wartezeit liege im Durchschnitt bei unter zehn Minuten.

Laut Stadtverwaltung punktet man darüber hinaus damit, dass „bei der Formulierung der Bescheide und Informationen (...) darauf geachtet wird, dass sie bürgerorientiert und verständlich sind. So kommt es zu weniger Rückfragen. Besonders hervorzuheben ist, dass die Antragstellerinnen und Antragsteller bei vollständigen Unterlagen noch im gleichen Monat eine Zahlung bekommen haben.“ Durch den engen Austausch mit dem Jobcenter und dem Sozialamt würden Zahlungslücken vermieden.

Wohngeldstelle ist seit 1999 am Bürgerbüro angesiedelt

Im Gegensatz zu anderen Kommunen ist die Bottroper Wohngeldstelle, nicht etwa beim Sozialamt, sondern am Bürgerbüro angesiedelt – und das schon seit 1999. Monika Heisterklaus sieht Vorteile darin, weil das Bürgerbüro bekannt ist und auch wegen anderer Angelegenheiten aufgesucht werden kann. Denn wer eigentlich zur Wohngeldstelle möchte, das aber nicht öffentlich zugeben will, kann notfalls behaupten, dass er zum Bürgerbüro geht.

Der Zugang zur Wohngeldstelle sei zudem leicht zu erreichen, meinte Monika Heisterklaus. Außerdem: Die Öffnungszeiten sind identisch mit denen des Bürgerbüros (s. unten). „Man kann ohne Termin kommen“, ergänzte Thorsten Ballhorn, Sachgebietsleiter für Wohngeld.

Neue Wohngeld-Reform: Die Antragszahlen sind gestiegen

Und doch: Häufig vermeiden noch immer potenziell Berechtigte den Weg zur Wohngeldstelle – zum Beispiel aus Scham, wie Monika Heisterklaus mitteilte.

Über zu wenig Arbeit kann man trotzdem nicht klagen. Mit der Einführung der Reform „Wohngeld-Plus“ sind die Antragszahlen gestiegen. Thorsten Ballhorn versuchte, die Gründe dafür zu erklären: „Die Preise für Energie und Miete sind gestiegen.“ Dasselbe gilt auch für den Anreiz einer Antragstellung. „Das Wohngeld ist erhöht worden.“ Im Schnitt um 190 Euro.

Wer alles Wohngeld in Bottrop beantragt und bezieht

Seit Januar 2023 steigen die Fallzahlen an Wohngeld-Haushalten Monat für Monat leicht aber kontinuierlich an. 2700 Haushalte sind bis jetzt die Spitze. Heisterklaus und Ballhorn glauben nicht, dass es demnächst weniger werden.

Früher bezogen unter anderem Rentnerinnen und Rentner in Bottrop den Wohnzuschuss. Spätestens mit der Reform sieht die Sache anders aus. „Mittlerweile ist es die ganze Bandbreite der Gesellschaft“, sagte Thorsten Ballhorn.

Bottrop wird von NRW-Ministerin Ina Scharrenbach für die Wohngeldstelle gelobt. Im Gespräch mit ihr werden dennoch die Probleme klar angesprochen. Zum Hintergrund: Am 25. November 2022 hat der Bundesrat dem vom Bundestag beschlossenen Wohngeld-Plus-Gesetz zugestimmt, das Inkrafttreten erfolgt bereits am 1. Januar 2023.

„Wird der Wohngeldrechner des Landes genutzt?“, möchte Ina Scharrenbach wissen. Angesichts der Gespräche mit Bürgern fällt die Antwort von Monika Heisterklaus eindeutig aus. „Zu wenig“, sagte sie. „Zu kompliziert?“, fragte Scharrenbach nach. „Ja“, entgegnete Thorsten Ballhorn prompt. Der zentrale Wohngeldrechner, der für alle Kommunen gilt, soll übersichtlicher gestaltet werden. Diesen Wunsch nimmt die Ministerin mit aus Bottrop.

Und Scharrenbach machte sich weitere Notizen. Auch die Antragsformulare kommen bei Antragstellern und Mitarbeitern der Wohngeldstelle nicht gut weg. „Vorher hatten wir vier Seiten, doppelseitig bedruckt“, erklärte Ballhorn. „Jetzt sind es elf Seiten, doppelseitig bedruckt.“ Ballhorn weiter: „Und das alles in kleinster Schrift, grauschwarz gedruckt.“

Kritik: Formulare sind „zu umfangreich“ und „kompliziert“

Zweidrittel der Anträge würden die Bürgerinnen und Bürger in Bottrop nicht korrekt ausfüllen. Dennoch würden sich die Mitarbeiter der Wohngeldstelle die Zeit nehmen und helfen, wenn nötig. Als „zu umfangreich“ und „kompliziert“, werden die Anträge von den Bürgern empfunden. Diese zeitfressende Arbeit eines falsch ausgefüllten Antrags könnte man „erheblich minimieren, wenn man die Anträge anders gestaltet“, so Thorsten Ballhorn.

Der Sachgebietsleiter berichtete gegenüber der Ministerin von einer „massiven und extremen Belastung“ für die Mitarbeiter, die mit der Wohngeld-Reform einhergeht. Man müsse sich in den unterschiedlichsten Feldern auskennen, von Steuerrecht für Selbstständige über Rechtslagen bei Alleinerziehenden bis hin zu Fragen des Bafög. „Der Beratungsaufwand ist enorm geworden“, sagte Ballhorn.

Die Öffnungszeiten der Wohngeldstelle im Rathaus: Montag und Dienstag (8 bis 16 Uhr), Mittwoch und Freitag (8 bis 13 Uhr) und Donnerstag von 8 bis 18 Uhr. Der Besuch ist ohne Termin möglich.