Bottrop. Die Sparkasse steht für Ausstellungen nicht mehr zur Verfügung. So kehrt Bottrops Künstlerbund zurück ins Kulturzentrum – für ein „Déjà-vu“.
„Déjà-vu“ – alles schon gesehen? Oder vielleicht doch nicht? Der Künstlerbund präsentiert nach längerer Abstinenz wieder eine Gemeinschaftsausstellung und erweckt damit erneut die frühere städtische Galerie im Kulturzentrum zum Leben. 18 Kunstschaffende zeigen einen Querschnitt ihrer Arbeiten aus den letzten Jahren, zuweilen sogar Jahrzehnten, und sorgen damit zumindest bei kontinuierlich Interessierten tatsächlich für manches Déjà-vu.
Ziemlich weit muss die Erinnerung bei den ältesten der gezeigten Werke schon zurückreichen: Reinhard Wieczoreks Serie „Jojo I-II“ hat tatsächlich schon 50 Jahre auf dem Buckel. Hinter dem Titel verbergen sich drei klassisch anmutende Porträts von Wieczoreks jüngerem Bruder Jojo, so wie Bottrops bekannter Maler ihn 1973 sah. Eine kleine Überraschung direkt im unteren Foyer, vor allem für diejenigen, die Wieczoreks markante Tier-Großformate oder seine farbgesättigten Industrielandschaften aus den letzten Jahren vor Augen haben.
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Dass die langjährige Ausstellungsmöglichkeit für Künstlerinnen und Künstler im Eingangsbereich und Obergeschoss des Kulturzentrums wieder belebt wird, ist in zweifacher Hinsicht der Sparkasse zu verdanken. Deren Räume stehen den beiden Bottroper Künstlervereinen nicht mehr zur Verfügung. „Aber das heißt nicht, dass wir die Kunst der Stadt nicht mehr unterstützen, im Gegenteil“, sagt Jan Schäfer, Mitglied des Sparkassenvorstandes.
Das Geldhaus wolle auch künftig dazu beitragen, dass Kunstprojekte und -veranstaltungen weiter gefördert würden. Die Foyers der Zentrale stünden aber wegen neuester Sicherheitsstandards, geändertem Besucherverhalten und reduzierten Öffnungszeiten nicht mehr zur Verfügung, so Sprecher Patrick Hötten.
Kleinteilige Raumstruktur bietet auch Chancen für ein Ausstellungskonzept
Dass auch in der eher kleinteiligen Raumstruktur des alten Kulturzentrums Kunst im Wortsinne ihre Nischen findet, zeigt Renate Kraft-Mysliewitz’ Großformat „Zwei Männer in einem Haushalt“. Für die vom Leben gezeichneten Herren in vorherrschend changierenden Grüntönen – Absinth? – scheint eine Ausbuchtung der wilhelminischen Architektur des früheren Jungengymnasiums wie geschaffen.
Eine Vitrine mit Objekten von Ingeburg Holborn direkt daneben scheint wie ein Kommentar dazu: Auf zartem Bütten liegt wie bei einer medizinischen Versuchsanordnung die „Gespaltene Zunge“, die „Versteinerte Zunge“ oder „Schweigen ist Gold“, nicht naturalistisch, versteht sich, dafür künstlerisch fein gearbeitet. Vorbei an Anne Alings’ intensiv dreinblickenden Tierporträts (Schaf und Kuh) führt der Parcours auf die kleine Empore mit typisch reduzierten Farbflächenbildern von Irmelin Sansen, Architekturfotografie nebst Negativen aus dem Archiv von Wolfgang Fröhling oder drei kleinen Farbimpressionen von Werner Jelinek. Ihm widmet zeitgleich gerade die neue Galerie B12 eine Einzelausstellung.
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Als Gast des Künstlerbundes zeigt Gilda Bräuer neben konzeptionell angelegten kritischen Collagen (einmal verarbeitet sie sogar eine konservierte Drossel) auch eine Zeichnung wie aus dem Leben: Veuve-Clicquot-Abend mit Heike. Ein Arbeitstitel? Die Beschriftung der Schau war noch in Arbeit.
„Objekte“ aus der noch ungeklärten Emscher werden zur Skulptur
Eine Skulptur von Guido Hofmann führt direkt in die jüngste Bottroper Vergangenheit: Material aus der noch nicht geklärten Emscher konservierte er mit Epoxidharz und brachte das als Skulptur dann auf Toilettenpapier (!) auf. Dem Vernehmen nach soll sich das Material unter dem Kunstharz immer noch verändern. Beruhigung für zarte Gemüter: Non olet!
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Da wirken die Rohrfederzeichnung dörflicher Motive aus Cornwall, die abstrakten Aquarelle und Malkreidebilder von Dieter Haf eher licht und beruhigend. Einen schönen Kontrast dazu bilden die Pastelle von Odile Meier-Dusol, wie so oft auf dem edel-dunklen Hintergrund eines speziellen Kartons aus dem Städtchen Menton an der Côte d’Azur. Oben setzen Claudia Brüggemeier mit Übermalungen früherer Bilder, Trudel Zeltinger mit frühen Acrylarbeiten oder Peter Beckhoff Akzente. Eine Déjà-vu-Schau, die dennoch erneut inspiriert.
Erinnerung an den Fotografen Karl Kraft
Eine kleine Extraschau widmet der Künstlerbund seinem kürzlich verstorbenen Mitglied Karl Kraft. Er hat bis zuletzt an der Vorbereitung der Gemeinschaftsausstellung mitgearbeitet. Vor der Musikschule sind frühe Architekturansichten aus Paris zu sehen, mit denen sich Kraft 1980 für sein Studium an der Essener Folkwang Hochschule beworben hat. Sie eröffnen einen Reigen von 17 exemplarischen Fotografien.
Die Ausstellung „Déjà vue“ im Kulturzentrum, Blumenstraße 12, eröffnet Freitag, 5. Mai, 19 Uhr. Eröffnung: Andreas Swoboda (Kulturausschussvorsitzende). Musik: Gitarren-Duo Noah Dybowski & Karl Urban. Zu sehen bis 3. Juni.