Bottrop. Der Blick aufs nächste Jahr macht Bottroper Unternehmen wegen der langen A42-Sperrung und der Staus skeptisch. Das sehen sie auf sich zukommen.
Ihre Kunden sind sauer. Wegen Staus und zähfließendem Verkehr in Folge der Sperrung der A 42-Autobahnbrücke in der Nähe von Bottrop brauchen viele für die Wege zu ihren Geschäften viel länger als sonst. Das ist nicht alles. Innerörtliche Baustellen erschwerten und erschweren die Lage zusätzlich. Auch der aktuelle Streik im Einzelhandel bereitet manchem Händler Kopfzerbrechen. Während Lebensmittelhändler Wolfram Triebe aber demonstrativ Gelassenheit an den Tag legt, sagt Kfz-Händler Ergin Baytemür: „Wir blicken schon mit einigen Sorgen auf die kommenden Monate.“
Das Unternehmen des Bottropers besteht aus mehreren Sparten. Vor allem sein Autoteile-Handel am Kämpchen sei weit über Bottrop hinaus bekannt und auch bei auswärtigen Kunden eine gefragte Adresse, weil das Sortiment gut sortiert sei. Kunden könnten beim Kauf gebrauchter Ersatzteile im Vergleich zu Neuteilen einiges sparen. Das nutzten neben Privatleuten auch Mechaniker und Inhaber von Kfz-Kleinbetrieben.
A42-Sperrung in Bottrop: „Für viele Kunden ist das Ganze katastrophal“
„Für viele Kunden ist das Ganze katastrophal“, meint Ergin Baytemür. „Sie sagen uns oft, dass sie für eine Fahrt zu uns, für die sie sonst 20 Minuten brauchen, jetzt eineinhalb Stunden lang unterwegs sind“, bedauert der Bottroper. Noch machten die Kunden, die etwa aus Richtung Gelsenkirchen oder Duisburg kommen, das alles mit, weil sie vor den Weihnachtstagen ihre Arbeiten noch fertig bekommen wollten. „Deshalb tun sie sich den Stress jetzt überhaupt an“, meint der Bottroper.
Wenn die Vollsperrung der Autobahn länger dauere, würden sich viele die Anfahrten aber wohl sparen, blickt Baytemür skeptisch aufs kommende Jahr. An seiner Tankstelle an der Prosperstraße seien die Folgen auch schon jetzt zu spüren. Die Umsätze gingen zurück. „Eine Reihe von Lkw, die sonst bei uns auftanken, kommen jetzt nicht mehr, weil sie die gesperrte Brücke und die Staus über andere Strecken umfahren“, sagt der Unternehmer.
„Der aktuelle Streik in den Großlagern macht uns zu schaffen“
Auch Handwerker und Dienstleister suchten Auswege aus der Misere, beobachtet er. „Unser Heizungsmonteur hat uns gesagt, dass er morgens und abends gar nicht mehr in unsere Richtung fährt. Der kommt jetzt mittags“, berichtet Ergin Baytemür. Supermarkt-Inhaber Wolfram Triebe stellt ebenfalls die hohe Verkehrsdichte auf der Prosperstraße fest. Zur Hauptverkehrszeit vom Firmengelände auf die Fahrbahn zu gelangen, erfordere Geduld.
Noch wirke sich die prekäre Verkehrslage aber nicht negativ aufs Geschäft aus. Bei der Warenanlieferung stehe er vor ganz anderen Problemen. „Der aktuelle Streik in unseren Großlagern macht uns eher zu schaffen. Dadurch bekommt man längst nicht alle Waren, die man bestellt“, berichtet der Bottroper. Außerdem habe die inzwischen beendete örtliche Baustelle am Ostring in der Nähe des Einkaufszentrums an der Prosperstraße 209 viel mehr gestört. Um „zwanzig Prozent“ brach über drei Monate der Umsatz im Geschäft ein.
