Bottrop. Die Schrauber von Bottrops Motorradmuseum retten eine Kultmaschine von einst vor dem Zerfall. NRW-Ministerium fördert das Projekt.

Sie dröhnt wie ein Traktor, ist mit 500 Kubikzentimetern (ccm) vor 95 Jahren das Kraftpaket unter den Motorrädern der traditionsreichen NSU-Schmiede in Neckarsulm – und steht jetzt fertig restauriert im Kleinen Motorradmuseum Bottrop: die NSU 501 T von 1927. Es gibt kein Teil, das in den letzten anderthalb Jahren nicht durch die Hände der Zweirad-Freaks im Park hinter der Villa Dickmann gegangen ist.

„Wir haben den kompletten Motorblock auseinandergebaut, im Tauchbad behandelt, jede Schraube, jede Feder begutachtet, den Zylinderkopf überholt, den Magnetzünder zu einer Spezialfirma geschickt, denn da war von Magnet nichts mehr zu spüren“, berichtet „Chefschrauber“ des Museums, Stephan Hombergen.

Filigranes Kraftpaket und vor allem: gar nicht leicht zu fahren. Hier der frisch restaurierte Motor der NSU 501 T in Nahaufnahme. Die Patina wollen die Mitglieder des Kleinen Motorradmuseums allerdings soweit wie möglich erhalten.
Filigranes Kraftpaket und vor allem: gar nicht leicht zu fahren. Hier der frisch restaurierte Motor der NSU 501 T in Nahaufnahme. Die Patina wollen die Mitglieder des Kleinen Motorradmuseums allerdings soweit wie möglich erhalten. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die klassischen Drahtspeichen wurden neu angefertigt, den Ledersattel des Fahrersitzes hat Schuhmacher Hornung aus dem Fuhlenbrock in traditioneller Manier hergerichtet, dem Leder selbst gönnte man eine englische Paste für historische Fahrzeugleder. Und der separate Beifahrersattel? „Der ist aus Gummi, von Drilastic, aber alt“, weiß Hombergen.

Wer nun eine strahlenden Maschine erwartet, glänzender Lack, Blingbling, wird enttäuscht sein. Beim Blick auf die Technik wird zwar deutlich: Da ist alles überholt, man möchte den „Neckarsulmer Traktor“ sogleich anlassen. Optisch setzt die Crew am Motorradmuseum aber auf Patina. „Sie soll nicht aussehen wie frisch aus der Fabrik, man darf ihr die 95 Jahre ruhig ansehen, aber alles wurde so konserviert, dass sie bestimmt die nächsten 95 Jahre hält“, sagt Schrauber Willi Minz.

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Bei wenigen Teilen sind Kompromisse wie bei den Speichen nicht zu vermeiden. Die Wulstreifen, damals der letzte Schrei für Motorräder weil aufpumpbar, hat eine Münchner Spezialfirma angefertigt. Neu sind auch Kettenantrieb, Ritzel, Bremstrommel und der Einsatz der Leuchte. „Da war konservatorisch einfach nichts mehr zu machen“, sagt Minz. Batterie? Selbstredend neu. Die halten keine 95 Jahre.

Trotz Restaurierung: die historische 501 T befindet sich im Originalzustand

Trotzdem befindet sich die 501 T im Originalzustand. „Das war wichtig, denn wir haben, glaube ich, die erste Förderung eines Zweirades aus dem NRW-Programm für Verkehrshistorische Fahrzeuge bekommen“, weiß Tilmann Henkel, Vorsitzender der Addie-Henkel-Stiftung, die das Museum betreibt. Gemessen an sonstigen Förderprojekten, wie beispielsweise historischen Lokomotiven, sei die Summe von 2600 Euro ja eher klein, aber ein Motorrad ja auch wesentlich überschaubarer, so Henkel. 70 Prozent der Gesamtsumme für die Restaurierung sei damit vom NRW-Heimatministerium übernommen worden. Und das wohl auch, weil ein Museum, eine Stiftung, hinter dem Projekt stehe und kein Privatmann.

Foto von Erstbesitzer Albert Bongert auf seiner NSU 501 T. Darunter das Zweirad im desolaten Zustand, kurz nachdem das Kleine Motorradmuseum es von den Nachfahren damals erworben hatte. Das Ergebnis kann sich sehen – und hören – lassen.
Foto von Erstbesitzer Albert Bongert auf seiner NSU 501 T. Darunter das Zweirad im desolaten Zustand, kurz nachdem das Kleine Motorradmuseum es von den Nachfahren damals erworben hatte. Das Ergebnis kann sich sehen – und hören – lassen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Damit kommt das Kleine Motorradmuseum – das mit über 30 zuweilen skurrilen Maschinen gar nicht mehr so klein ist - seinem Ziel wieder ein gutes Stück näher: „Wir möchten am Ende die komplette Zweiradpalette der traditionsreichen Marke NSU präsentieren können“, sind sich Tilman Henkel, Stephan Hombergen und Willi Minz einig. Noch ist Platz im „Showroom“ im Park der Villa Dickmann.

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Und die kultigen Fahrzeuge haben inzwischen sogar tierische Fans: Als Stephan Hombergen den löcherigen Auspuff schweißen will, ist auf einmal alles voller Rauch. „Da kamen Blätter, Eicheln und Nüsse zum Vorschein, offenbar hatte ein Eichhörnchen sein Lager darin angelegt, der Auspuff stand nämlich jahrelang lose im Schuppen ins Dinslaken, wo wir die Maschine damals abgeholt haben.“ Da sage noch einer, Motorräder seien ungemütlich.

Info und Kontakt: daskleinemotorradmuseum.de.