Bottrop. Die großen Ratsfraktionen sind mit der Arbeit der städtischen Wirtschaftsförderung nicht zufrieden und planen einen Umbau. Das bemängeln sie.

Die beiden größten Ratsfraktionen, SPD und CDU, stellen die Wirtschaftsförderung auf den Prüfstand. Gemeinsam haben die Fraktionen im Laufe der Haushaltsberatungen einen Antrag erarbeitet, der das Ziel hat, die Strukturen des Amtes zu überprüfen. Am Ende sollen Empfehlungen stehen, wie die städtische Wirtschaftsförderung neu aufgestellt werden kann.

Dabei haben SPD und CDU vier Standbeine im Blick, die die Wirtschaftsförderung in Zukunft abdecken sollte. Neben der klassischen Wirtschaftsförderung sind das die Bereiche Stadtmarketing, Tourismus und Hochschulangelegenheiten. Auch eine Ausgliederung in eine städtische Gesellschaft oder eine GmbH wollen die großen Fraktionen nicht ausschließen. Die Prüfung beinhaltet nämlich auch die Frage, ob ein solches Vorgehen zielführend sein könnte.

Herausforderungen in Bottrop zu für das jetzige Amt für Wirtschaftsförderung

Aus Sicht von SPD und CDU ist die Wirtschaftsförderung in Bottrop personell nicht ausreichend aufgestellt, dazu sei die organisatorische und aufgabentechnische Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Ein Satz aus dem Antrag: „Die Herausforderungen einer modernen Großstadt sind auch in den Bereichen WiFö, Tourismus, Stadtmarketing und Hochschulangelegenheiten enorm groß – zu groß für das jetzige Amt für Wirtschaftsförderung und Grundstücksangelegenheiten für Bottrop.“

Bei der öffentlichen Vorstellung des Antrags berichten Hermann Hirschfelder (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftsförderung und Frank Beicht, Sprecher der SPD im Ausschuss, dass sie den Besuch der Expo-Real in München auch genutzt hätten, um mit zahlreichen Vertretern anderer Städte über mögliche Organisationen und Strukturen der Wirtschaftsförderung zu sprechen.

CDU und SPD wünschen sich bessere Begleitung ansiedlungswilliger Unternehmen

Denn auch wenn es niemand direkt sagt: Es gibt in Teilen der Politik eine Unzufriedenheit mit der Wirtschaftsförderung. Das legt der gemeinsame Antrag der großen Fraktionen nahe. Man habe sich lange beraten und abgestimmt, um hier zu einem gemeinsamen Aufschlag zu kommen, so die beiden Fraktionsvorsitzenden Hermann Hirschfelder und Thomas Göddertz (SPD). „Uns ist dieses Thema wichtig.“

So wünschen sich die Fraktionen übereinstimmend, dass ansiedlungswillige Unternehmen besser begleitet werden. Nach dem Vorbild anderer Kommunen könnten Lotsen die Unternehmen durch den gesamten Prozess begleiten, auch Verbindungen zu anderen Ämtern halten, dort vermitteln und beraten, welche Schritte oder Genehmigungen in einem Ansiedlungsprozess weiter nötig sind. Gerde mit Blick auf die beiden großen City-Baustellen Hansa-Center und Karstadthaus sei das nötig.

Wirtschaftsförderung soll sich stärker als Dienstleister verstehen

Auch die Vermarktung von Flächen – bis dort dann tatsächlich gebaut wird, dauert SPD und CDU zu lange. Mit Blick auf die Gewerbeflächen Pinntal und Brandenheide in Kirchhellen und Grafenwald kritisieren sie, dass Interessenten zwar den Zuschlag erhalten haben, sich dann aber selbst darum kümmern müssen, wie es weitergeht. Hier sei die Wirtschaftsförderung als Dienstleister gefragt, die den gesamten Prozess betreuen müsse.

Auch die missglückte Ansiedlung eines Medizindienstleisters am Lamperfeld ärgert die Bottroper Wirtschaftspolitiker heute noch. Der Ausschuss hatte entschieden, das Grundstück zu verkaufen, danach sei lange Zeit nichts geschehen. Am Ende hat sich die Ansiedlung zerschlagen. Hier müssten dann auch Grundstücksverkäufe schneller über die Bühne gehen, so die Kritik der großen Fraktionen.

Wirtschaftsförderung muss Projekt nach Kritik stoppen

Auch an andere Stelle musste die Wirtschaftsförderung in den letzten Monaten Projekte wieder zurückziehen, beispielsweise den geplanten Pop-up-Biergarten an der Gladbecker Straße, mit dem Bottroper Wirte unterstützt werden sollten. Hier gab es Kritik von Wirten, deren Lokale nicht im Umfeld der Gladbecker Straße liegen, ebenso von angrenzenden Wirten, die deutlich machten, dass sie kein Personal für diesen Biergarten übrig hätten. Die Wirtschaftsförderung zog das schon groß angekündigte Projekt zurück, stattdessen unterstützt sie Gastronomen nun stadtweit bei der Organisation von Live-Events.

Das Ganze führt aber auch dazu, dass es unter Wirten, Einzelhändlern oder Unternehmen durchaus kritische Reaktionen auf die Arbeit der Wirtschaftsförderung gibt. Manch einer verdreht gar nur die Augen, wenn die Rede auf das Amt kommt.

Fraktionen wollen ihren Antrag „konstruktiv“ verstanden wissen

Die Ursachen dafür und die Frage, wie sich das besser aufstellen lässt, wollen SPD und CDU nun gemeinsam angehen. „Wir wollen in dem Falle helfen, wir nehmen unsere Aufgabe wahr, die Verwaltung weiter zu entwickeln“, so drückt es Hermann Hirschfelder aus. SPD und CDU wollen ihr Vorgehen ausdrücklich als „konstruktiv“ verstanden wissen, nicht gegen handelnde Personen gerichtet.

Dafür wollen sie auch Geld in die Hand nehmen, um gerade das Standbein Tourismus zu stärken. Die 2019 mit Fördergeldern eingerichtete auf zwei Jahre befristete Stelle wollen die beiden Parteien verlängern und dauerhaft einrichten. Gleichzeitig will man 10.000 Euro pro Jahr für Sachkosten in diesem Bereich ansetzen etwa zur Durchführung und Organisation von Veranstaltungen, Marketingkampagnen oder Veranstaltungen.

Drohender Konflikt mit dem Oberbürgermeister

Unklar ist nur, wie der OB zu der von seiner Partei und der CDU angestoßenen Umstrukturierung der Wirtschaftsförderung steht. Zumindest in der Öffentlichkeit nimmt Bernd Tischler die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes gegen alle Kritik in Schutz, lässt nichts auf sie kommen. Gut möglich also, dass den beiden größten Ratsfraktionen hier noch ein Konflikt mit dem Oberbürgermeister als Chef der Verwaltung ins Haus steht.