Untätigkeit seit den ersten Schäden löst Kopfschütteln aus
Triebe bleibt dennoch die Ruhe selbst. „Es gibt eben Monate, in denen sind die Umsätze niedriger. Dafür gibt es dann wieder andere Monate, in denen sind sie höher“, meint der Kaufmann. Kopfschütteln löst bei ihm aber die lange Untätigkeit bei der Wartung der schadhaften A42-Brücke aus. „2006 ist das zum ersten Mal festgestellt worden und 16 Jahre lang ist da nichts Richtiges unternommen worden“, kritisiert Wolfram Triebe.
Beim Schuhunternehmen Deichmann, das in Bottrop mit einem Lager im Knippenburg-Gebiet und mit Verkaufsfilialen im Stadtkern ansässig ist, herrscht ebenfalls noch Gelassenheit vor. „Natürlich ist die Vollsperrung der A42 insbesondere bei den Menschen hier im Ruhrgebiet aktuell ein heiß diskutiertes Thema. Die verkehrlichen Auswirkungen sind ringsherum überall spürbar“, sagt Sprecher Christian Hinkel.
Deichmann-Sprecher: „Im Weihnachtsgeschäft sind starke Nerven gefragt“
Anders als die Lieferanten des Bottroper Lagers kommen die Kundinnen und Kunden in den örtlichen Deichmann-Filialen aber nicht unbedingt über die Autobahn. „Aktuell können wir klare Frequenzverluste in unseren Bottroper Verkaufsstellen aufgrund dieser verkehrlichen Lage nicht feststellen“, hält der Deichmann-Sprecher daher auch fest. „Generell sind halt von allen Beteiligten gerade jetzt im Weihnachtsgeschäft starke Nerven und viel Geduld gefragt.“
Für Lieferanten und Spediteure sei die MC-Bauchemie wegen der Sperrungen jetzt schwieriger zu erreichen, erklärt Marketingmanagerin Friederike Weyers: „Beide Gruppen müssen mit längeren Anfahrtswegen und Stau rechnen und dementsprechend längere Arbeitszeiten für Anlieferungen und Abholungen einplanen“. Wegen der Weihnachtszeit und des schlechten Wetters seien Bauaktivitäten jetzt aber ohnehin eingeschränkt. Deshalb seien Umsatzeinbrüche momentan nicht zu verzeichnen.
MC-Bauchemie wird Abfahrtszeiten vorziehen
Die Mitarbeiterin der MC-Bauchemie betont jedoch: „Aus unserer Logistik kommt der Hinweis: Ab Januar, wenn der ruhigere Feiertagsverkehr vorbei ist und wir mit mehr Stau rechnen, werden wir unsere Abfahrtszeiten vorziehen müssen. Dies ist notwendig, damit die LKWs ihre Anschlüsse bei den Spediteuren hinbekommen und unsere Ware am nächsten Tag beim Kunden eintrifft“. Dies werde dann dazu führen, dass die Bestellannahme bei der MC Bauchemie zeitlich eingeschränkt werden müsse.
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Gerade die Dauer der Sperrung der Autobahn 42 zwischen Bottrop-Süd und Essen-Nord ruft auch die Industrie- und Handelskammer auf den Plan. Es müsse jede Zeitreserve auf den Prüfstand, um möglichst bald mit dem Neubau der Brücke beginnen zu können, fordert Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord-Westfalen, zu der Bottrop gehört. „Die Sperrung der A 42 ist für viele Unternehmen eine echte Belastungsprobe“, betont er.
Frühzeitige Informationen über Umleitungen sind wichtig
Schon jetzt müssten Unternehmen im Ruhrgebiet wegen der Staus mit höheren Fahrzeiten und Kosten kalkulieren als anderswo. Besonders wichtig seien nun Ersatzrouten und ausreichende Informationen über die Umleitungen. „Ziel ist es, die Belastung durch Umleitungsverkehre für die Bevölkerung in den Städten möglichst gering zu halten und die Wirtschaftsverkehre gleichzeitig nicht mehr zu belasten als notwendig. Das wird ein Drahtseilakt“, meint auch Kerstin Groß, Hauptgeschäftsführerin der IHK zu Essen. Sie fordert auch, die Ausweichstrecken so schnell wie möglich von allen nicht notwendigen Baustellen freizuhalten.