Bottrop. Im Sommer 2021 erfolgte der Neustart für den Boyer Wochenmarkt. Taugt er als Vorbild für andere Märkte in der Stadt? Was lässt sich lernen?

Im August 2021 hat Dirk Helmke den Neustart des Boyer Wochenmarktes ordentlich angestoßen. Für drei Monate wollte er den bis dato darbenden Wochenmarkt organisieren und ihn aus dem Dornröschenschlaf erwecken. Etwas länger ist er dann doch an Bord geblieben, ziemlich genau ein Jahr später hat er die Verantwortung an Ralf Opiol abgegeben. Seither kümmert sich der Boyer um den Markt in seinem Stadtteil.

Den Einsatz seines Vorgängers kann er nicht hoch genug einschätzen: „Was aus diesen zwei Ständen, die es zuletzt waren, hervorgegangen ist, ist ein absoluter Erfolg.“ Tatsächlich gehe er mit einem guten Gefühl, sagt Helmke. Es sei jetzt Zeit, „sonst besteht die Gefahr, dass sich bis zum St. Nimmerleinstag der Kümmerer vom Boyer Markt bin“, sagt der 73-Jährige mit einem Lachen. Eine Aufgabe, die nun bei Opiol liegt.

Das wichtigste ist: Die Händler müssen Geld verdienen

Am Freitagmorgen ist der Markt jedenfalls wieder gut bestückt und gut besucht. Unter den Ständen gibt es nur eine Lücke, ein Händler, der Handtaschen anbietet, ist nicht da. Der komme aber bei Regen nie. wissen Opiol und sein Vorgänger bereits. Trotzdem ärgert sich Opiol über die Lücke auf dem Platz. Er hat sich ein Ziel gesetzt. Er hofft auf Absprachen mit den Händlern, damit sie ihm frühzeitig sagen, wenn sie nicht kommen. So könne er vielleicht noch Ersatz organisieren.

Die Bürger in der Boy und den angrenzenden Bottroper Stadtteilen haben den Markt für sich wieder entdeckt und nehmen das Angebot gut an.
Die Bürger in der Boy und den angrenzenden Bottroper Stadtteilen haben den Markt für sich wieder entdeckt und nehmen das Angebot gut an. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Klar ist aber auch: Ein Markt in einem Stadtteil wie der Boy vertrage nicht unbegrenzt Stände. Das Angebot müsse sich ergänzen und am Ende müssten die Händler Geld verdienen, stellt Opiol klar. Konkurrierten beispielsweise drei oder vier Obststände um die Kunden auf einem kleinen Markt, rentiere es sich für die Händler nicht, sie kämen also nicht wieder.

Bottroper sprechen sich für Markt-Manager aus

Opiol und Helmke vertreten deshalb den Standpunkt, dass ein moderner Markt gemanaget werden müsse. Sprich, der Verantwortliche müsse Ideen entwickeln, Händlern zur Seite stehen und gezielt Händler anwerben. Das scheint augenscheinlich in der Boy gut zu funktionieren. Trotz Regenwetters sind sogar die Sitzmöglichkeiten auf dem Platz besetzt, die Besucher halten sich auf, trinken einen Kaffee und freuen sich über den Treffpunkt im Quartier.

So wie die drei Damen, die schon bestens ausgerüstet sind. Neben dem Regenschirm haben sie auch jeweils ein Kissen dabei und sitzen entsprechend weich und trocken auf der Bierbank. Die Entwicklung des Marktes finden sie großartig. Sie seien von Anfang an dabei und für den gesamten Stadtteil sei das eine gute Entwicklung, lobt das Trio den Einsatz von Helmke und jetzt Opiol.

Schon dreimal fand parallel zum Wochenmarkt ein Flohmarkt für Kinder statt

Auch die Händler zeigen sich zufrieden. Metzger Bernhard Jaeger hebt hervor, wie gut sich die Stände untereinander ergänzen. Für die Kunden bedeutet es, dass sich sie hier mit allen frischen Waren eindecken könnten. „Der Markt hier ist gut geführt, ich hoffe, dass alle Händler dabei bleiben. Dann sehe ich das hier als zukunftsträchtig an. Wir sind eigentlich immer zufrieden.“ Nicht ganz so euphorisch äußert sich Bärbel Geng vom Blumenstand, denn: „Es könnte halt immer mehr sein.“ Doch im großen und ganz sei man immer einigermaßen zufrieden.

