Bochum-Wattenscheid. Blau? Im Streit um die Farbe der Sitze im Lohrheidestadion bezieht die Stadt Bochum nun Stellung. Vorwürfe aus Wattenscheid weist sie zurück.
Im Streit um die Farbe der Sitze im Lohrheidestadion sieht sich die Stadt Bochum zu Unrecht angegriffen. Vorwürfe aus Wattenscheid, man informiere nicht ausreichend, ignoriere den Stadtteil und gehe das heikle Thema nicht ausreichend sensibel an, werden im Rathaus zurückgewiesen. Dezernent Dietmar Dieckmann und Ute Feinweber, Projektleiterin des Stadion-Umbaus, sind bemüht, die Gemüter zu beruhigen. Gleichwohl steht für beide fest: Die Farbauswahl bleibt.
Streit um Sitze im Lohrheidestadion: Warum die Stadt Bochum bei ihrer Farbwahl bleibt
Für 55 Millionen Euro wird das Lohrheidestadion in Wattenscheid derzeit umgebaut und modernisiert, um dort künftig nationale und internationale Leichtathletik-Meisterschaften veranstalten können. Ein Großteil der Kosten wird vom Land übernommen. Darüber freuen sich die Wattenscheid sehr. Unmut kam allerdings auf, als im März auf Instagram eine Visualisierung der neuen Tribüne verbreitet wurde. Auf dieser Computer-Animation sehen die Sitzschalen blau und weiß aus. Die Farben des Fußball-Rivalen VfL Bochum im Lohrheidestadion? Für viele Wattenscheider ein Skandal und wieder mal ein Beleg, wie sehr das große Bochum auf den Gefühlen des kleinen, aber stolzen, einst eigenständigen Stadtteils herumtrampelt.
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In der Folge entbrannte eine hitzige Diskussion. Fans der SG Wattenscheid 09 protestierten mit Bannern und in einem offenen Brief, Lokalpolitiker schossen gen Rathaus, fühlten sich nicht informiert, und zuletzt geriet auch Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog (SPD) in die Schusslinie, nachdem er im WAZ-Interview das Vorgehen der Stadt und die Farbauswahl unterstützt hatte.
Man sei von der öffentlichen Debatte kalt erwischt worden, heißt es aus dem Rathaus. „Wir hatten einen festen Fahrplan in Sachen Kommunikation und Information“, sagt Dietmar Dieckmann. Dabei habe man „nicht auf dem Schirm gehabt, dass die Visualisierung der Tribüne vorab viral geht“. Zumal die Sitze darauf eine ganz andere Farbe hätten, als es am Ende sein wird.
Die Animation sei für ein Treffen mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) entworfen worden, erklärt Ute Feinweber. „Dabei ging es vor allem um die blaue Laufbahn. Die Sitze und deren Farbe spielten gar keine Rolle.“ Der Architekt habe einfach eine Farbe gewählt.
Stadt Bochum plant im Lohrheidestadion um: Zur blauen Laufbahn sollen auch die Sitze farblich passen
Ursprünglich sei angedacht gewesen, die rote Laufbahn zu behalten und auf beiden Tribünen beigefarbene Sitzschalen zu installieren. Doch wegen der bergbaulichen Bohrungen war die Tartanbahn so löchrig und geflickt, dass sich die Stadt im Februar entschied, auf den ursprünglichen Wunsch des TV Wattenscheid 01 einzugehen und eine blaue Laufbahn zu verlegen. „Alle große Laufbahnen der Welt sind inzwischen blau“, weiß Ute Feinweber. „Das kommt wegen des besseren Kontrasts auch den Fernsehanstalten entgegen. Von daher bot sich das hier an.“
In diesem Zuge ist allerdings auch das Farbkonzept für die Sitzschalen angepasst worden. „Das Ganze soll ja stimmig sein“, so Feinweber. Und ja, es werde blaue Sitze geben, sagt Dietmar Dieckmann. „Aber nicht in den VfL-Farben.“ Zwei Blau- und zwei Grautöne seien ausgewählt worden, je einer heller und einer dunkler. „58 Prozent der Sitze werden grau sein, 42 Prozent blau. Sie werden so gemischt, dass es fleckig wirkt.“ An den VfL erinnere da gar nichts.
Das Begleitgremium des Stadionumbaus sei – wie vorgesehen – am 17. April bei der nächsten, turnusmäßigen Sitzung informiert worden, die Bezirksvertretung Wattenscheid einen Tag später, am 18. April, bei einer Führung über die Baustelle. Die drei betroffenen Vereine bekommen das Farbkonzept am Mittwoch vorgestellt, wenn Baubesprechungen anstehen. „Dann geht es natürlich um die Stadionsitze, aber hauptsächlich um ganz andere Dinge“, berichtet Ute Feinweber und nennt Beispiele: „Die Leichtathleten des TV 01 wollen wissen, wo sie trainieren können, wenn der Umbau des Stadion-Innenraums startet, bei der SG 09 geht es um die künftige Blockeinteilung, die Kioskversorgung und den Spielbetrieb ab Sommer, und mit Rot-Weiß Leithe sprechen wir den Plan ab, die eigene Küche mit ins neue Vereinsheim zu nehmen.“
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Das Farbkonzept hätten Architekt, Fachplaner, Projektsteuerung und Stadtverwaltung gemeinsam erarbeitet, sagt Dezernent Dietmar Dieckmann. Und da bleibe es jetzt auch bei. Im März sei die Bestellung herausgegangen und nicht rückgängig zu machen. Damit erteilt er auch dem Vorstoß der Bezirksvertretung Wattenscheid eine Absage, die sich für die Farben der olympischen Ringe starkgemacht hatte. „Das ist am Ende das einzige Leichtathletikstadion in NRW. Da werden wir bestimmt nicht Düsseldorf kopieren.“
Bloß keine baulichen Verzögerungen: Warum die Stadt Bochum beim Stadionumbau unter Zeitdruck steht
Auch könne man sich eine Änderung zeitlich kaum leisten. „Es darf zu keiner baulichen Verzögerung kommen“, stellt Dieckmann klar. „Wir müssen im Februar 2025 fertig sein.“ Der internationale Hochschulsportverband trägt im Juli 2025 die World University Games in der Metropolregion Rhein-Ruhr aus – die Leichtathletik-Wettbewerbe der bis 2020 als Universiade bekannten Multisportveranstaltung finden im Lohrheidestadion statt.
Wer führt das Begleitgremium?
Auch zu dem Vorwurf aus CDU-Reihen, das Begleitgremium zum Lohrheidestadion-Umbau müsse gemäß Ratsbeschluss von einem Politiker geführt werden, äußert sich Dezernent Dietmar Diekmann. Er selbst sei zu Beginn als Vorsitzender vorgeschlagen worden und habe diese Position seither inne.
Das müsse aber nicht so bleiben, zeigt sich Diekmann diesbezüglich gesprächsbereit. „Wir werden das bei dem nächsten Treffen des Gremiums klären.“