Bottrop. Leerstand, kaum Abwechslung und wenig Fortschritt. Ideen sind gefragt. Mit dem ersten Innenstadt-Forum soll Bottrops Citty wieder belebt werden.

Quo vadis Innenstadt? Wohin wird sich die City entwickeln? Kaum ein Thema wird seit Jahren dermaßen kontrovers, konstruktiv und intensiv diskutiert. Gefühlt hat jede und jeder dazu eine Meinung. Nun hatte die Stadt zum ersten Innenstadt-Forum in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums geladen.

Eine allumfassende Lösung ist bei der Komplexität des Themas nicht in Sicht. Aber darum sollte es auch im Forum nicht gehen. Bürgerinnen und Bürger sollten sich mit ihren Ideen beteiligen. „Ich bitte Sie, sich aktiv, kritisch, aber auch konstruktiv einzubringen“, sagte Oberbürgermeister Bernd Tischler in der Begrüßungsrede. Man würde sich anschießend alle Ideen anschauen und wenn möglich weiter bearbeiten. Tischler: „Ich bin zuversichtlich, dass wir einige Ihrer Ideen schnell und unproblematisch umsetzen können.“

Oliver Schröder (links) von der Interessengemeinschaft Marktviertel und Dirk Helmke diskutierten in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums über die Zukunft des Wochenmarktes in der Innenstadt.
Oliver Schröder (links) von der Interessengemeinschaft Marktviertel und Dirk Helmke diskutierten in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums über die Zukunft des Wochenmarktes in der Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die Themen „Hansa-Center“ und „Karstadt-Immobilie“ standen nicht zur Diskussion. Man habe bei beiden Immobilien nicht das Heft des Handelns in der Hand, so Tischler. „Deshalb konzentrieren wir uns auf drei Themenschwerpunkte, bei denen man etwas bewegen kann.“

Knapp 200 Besucher verfolgten drei circa 15-minütige Podiumsdiskussionen mit je vier Talkgästen. Zunächst: Perspektiven für den Wochenmarkt. Aus Sicht von Dirk Helmke, der vor knapp anderthalb Jahren dem Wochenmarkt in der Boy neues Leben eingehaucht hat, sei ein Wochenmarkt ein „Magnet“. „Und jede Stadt braucht Magnete, wo die Menschen hinkommen. Ein Markt ist wichtig für die soziale Kompetenz.“ Besucher kommen nicht nur, weil sie etwas einkaufen wollen. Dass der Wochenmarkt eine Frischzellenkur braucht, daran ließ Helmke keinen Zweifel. „Da muss dringend etwas getan werden.“

Peter Metzen vom Podcast „Bottcast“ findet: „Der Wochenmarkt ist eine der Stärken von Bottrop, diesen zu stärken, würde die Innenstadt weit nach vorne bringen.“ Aber es gibt immer weniger Händler. Oliver Schröder von der Interessengemeinschaft Marktviertel merkte an: „Das Angebot ist in den letzten Jahren auch altersbedingt zurückgegangen. Leere Plätze werden nicht besetzt.“

Markus Plängsken, Abteilungsleiter für Gewerbeangelegenheiten im Fachbereich Recht und Ordnung: „Händler zu finden ist schwierig und kein generelles Problem von Bottrop, sondern ein Problem, das auch andere Wochenmärkte haben.“ Viele wünschen sich mehr Abwechslung. Musik ist zum Beispiel ein Vorschlag, der öfters im Raum steht. Plängsken stellt klar: „Wir sind aber keine Eventmanager. Das ist nicht die Aufgabe des Ordnungsamtes.“ Das Ordnungsamt sorgt dafür, dass der rechtliche Rahmen der Gewerbeordnung eingehalten wird. Und laut Gewerbeordnung sollen Dinge des täglichen Bedarfs auf einem Wochenmarkt angeboten werden. Musik und der Konsum von Alkohol, wie einst auf dem Schwarzmarkt, gehören nicht dazu.

David Schraven beim Innenstadt Forum: „Die Hansastraße verslumt. Das muss man so drastisch sagen.“
David Schraven beim Innenstadt Forum: „Die Hansastraße verslumt. Das muss man so drastisch sagen.“ © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Beim zweiten Themenschwerpunkt „Perspektiven und Profile für das Markt- und Rathausviertel“ zeigte sich, dass eine Mehrheit in beiden Vierteln eine Mischung aus Gastronomie und Handel bevorzugt. Zu den Befürworten zählt unter anderem Jan Gerd Borgmann, Vorsitzender des Bottroper Einzelhändlerverbandes. Er fordert: „Es muss eine Gesamtplanung her. Da nehme ich die Stadt in die Verantwortung.“ Borgmann weiter: „Die Stadt wird es nicht alleine richten können, aber es muss so etwas wie eine treibende Kraft geben, die die verschiedenen Akteure zusammenhält.“

