Bottrop. Das Projekt „Angekommen in“ zeigt Video-Interviews. Die Geschichten erzählen von Rassismus, fehlender Integration und Liebe zu Deutschland.
Migration ist eines der beherrschenden Themen unserer Zeit. Es ist aber kein neues Thema. Die Bergbaustadt Bottrop war lange ein Ziel für Gastarbeiter, Flüchtlinge, Vertriebene oder Menschen, die wegen der Liebe gekommen oder geblieben sind. Jeder hat eine Geschichte zu erzählen, wie das Projekt „Angekommen in“ im „Stück.gut“ am Kirchplatz von St. Cyriakus gezeigt hat.
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Die Bottroper Flüchtlingshilfe hatte zu einem kleinen Empfang und einer Feierstunde geladen. Gezeigt wurden Videos, die im Zeitzeugenportal der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland entstanden. Zu sehen sind Interviews von Menschen aus 45 Ländern, die in den vergangenen 80 Jahren aus vielfältigen Gründen nach Recklinghausen, Gelsenkirchen oder Bottrop gekommen sind.
Auch 20 Bottroper „Neubürger“ haben der Journalistin Gerburgis Sommer ihre Erfahrungen beim Ankommen, von Hindernissen und besonderen Momenten erzählt.
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In den vorgestellten kurzen Auszügen der Interviews kommen Menschen allen Alters, Hautfarben, Religionen zu Wort. Alle plädieren für das Erlernen der deutschen Sprache als wichtigste Integrationsvoraussetzung. Ein Protagonist sagt entschieden: „Mein Zuhause ist jetzt Deutschland, Bottrop ist meine zweite Heimat.“
Andere berichten aber auch von Beleidigungen wegen ihrer Hautfarbe oder nationalen Herkunft, betonen aber immer wieder: „Wir müssen miteinander umgehen, den anderen als Mensch betrachten. Egal, wo wir herkommen.“ Jeder der nun in Bottrop lebenden Protagonisten hat seine eigene, unverwechselbare Geschichte zu erzählen.
Marisa Blanco de Gutschow „ist von Madrid nach Bottrop gewechselt.“ Als Erstes habe die temperamentvolle Spanierin lernen müssen: „Deutschland ist eine riesige Kirche, hier spricht man ganz leise.“ Sie hat in Deutschland Musik studiert, ihren Mann kennengelernt, mit dem sie nach Bottrop zog, obwohl Bottrop einen „so schlechten Ruf hatte, da sind so viele Kommunisten und Polen!“
Xhuliana Qokai kam 2014 aus Albanien, weil sich ihre Eltern bessere Bildungschancen für ihre Kinder erhofften. Inzwischen hat die 21-Jährige nach dem Abschluss der Hauptschule ihr Abitur gemacht und eine Ausbildung als Steuerfachgehilfin begonnen. Sie fühlt sich integriert und ist stolz darauf. „Ich bin gerne Deutsche“, sagt die albanische Staatsbürgerin. „Aber ich verleugne auch nicht, Albanerin zu sein.“
Geflüchtete sprechen über ihre Familiengeschichte und ihr Leben in Bottrop
Die Großeltern von Zakaria El-Kharrati kamen aus Marokko nach Bottrop, der Großvater hat im Bergbau gearbeitet. Der 18-Jährige ist hier geboren und macht eine Ausbildung als Krankenpfleger: „Ich fühle mich als Mensch aus Bottrop, ich wohne, arbeite und lebe hier.“ „Aber er hat auch Erfahrungen gemacht, von denen viele Migranten berichten: „Hier in Deutschland sagt man, ‚Du bist nicht von hier‘, im Urlaub in Marokko sagt man dasselbe.“
Seit 2000 lebt der Kurde Cabic Kaplan als Flüchtling in Bottrop. Der in der Türkei ausgebildete Lehrer für kurdische und türkische Muttersprache und islamische Religion fühlt sich integriert. „Ich arbeite hier, bin gewerkschaftlich und in der deutsch-kurdischen Gesellschaft aktiv.“
Nach dem Einmarsch Russlands ist Ahmad Niazi (70) 1981 aus Afghanistan geflohen, wollte immer wieder zurück, aber die politischen Verhältnisse ließen es nicht zu. Trotz Abitur und einer Ausbildung bei einer Bank habe er als Fahrer gearbeitet. Es sei damals sehr schwer gewesen, es gab kaum Hilfen und keine Dolmetscher. Der Lehrer seines Sohnes habe das Gymnasium empfohlen, aber „ich wusste nicht, was Gymnasium bedeutet.“ Niazi lebt inzwischen allein in Bottrop, weil seine 2015 verstorbene Ehefrau auch Opfer des Apothekerskandals geworden sei.
Odile Meier-Dusol kam 1980 aus Frankreich nach Oberhausen, um als Sprachassistentin zu arbeiten. Dann lernte sie ihren Mann kennen und bekam Probleme mit der Integration, als sie nach Kirchhellen zogen. „Es war sehr schwierig, dort Leute kennenzulernen.“ Aus Verzweiflung habe sie sich einem Töpferkurs angeschlossen und Pralinen zum Einstand mitgebracht: „Sie haben alle die Schokolade gegessen, aber keiner hat mit mir geredet.“