Bochum. Beim Familientag zum 150. Geburtstag von Eickhoff nutzen viele Familienmitglieder von Beschäftigten und Ehemaligen die Chance, um einen Blick in eines der traditionsreichsten Unternehmen der Stadt zu werfen. Ludger Hinse schafft ein Kunstwerk, mit dem die Beschäftigten ihre Firma beschenken.
Wenn der Eickhoff-Werkschor mit den Herren in weinroten Blazern ein Lied der Toten Hosen singt („An Tagen wie diesen“), wenn es in der Gießerei nicht ohrenbetäubend laut und beinahe unerträglich heiß ist, sondern die riesige Halle blitzblank und in rotes und blaues Licht getränkt ist und wenn nicht behelmte Männer über das Firmengelände schreiten, sondern Familien von Halle zu Halle schlendern, dann muss es ein besonderer Tag für eines der traditionsreichsten und größten Firmen Bochums sein. Eickhoff, einst Bergbauzulieferer und längst auch auf anderen Geschäftsfeldern erfolgreich, feiert seinen 150. Geburtstag. Einige Tausend Gäste – Mitarbeiter und Angehörige, Ehemalige und Freunde – nutzten die seltene Chance, um am Familientag einen Blick in das Werk „Am Eickhoffpark“ zu werfen.
„Alle 25 Jahre muss das schon sein“, sagt Geschäftsführer Paul Rheinländer – auch wenn so ein Festtag den laufenden Betrieb ganz schön durcheinanderbringt. Mittwochabend etwa wurden in der Gießerei die Öfen ausgemacht und damit begonnen, alles blank zu wienern. „Da sind eine Menge Besen und Staubtücher drauf gegangen“, sagt Rheinländer und lächelt schelmisch. Er weiß: Die Belegschaft hat sich mächtig ins Zeug gelegt, damit das ganze Werke picobello aussieht. Er spricht von einem „bedeutenden Tag“ und einem „Zeichen der Identifikation der Belegschaft mit ihrer Firma“, die viel mehr sei als nur eine Quelle des Einkommenserwerbs.
Viele sind mit ihren Familien gekommen
Heinz Nievel sieht das genauso. Der 63-jährige Vorruheständler ist natürlich da an diesem Tag. Und kaum hat er die Gießerei betreten, hört er schon hier ein „Hallo Heinz“, bekommt er dort einen Klaps auf die Schulter, fragen ihn viele, wie es denn so gehe. Auch deshalb sagt der Mann, der 49 Jahre als Former in der Firma gearbeitet hat: „Eickhoff ist ein Familienbetrieb.“
Viele sind mit ihren Familien gekommen. Um ihnen zu zeigen, wo sie arbeiten und was sie schaffen. Christoph Redicker (19) etwa, der vor einem Jahr mit seiner dualen Ausbildung begonnen hat und mit Mutter, Vater, Schwester und Freundin durch die Hallen streift. „Das ist schon sehr interessant“, sagt Mutter Ines Redicker, die sich nun eine Vorstellung davon machen kann, was ihr Sohn in seiner Ausbildung als Zerspanungsmechaniker zu tun hat. Aus Meppen ist sogar Familie Voss angereist. Stefan Voss hat vor kurzem als Ingenieur angefangen, durchläuft gerade ein Trainee-Programm und freut sich, selbst einmal die Chance zu haben, ganz entspannt das gesamte Werk kennen zu lernen. Der weisende Zeigefinger und Sätze wie „Schau mal da“ sind an diesem Tag allgegenwärtig.
Belegschaft setzt die „Segel der Geschichte“
„Es war die schwierigste Entscheidung als Betriebsratsvorsitzender“, sagt Heinrich Denninger. Was sollte die Belegschaft der Firma schenken zum 150. Geburtstag? Ein Kunstwerk sollte es sein, ein Prozent eines Bruttomonatslohns stellte dafür jeder Beschäftigte zur Verfügung.
Ludger Hinse, Künstler und ehemaliger IG-Metall-Chef in Bochum, erschuf im Auftrag die „Segel der Geschichte“. Sieben farbige, transparente Segel, „aufgezogen“ an Edelstahlmasten, dokumentieren auf einem Rasenstück zwischen Verwaltung und Produktionshalle wichtige Meilensteine der Firmenhistorie wie etwa das Jahr 1964, in dem bei Eickhoff die Stempeluhr abgeschafft wurde. Noch unbeschrieben ist das neunte, gelbe Segel. Denn, so Hinse: „Die künftige Geschichte der Firma ist ja noch ungeschrieben.“
Was sie bringen wird? Wünsche sind zum Geburtstag erlaubt: Geschäftsführer Paul Rheinländer hofft, „dass wir die neuen Geschäftsfelder weiter erfolgreich aufbauen“, Betriebsratsvorsitzender Denninger möchte, „dass so lange wie möglich an diesem Standort Arbeitsplätze erhalten und neue entstehen werden und viele Menschen unter vernünftigen Arbeitsbedingungen Geld verdienen können“. Spätestens 2039, zum 175. Geburtstag, wird Bilanz gezogen. Dann ist auch das gelbe Segel kein unbeschriebenes Blatt mehr.