Bochum. Seit 33 Jahren ist der Bergbauzulieferer Eickhoff aus Bochum in der Windkraftbranche tätig – mit einem rasanten Wachstum und herben Rückschlägen.
Eickhoff blickt auf eine lange Firmengeschichte zurück. 1864 in Bochum gegründet, hat sich das Familienunternehmen in den folgenden 159 Jahren zu einem erfolgreichen Bergbauzulieferer entwickelt.
Krise in Windkraft-Branche trifft Eickhoff Bochum – mehr zum Thema:
- Das Bochumer Traditionsunternehmen Eickhoff steigt aus der Serienfertigung von Windkraftgetrieben aus.
- Wie konnte es soweit kommen? Ursachenforschung
- Reaktionen aus dem Unternehmen
Vor 33 Jahren: Eickhoff baut sein erstes Getriebe für eine Windkraftanlage
Vor gut 30 Jahren hat es angesichts des sich anbahnenden Kohle-Aus in Deutschland damit begonnen, ein zweites Standbein in einer zukunftsträchtigen Branche aufzubauen: der Windenergie. Seitdem hat die Eickhoff-Gruppe mit ihrer Windsparte einen zum Teil rasanten Aufstieg erlebt – unterbrochen aber immer wieder auch durch Rückschläge. Ein Überblick.
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1864: Firmengründung und Auftakt einer Entwicklung zum erfolgreichen Bergbauzulieferer
1990: Eickhoff baut das erste Windkraftgetriebe mit einer Leistung von 50 Kilowatt (kW).
1994: Erster Serienauftrag für Windkraftgetriebe mit 600 kW Leistung
1998: Erste Getriebe mit Leistungen von mehr als 1 Megawatt (MW)
Leistungsschub und neuer Produktionsstandort in Sachsen
2001: Erstes Getriebe mit einer Leistung von 3,6 MW für die Anwendung vor der Küste (Offshore)
2003: Entwicklung hochlastfähiger Seriengetriebe
2009:Produktionsstart des Werks Eickhoff Wind Power in Klipphausen (Sachsen), Investition: 50 Millionen Euro
2011: Bei „Eickhoff Wind Power“ herrscht Flaute, weil die Finanzkrise von 2007 zeitverzögert auch den Windenergiemarkt erfasst.
Entlassungen im Jahr des 150. Firmengeburtstags
2014: Eickhoff feiert den 150. Firmengeburtstag mit einem Tag der offenen Tür, im gleichen Jahr trennt sich die Firmengruppe von 140 Mitarbeitern.
2015: Rückenwind für Eickhoff: Das Werk in Klipphausen produziert jährlich 650 Getriebe – mehr geht nicht. Für die Großkunden Nordex und Senvion werden Getriebe für Windenergieanlagen auf dem Festland (Onshore) produziert.
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2016: 184 Beschäftigte in Bochum müssen gehen; Geschäftsführer Paul Rheinländer (71) geht altersbedingt in den Ruhestand, sein Nachfolger wird der bisherige Windkraft-Chef Ralf Wittor. Etwa drei Viertel der Eickhoff-Umsätze von etwa 280 Millionen Euro jährlich entfallen auf den Zukunftsmarkt Windkraft.
Großkunden Nordex und Senvion geraten in Schwierigkeiten
2017: Die Serienfertigung von Windkraft-Getrieben wird komplett nach Klipphausen verlegt, wo zugleich Kurzarbeit angemeldet wird. Bislang war 30 Prozent der Produktion in Bochum erledigt worden. Dort bleiben Konstruktion, Service und Industriegeschäft. Die Großkunden Nordex und Senvion kündigen die Entlassung von Hunderten Mitarbeitern an. Abgefedert wird die schwierige Umsatzlage im Zukunftsmarkt Wind durch überraschende Auftragseingänge im traditionellen Bergbaugeschäft, vor allem aus China.
2018: Eickhoff verkauft die 2001 erworbene Schalker Eisenhütte an das kanadische Unternehmen Nordic Minesteel Technologies.
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2019: Der Insolvenzantrag des Windkraftanlagenherstellers Senvion, einem der beiden deutschen Abnehmer für Eickhoff-Getriebe, hat nachhaltige Folgen für die Bochumer: Kurzarbeit für 50 Prozent in der hiesigen Antriebstechnik mit ihren 170 Beschäftigten und 100 Prozent am Produktionsstandort Klipphausen mit seinen 250 Mitarbeitern. Vorübergehend übernimmt Paul Rheinländer wieder die Funktion des Geschäftsführers. 150 Beschäftigte verlassen im Laufe des Jahres das Unternehmen. Senvion, bis dato Hauptabnehmer der Eickhoff-Getriebe, ist pleite. Insgesamt sind noch 1500 Mitarbeiter für die Eickhoff-Gruppe tätig: in Bochum sind es 1050, im sächsischen Klipphausen 150, außerdem weltweit 300 Servicetechniker. 2019 hat die Eickhoff-Gruppe einen Umsatz von 263 Millionen Euro erzielt, davon 177 Millionen Euro in der mittlerweile wieder erstarkten Bergbautechnik.
Neuer Hoffnungsträger: das Werk in Indien
2020: Im November hat Eickhoff Wind Asia mit dem Bau des Werks in Wallajabad nahe der Millionenmetropole Chennai im Südosten von Indien begonnen. „Wir glauben an Windkraft und investieren daher weiter“, sagt der neue Geschäftsführer Ulf Achenbach über die Investition „im zweistelligen Millionenbereich“.
2022: Das Montagewerk in Indien wird eröffnet. Beliefert werden sollen von dort zum Beispiel Abnehmer in Nord- und Südamerika. Hergestellt werden können Getriebe mit einer Leistung von bis zu acht Megawatt. Bei Eickhoff in Bochum herrscht gedrückte Stimmung in der Belegschaft. Die Windkraftsparte steht unter Druck. Der Sanierungsexperte Stephan Maas wird als einer von nun drei Geschäftsführern ins Haus geholt.
Geschäftsführung kündigt Ende der Serienfertigung an
19. April 2023: Eickhoff verkündet das Aus der Serienproduktion von Getrieben für Windkrafträder. Das Werk in Klipphausen wird voraussichtlich Ende des Jahres geschlossen, das Werk in Indien soll verkauft werden.