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Über die Gastromeile sagte Norbert Verfürth (VIV Immobilien Verwaltungsgesellschaft): „Die Gladbecker Straße ist ein Aushängeschild geworden.“ Aber eine Durchmischung sei wichtig. Es müsste versucht werden, mehr Gastronomie in die Innenstadt zu ziehen. David Schraven vom Marktviertel: „Man muss die gesamte Innenstadt neu denken.“ Es reiche nicht aus, hier und da ein bisschen was zu machen. Auch er wünscht sich zusätzlich zur Gastromeile mehr Gastronomie im Marktviertel rund um die Cyriakus-Kirche. Dann könnte man auch die Hansastraße wiederbeleben. Schraven: „Die Hansastraße verslumt. Das muss man so drastisch sagen. Jetzt machen sogar schon die Handy-Shops zu.“

Verfürth: „Anders als Oberhausen oder Gelsenkirchen haben wir in Bottrop aus städtebaulicher Sicht exzellente Voraussetzungen.“ Beide Nachbarstädte verfügen über eine zentrale Einkaufsstraße. Bottrop habe dagegen „einen Kreislauf“. Will heißen: Wer einkaufen will, muss sich auf mehreren Straßen vorbei an Plätzen bewegen. Vom ZOB über den Altmarkt führt der Weg über die Hansa- und Hochstraße über den Kirchplatz und Poststraße zurück zum ZOB. „Sobald der Kreislauf in Gang ist, funktioniert die Stadt viel besser.“ Verfürth hofft, dass es, wie früher durch das Karstadt-Haus, wieder eine direkte Verbindung zwischen Hansa- und Hochstraße geben wird.

Markus Plängsken (Fachbereich Recht und Ordnung) und Peter Metzen (Bottcast, rechts) waren ebenfalls zu Gast beim Innenstadt Forum.
Markus Plängsken (Fachbereich Recht und Ordnung) und Peter Metzen (Bottcast, rechts) waren ebenfalls zu Gast beim Innenstadt Forum. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Zuletzt ging es um „Perspektiven für die Plätze in der Innenstadt“. Marie Kotzian von der Jugendredaktion Salon 5 merkte an: „In der Stadt gibt es zu wenig Sitzgelegenheiten, wo man sich aufhalten kann.“ Was ihrer Meinung nach fehlt und was sie und sich viele Jugendliche wünschen, ist ein Platz, wo Konzerte, Flohmärkte oder ein Poetry Slam stattfinden können.

Stefan Purwin, Jugendausschussvorsitzender beim Bottroper Sportbund, sprach aus seinem Fachgebiet. Er tendiere zum Altmarkt, der für kleinere Sportaktivitäten aller Altersgruppen funktionieren könne. Zusätzlich kämen für ihn noch der Berliner Platz und die Fläche am Trapez in Frage. Der Platz vor dem Modehaus Sinn, am ehemaligen Mensing-Brunnen, im Marktviertel wäre für sportliche Aktionen nicht ideal. Der Grund: das Kopfsteinpflaster sei eine Stolperfalle.

Zusätzlich soll Bottrops City auch grüner werden. „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass jeder Platz begrünt und wenn es geht mit Wasser versorgt werden muss“, meinte Nora Schrage-Schmücker vom Verein Gemein-Sinn-schafft-Garten. Sie wisse natürlich aber auch, dass die Plätze anderweitig genutzt werden müssen. „Wir probieren es ja in Bottrop mit der mobilen grünen Wand aus. Das ist noch zu wenig.“ Man müsse schauen, so Schrage-Schmücker, wer mitmacht. „Das kann die Stadt nicht alleine. Wir müssen Paten finden, die Verantwortung übernehmen.“ Ihr Appell: „Wir können planen, planen, planen. Aber am Ende müssen wir machen und ausprobieren. Es bleibt uns gar nichts anderes übrig.“

Das Bild zeigt einige Anregungen der Bürgerinnen und Bürger beim ersten Innenstadt-Forum in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums.
Das Bild zeigt einige Anregungen der Bürgerinnen und Bürger beim ersten Innenstadt-Forum in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums. © Carsten Liebfried

Im Anschluss zeigten die Bürgerinnen und Bürger, was sie denken. Ihre Anregungen, Kritik und Wünsche teilten sie auf Zetteln mit, die an mehreren Pinnwänden nach Themengebiet zugeordnet befestigt wurden. Auf dem Berliner Platz könnte sich jemand ein Kleinfeldturnier für Fußballer vorstellen. Mehr Sitze zum Verweilen sollen geschaffen werden.

Viele wünschen sich eine Rückkehr des Schwarzmarktes im Marktviertel oder vor Ort den Bau eines Brunnens oder einfach mehr Kunst und Kultur. Andere befürworten generell einen „größeren Branchenmix“ in der City und mehr Bäume auf der Gladbecker Straße sowie am ZOB. Auf dem Wochenmarkt möchten einige weniger Textilstände. Jemand bringt sorgt für die künftige Entwicklung ein professionelles „Wochenmarkt-Management“ ins Spiel.

Wie komplex und schwierig das Thema „Innenstadt“ ist, zeigten indes zwei Zettel, die unter dem Thema „Anregungen für den Wochenmarkt“ klebten. Auf dem einen stand: „Auf jeden Fall Musik“ und auf dem anderen: „Bloß keine Musik.“