Bottrop. „Kiosk ist Kult“ ist in Bottrop-Eigen Name und Programm. Betreiberin Özlem Görmen sagt: „Ich mache das aus sozialer Verantwortung.“
Dass Trinkhallen in Bottrop schon Kultstatus erreicht haben, ist klar. Eine Bottroper Bude trägt aber sogar den Titel im Namen: „Kiosk ist Kult“ steht auf der Leuchtreklame an der Bude auf der Gladbecker Straße 330 und auf dem T-Shirt von Geschäftsführerin Özlem Görmen, die den vermutlich ältesten Kiosk in Bottrop 2007 übernommen hat.
Sie kommt aus einer Familie von Kioskbetreibern und hatte bereits mehrere Kioske über die Jahre, an der Lindhorststraße, Im Fuhlenbrock und der Essener Straße, aber den Kiosk hier hat sie gekauft, weil „der für mich gemacht worden ist“.
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Am Bottroper Kiosk auf der Gladbecker Straße geht es persönlich zu
Der pavillonähnliche Eckbau erinnert sie an die „architektonische Urform“ der Trinkhallen. Da der Kiosk noch keinen besonderen Namen hatte und Kunden danach fragten, bekam er den jetzigen Namen als Werbung und „Message für die Menschen“.
Der Kiosk hat zwei Schalter, am ersten bekommt man das übliche Sortiment: Süßwaren, Tabakwaren, Zeitschriften, Eis. Pakete werden für den Hermes-Shop angenommen. Hier kennt man sich, es geht oft persönlich zu: „Schönen Gruß an deine Frau“, heißt es da. Am zweiten Schalter werden Leute bedient, die sich an schönen Tagen an den Stehtischen unterhalten wollen, hier geht man noch „anne Bude“.
Der Kiosk als faszinierender sozialer Schmelztiegel
„Kioske waren immer wichtig für die soziale Bindung in der Nachbarschaft und müssen das auch bleiben“, sagt die engagierte Betreiberin. Menschen, die sonst wenig soziale Kontakte haben, kommen auf einen Kaffee hierher und reden miteinander: „Hier machen sie das einfach.“
Der Kiosk sei ein faszinierender sozialer Schmelztiegel für unterschiedliche Schichten, Generationen und Religionen. Hier sei der 17-jährige Azubi mit gestandenen Handwerkern und Rentnern zusammen am Stehtisch, hier unterhalte sich der junge „Satanist“ mit einem 70-jährigen Bewohner eines Seniorenheims: „Menschen, die sich sonst nie sozial begegnen würde, kommen hier zusammen.“ Ein Paar hat sogar nach der standesamtlichen Trauung am Kiosk seinen besonderen Tag mit den Bekanntschaften gefeiert.
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„Man kann mit einem Kiosk in Bottrop nicht reich werden, ich mache die Sache fast nur noch aus sozialer Verantwortung“, sagt die Gelsenkirchenerin. Einerseits habe sie Verantwortung gegenüber ihrem langjährigen, zuverlässigen Personal und andererseits „gibt es hier Leute, die können nirgendwo anders hin“. Viele Menschen seien betroffen, weil immer mehr Kioske aussterben, aber „wir wollen Kioske wieder salonfähig und attraktiv machen“.
Bottroper Kiosk-Betreiberin: „Es gibt zu viele Auflagen“
In Bottrop würde allerdings einiges erschwert und mit zu vielen Auflagen verbunden. Als ein Beispiel nannte Özlem Görmen die Forderung, den Kiosk umzubauen, um ein zweites Spülbecken zu installieren, um weiterhin Brötchen verkaufen zu können: „Es kann doch nicht sein, dass ich Leute kennen muss, um das weiter machen zu können, was ich schon seit Jahren mache.“ Konsequenterweise werden jetzt keine Brötchen mehr angeboten.
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Es sei doch heuchlerisch, alle zwei Jahre die Trinkhalle hochleben zu lassen und ihnen gleichzeitig das Leben zu erschweren. Der Tag der Trinkhallen wird hier in diesem Sommer nicht festlich begangen, der Termin vor zwei Jahren mit insgesamt 800 Gästen war sehr aufwändig: „Wir wussten nicht mehr, wohin mit den Leuten.“ In zwei Jahren will man dann wieder dabei sein.
Wenn man einen solchen Betrieb hat, bleibt man wohl auch nicht von kriminellen Ereignissen verschont. Nach zwei Raubüberfällen und zwei Einbrüchen gibt es keine Tabakwaren mehr im offenen Angebot, sondern nur noch aus Automaten, die das Einbruchsrisiko reduzieren: „Ich verdiene dadurch weniger, kann aber ruhiger schlafen:“
Kiosk ist Kult, Gladbecker Str. 330, Öffnungszeiten: montags bis freitags 5.30 bis 21.30 Uhr, am Wochenende 14 bis 21.30 Uhr