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Opiol hat nun schon einige Ideen entwickelt und umgesetzt. So fanden schon an drei Freitagen in den Ferien Flohmärkte für Kinder während der Marktzeit statt. Das will er gern fortsetzen. Alle sechs bis sieben Wochen gibt er ein „Marktblättchen“ mit Infos rund um den Markt und den Stadtteil heraus, dazu präsentiert er den Markt bei Instagram als „Unser Boyer Markt“.

Wochenmarkt soll Treffpunkt und Zentrum für Bottrop Boy werden

Ziel ist es, den Wochenmarkt als Treffpunkt und Zentrum des Stadtteils wieder zu etablieren. In der kommenden Woche ist dann die Polizei mit Mobiler Wache dabei und klärt auf über Prävention. Am 9. Dezember kommt der Nikolaus und die Pfadfinder verkaufen Weihnachtsbäume. Langfristig könne er sich eine Art Erzählcafé auf dem Marktplatz vorstellen.

Als Ergänzung zu den bestehenden Ständen wünscht er sich noch einen Anbieter von Hygieneartikeln – im Stadtteil gibt es keine Drogerie. Ähnlich wie ein Anbieter von Handy- und Elektrozubehör reiche es vielleicht, wenn der regelmäßig einmal im Monat da sei, so Opiol. Verantwortlich für den Markt ist die AGSB, sie erhält dafür von der Stadt Geld und beschäftigt auch Opiol mit einigen Stunden.

Sind die Ideen aus der Boy übertragbar auf andere Märkte in Bottrop? Hier sind Helmke und Opiol vorsichtig. Eins zu eins lasse sich das sicher nicht übertragen, weil der Wochenmarkt in der Boy ja komplett neu aufgebaut werden musste. Bei den bestehenden Märkten in Eigen, Fuhlenbrock, Kirchhellen oder Stadtmitte sehe es anders aus. Einzelne Beispiele, etwa das Etablieren von Treffpunkten und Aufenthaltsqualität, ließen sich übertragen, dann gelte es aber auch, gezielt auf die Probleme eines jeden Marktes zu schauen.

Für Ralf Opiol ist ein Wochenmarkt „Kulturgut“

Das wäre eben Aufgabe eines Marktmanagers, glauben Opiol und Helmke, um dann gezielt gegensteuern zu können, um zu verhindern, das Wochenmärkte verschwinden. „Für mich ist das auch ein Kulturgut“, sagt Opiol. Er und Dirk Helmke wünschen sich Verantwortliche, die Ideen entwickeln, den Händlern beistehen und Bottrop so interessant für Markthändler machen.

Ein großes Problem sei für viele die Suche nach Nachfolgern, weiß Helmke. Warum ergreife die Stadt hier nicht die Initiative, bietet Schulungen an und vermittelt zwischen Händlern und potenziellen Händlern – unabhängig davon ob sie aus Bottrop kämen. „Aber auf diese Weise binde ich sie doch hier an die Stadt und habe potenzielle Händler für die fünf Marktstandorte“, so seine Idee – wohlwissend, dass sie wahrscheinlich nicht ganz einfach umgesetzt werden kann.

Gesamtschüler gestalten Überseecontainer

Der große Container auf dem Boyer Markt dient als Lagerstätte für die Ausrüstung des Marktes. Dort lagern beispielsweise Tische und Bänke. Gestaltet wurde er von Schülerinnen und Schülern der Janusz-Korzcak-Gesamtschule. Gemeinsam mit Ralf Opiol und Graffiti-Künstler Frederik Hellmann haben sie sich die Gestaltung überlegt und es schließlich auch umgesetzt.

Seit einigen Wochen werden die Besucher auf dem Markt daher von einer Landschaft willkommen geheißen, dazu die Aufschrift „Welcome to Boyer Markt“ – also willkommen auf dem Boyer Markt.