Bochum. In der Bochumer City wurde erstmals ein „Klimacamp“ aufgebaut. Diese Jugendlichen zelten rund um die Uhr für mehr Klimaschutz.
Erstmals findet jetzt in Bochum ein „Klimacamp“statt. Am Mittwoch wurde es vor der Pauluskirche in der Innenstadt aufgebaut. Bis 20. Mai steht dort eine kleine Zeltstadt, in der für mehr Klimaschutz demonstriert wird. Die WAZ sprach mit zwei der Organisatoren, der Schülerin Rosalie Stark (16) und dem Schüler Marc Hornig (18).
„Klimacamp“ in Bochum: Diese Jugendlichen zelten für mehr Klimaschutz
Wie kam es zu der Idee, erstmals auch in Bochum ein „Klimacamp“ zu veranstalten?
Marc Hornig: Wir mussten wiederholt feststellen, dass unsere Landesregierung und der Stadtrat nicht willens sind, ausreichende Maßnahmen für das 1,5-Grad-Ziel zu beschließen. Und dass, obwohl die Zeit drängt, obwohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an jedem einzelnen Tag seit mehreren Jahren Auswirkungen der Klimakrise nachweisen konnten. Rund um die Uhr sind Menschen von der Klimakrise getroffen und deshalb wollten wir eine Demo organisieren, die ebenfalls rund um die Uhr auf die Klimakrise aufmerksam macht.
Jeder ist im Bochumer „Klimacamp“ willkommen
Wer nimmt an dem Camp teil?
Hornig: Am Klimacamp ist jede und jeder willkommen. Egal ob aus Bochum oder nicht, ob jung, ob alt, ob klimapolitisch interessiert oder nicht. Wir haben einige Programmpunkte organisiert, aber auch dazwischen steht das Camp offen, um zu diskutieren und in den Austausch zu treten.
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Welche wichtigsten Ziele bezwecken Sie mit dem Klimacamp?
Hornig: Wir fordern, dass Bochum bis 2030 klimaneutral ist. Dafür müssen die erneuerbaren Energien massiv gefördert und ausgebaut werden. Außerdem muss für eine klimaneutrale Stadt, das Radwegenetz flächendeckend ausgebaut und ein Wandel von der autogerechten Stadt hin zur grünen Stadt vollzogen werden. Noch immer passieren in Bochum viel zu viele Verkehrsunfälle mit Radfahrerinnen und Radfahrern. Viele von diesen können durch ein engmaschiges Radwegenetz verhindert werden. Eine weitere Forderung ist, die Flächenversiegelung in Bochum zu stoppen und schon bereits versiegelte Flächen zu renaturieren, um unserer Mitwelt wieder Platz zu geben. Grünflächen und Wälder binden viel CO2 und schützen die Biodiversität und die planetaren Grenzen.
Zelte für das Klimacamp werden ausgeliehen, nicht gekauft
Woher kommen das Geld und das Material für das Klimacamp?
Rosalie Starke: Aus unterschiedlichen Einnahmequellen, wie Spendengelder von Privatpersonen oder Organisationen, die uns unterstützen wollen. Auch Fridays for Future unterstützt uns mit Geldern. Grundsätzlich lässt sich aber sowohl zu den Geldern als auch zu dem Material sagen, dass wir versuchen, beides gering zu halten. Bei den Materialien beispielsweise leihen wir die Zelte aus, anstatt sie zu kaufen, und so verfahren wir mit vielen Dingen. Was wir verkaufen, versuchen wir weiterzuverwenden und auch für zukünftigen Gebrauch offen zu halten.
Im Camp schlafen einige Teilnehmer auch nachts. Gehen sie am nächsten Morgen wieder zur Schule, zur
Programmpunkte des Klimacamps
Zum „Klimacamp“ gibt es auch ein Programm. Hier ein paar Auszüge:
Am 5. Mai gibt es abends ein öffentliches Plenum von Scientists for Future (SFF).
Am 6. Mai findet eine Demo von Fridays for Future (FFF) statt, die am Klimacamp enden wird.
Am 11.5. hält die „Radwende“ um 19 Uhr einen Vortrag zu „100 Jahre Radfahren in Bochum“. Am selben Tag um 13 Uhr schaut auch OKNB (Ohne Kerosin nach Düsseldorf) im Klimacamp gegen 13 Uhr vorbei – eine mehrtägige Fahrraddemo von Bielefeld nach Düsseldorf.
Am 12.5 präsentiert „Stadt für alle“ zusammen mit BUND, DGB, Mieterverein, Anwohner*innen u.a. einen gemeinsamen Vortrag zu bezahlbarem und klimagerechten Wohnen.
Auch außerhalb der Aktionen ist das Camp für alle geöffnet.
Uni oder zur Arbeit?
Rosalie Starke: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welche im Camp schlafen, gehen je nach Flexibilität am nächsten Tag zur Uni oder Schule. Das ist ganz individuell. Studentinnen und Studenten sind da meist flexibler als Schülerinnen und Schüler, aber es wird immer so geregelt, wie Kapazitäten da sind.
Können die Passanten die Teilnehmer des Camps jederzeit ansprechen und über das Klimaproblem debattieren?
Rosalie Starke: Selbstverständlich dürfen uns Passantinnen und Passanten ansprechen. Wir wollen ja mit den Menschen in einen Austausch kommen und sie dazu anregen über das Klimaproblem zu debattieren. Wir freuen uns auf herzliche Gespräche, solange wir uns gegenseitig respektieren, sind wir immer offen.
Klimacamp: Viele sind sich der Dringlichkeit des Klimaproblems nicht bewusst
Haben Sie den Eindruck, dass sich große Teile der Bevölkerung der Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit des Klimaproblems auch heute noch nicht richtig bewusst sind?
Marc Hornig: Es spielt in dem Diskurs hierzulande nur eine untergeordnete Rolle, dass für besonders betroffene Länder und Menschen in aller Welt drastische Folgen der Klimakrise jetzt schon Realität sind, dass in Teilen Indiens mehr als 60 Grad gemessen wurden, dass in Somalia, Äthiopien und Kenia aktuell eine Dürre zu einer Hungersnot führt. Durch den fehlenden Diskurs darüber denke ich nicht, dass sich alle der Ernsthaftigkeit des Themas bewusst sind.
Rosalie Starke: Dazu kommen Vorurteile, und das, obwohl diverse Studien zeigen, dass eine Vereinbarkeit von sozialer und ökologischer Gerechtigkeit möglich ist - wenn sie denn politisch gewünscht ist.