Bochum. .

Die rund 2000 Bochumer Opelaner haben am Montag bei ihrer Betriebsversammlung heftig über die 75 ausgesprochenen Änderungskündigungen diskutiert. 60 Kündigungsschutzklagen sind eingereicht, am 23. September sollen erste Fälle verhandelt werden.

Das übliche Gewerkschafts-Instrumentarium, wie schwarzer Pappsarg und rostige Sense, verstauten die Bochumer Opel-Mitarbeiter nach der Betriebsversammlung ordentlich in einem bescheidenen Opel-Meriva. Es sei ja in diesen Zeiten völlig offen, wann diese „Kampfmittel“ erneut benötigt würden. Folgt man dem Betriebsratsvorsitzendem Rainer Einenkel, der am Montag nach dieser – selbst für Bochumer Verhältnisse – äußerst turbulenten Zusammenkunft der rund 2000 Opelaner im Ruhr-Congress Bilanz zog, könnte dieser Zeitpunkt schon bald kommen.

Nerven liegen blank

Die Nerven liegen blank, seit die Kündigungen der Konzernmutter auf dem Tisch liegen. Jetzt geht es konkret um 75 sogenannte Änderungskündigungen. Im Klartext: Diese Mitarbeiter stehen vor der Wahl: Nach Rüsselsheim wechseln oder gleich die Papiere holen. Das wäre es dann. Doch die IG Metall kündigt harten Widerstand an. Bereits 60 Kündigungsschutzklagen sind raus gegangen. Das Prozedere ist ein langatmiges, so will es das Arbeitsrecht. Der erste Gütetermin liegt auf einem für Opel denkbar ungünstigen Tag. Am 23. September, nur drei Tage vor dem anvisierten Produktionsstart des neuen Zafira sollen die ersten Fälle vor dem Arbeitsgericht verhandelt werden.

Drinnen im modernen Kongressgebäude ging es heftig zur Sache. Selbst der erfahrene Gewerkschaftsmann Dirk Bresser, der für die IG Metall im Opel-Aufsichtsrat sitzt, hat so etwas noch nicht erlebt: „Wir sind jetzt an dem Punkt, wo wir sagen, das gefährdet dieses Standort“. Was er nicht offen ausspricht, sagen einige jüngere Kollegen, die vor der Halle in hitzigen Diskussionen stehen, unverhohlen. „Ja, es wurde auch mit Streik gedroht“. Einer mit gelbem (Opelfarbe) T-Shirt „Jeder kann der Nächste sein“, ruft dazwischen: „Und dabei fahren wir jetzt Tag für Tag Überstunden, das passt doch einfach nicht.“

Einenkel erklärt beunruhigende Zusammenhänge

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Was die Mitarbeiter so heftig auf die Palme bringt, sind neben der Tatsache, dass erstmals in der Bochumer Opel-Geschichte betriebsbedingte Kündigungen drohen, auch die „rechtlich nicht haltbaren Auswahlkriterien“. Helmut Bonk, im Betriebsrat für Personal- und Kündigungsfragen zuständig, erläutert. Es sei doch überhaupt nicht nachvollziehbar, dass etwa ein 48-jähiger Mitarbeiter mit zwei Kindern, der seit 23 Jahren im Bochumer Werk arbeite, die Kündigung erhalten habe, während ein 25-Jähriger, der nur fünf Jahre bei Opel schaffe, kein solches Schreiben erhalten habe.

An der Pressekonferenz im Ramada-Hotel, gleich neben dem Congress-Center, ist der bedächtige Rüsselsheimer Opel-Konzern-Sprecher Andreas Kroemer diesmal als Zuhörer vergattert. Einenkel spricht und stellt Zusammenhänge her, die den Öffentlichkeitsarbeitern eigentlich kalte Schauer über den Rücken jagen müssten.

Beinahe genüsslich erinnert Einenkel daran, dass im kommenden Jahr das Bochumer Werk sein 50. Jubiläum feiert und – was die Rüsselsheimer wohl weit mehr tangieren dürfte, Urvater Adam Opel schraubte im Herbst 1862 in der väterlichen Werkstatt seine erste Opel-Nähmaschine zusammen – 150 Jahr Opel also. Das alles im gleichen Atemzug mit Kündigungen und Arbeitsgerichtsverfahren könne doch nicht passen. Und Einenkel legt eins drauf und erinnert an die Frankfurter IAA, wo Opel eigentlich mit Ampera oder dem Zafira Tourer punkten will, stören die Missklänge aus Bochum sicher ganz gewaltig.

Opel

Opel öffnet  die Werkstore für Mitarbeiter sowie deren Familien und Freunde in Bochum.
Opel öffnet die Werkstore für Mitarbeiter sowie deren Familien und Freunde in Bochum. © WAZ FotoPool
Oldtimer durften auf dem Werksgelände gefahren werden.
Oldtimer durften auf dem Werksgelände gefahren werden. © WAZ FotoPool
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Die Astra-Produktion.
Die Astra-Produktion. © WAZ FotoPool
Hier wird bald der neue Zafira gebaut.
Hier wird bald der neue Zafira gebaut. © WAZ FotoPool
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 Werksleiter Manfred Gellrich mit Betriebsrat Rainer Einenkel
Werksleiter Manfred Gellrich mit Betriebsrat Rainer Einenkel © WAZ FotoPool
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