Essen. Rot-Weiss Essen will mit Trainer Uwe Koschinat die Wende schaffen. Wie passt sein fußballerischer Ansatz zu RWE? Eine Analyse liefert Antworten.

  • Uwe Koschinat hat Christoph Dabrowski als Trainer bei Rot-Weiss Essen beerbt. In seinen ersten beiden Spielen gegen direkte Konkurrenten holte RWE nur einen Punkt und überwintert auf Platz 18.
  • Bei seinen letzten Stationen in Saarbrücken, Bielefeld und Osnabrück fehlte Koschinat das Glück. Bei der Arminia und beim VfL übernahm er in prekären Lagen.
  • Koschinat hat eine andere taktische Herangehensweise als sein Vorgänger. Wie der neue RWE-Trainer arbeitet und wie seine Mannschaften zuletzt spielten, analysieren die Datenprofis von Createfootball.

Zwei Spieltage vor der Winterpause trafen die Verantwortlichen des Fußball-Drittligisten Rot-Weiss Essen eine harte Entscheidung, die nicht bei allen Fans des Traditionsvereins auf volle Zustimmung gestoßen ist. Trainer Christoph Dabrowski wurde nach der 0:3-Pleite gegen 1860 München in seiner dritten Saison an der Hafenstraße von seinen Aufgaben entbunden. Den Absturz in den Tabellenkeller der 3. Liga konnte er nicht verhindern, dennoch hatte er sich in großen Teilen der Anhängerschaft Respekt erarbeitet, was bei den letzten beiden RWE-Spielen spürbar war, als es einige warme Worte für Dabrowski gab.

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    Die Wahl fiel wenige Tage nach der Trennung auf Uwe Koschinat (53). Der erfahrene Cheftrainer soll die bisher enttäuschenden Essener vor dem Abstieg bewahren. Bei seiner Antrittsrede hatte er Hoffnung auf eine schnelle Wende gemacht. „Meine Stärke ist es, sehr schnell neue Kräfte zu bündeln, eine neue Energie zu entfachen und nach vorne zu schauen.“

    Rot-Weiss Essen: Koschinat wieder als Feuerwehrmann gefragt

    Die gewünschten Ergebnisse lieferte Koschinat in den wichtigen Kellerduellen in Osnabrück (0:2) und gegen den VfB Stuttgart II (2:2) nicht, gegen die Schwaben war aber trotz personeller Probleme eine deutliche Leistungssteigerung erkennbar. Seine letzten beiden Versuche als Feuerwehrmann in deutlich schwierigeren sportlichen Lagen bei Arminia Bielefeld und beim VfL Osnabrück scheiterten, im seinem dritten Anlauf soll der Klassenerhalt nun gelingen. Hat Rot-Weiss Essen in dieser Situation den richtigen Trainer geholt? Wie passt seine Herangehensweise zu RWE? Eine Traineranalyse der Datenexperten von Createfootball liefert Antworten auf diese Fragen.

    Uwe Koschinat: Ein Blick auf seine letzten Stationen

    Uwe Koschinat bringt viel Drittliga-Erfahrung mit zur Hafenstraße, das ist in dieser prekären Lage kein Nachteil für RWE. Er hatte seine mit Abstand stärkste Zeit bei Fortuna Köln, als er nach drei Jahren Regionalliga 2014 den Aufstieg in die 3. Liga schaffte und den Klub bis 2018 dort etablieren konnte. Sein Punkteschnitt von 1,58 Zählern in 298 Spielen konnte sich sehen lassen, in der 3. Liga waren es immerhin 1,28 Punkte in 163 Spielen.

    Rot-Weiss Essen: Koschinat verließ nach Sandhausen das Glück

    Auch anschließend in Sandhausen leistete Koschinat gute Arbeit, er führte den Klub erst zum Klassenerhalt und dann zur besten Vereinssaison mit Platz zehn in der 2. Bundesliga. An diese Erfolge konnte der in Koblenz geborene Fußballlehrer bei seinen folgenden Stationen nicht mehr anknüpfen. In Saarbrücken wurde Koschinat zu Beginn seiner zweiten Saison entlassen, in Bielefeld (drei Monate) und Osnabrück (zehn Monate) war er kein ganzes Jahr im Amt. Er stieg mit beiden Teams aus der 2. Bundesliga ab und schaffte es nicht, Osnabrück in der 3. Liga zu stabilisieren. Nur einen Sieg konnte er mit dem VfL bis zur Entlassung am 6. Spieltag der aktuellen Saison holen. Seine Umstellung von Defensiv- auf Ballbesitzfußball misslang.

    Beim VfL Osnabrück wurde Uwe Koschinat zu Beginn dieser Saison entlassen.
    Beim VfL Osnabrück wurde Uwe Koschinat zu Beginn dieser Saison entlassen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

    Allerdings muss betont werden, dass Koschinat sowohl in Bielefeld als auch in Osnabrück ein Himmelfahrtskommando angenommen hatte. Er schaffte es jeweils in prekärer Lage, den Punkteschnitt der Arminia und auch des VfL Osnabrück merklich zu steigern. In Bielefeld von 0,91 auf 1,19 und in Osnabrück von 0,54 auf 1,05. Gelingt ihm eine ähnliche Steigerung auch in Essen, sollte es für den Klassenerhalt reichen. Julian Günther-Schmidt, sein ehemaliger Schützling in Saarbrücken, glaubt daran: „Ich traue Essen mit ihm durchaus den Klassenerhalt zu“, sagte er dem RevierSport.

    Spielstil von Uwe Koschinat

    Der neue RWE-Trainer bevorzugt eine offensive 4-3-3-Grundformation, ist aber auch in der Lage, seine Formation wie bei seinen ersten Spielen in Essen gegnerbedingt anzupassen. Er setzte in Osnabrück vermehrt auf ein 4-2-3-1 oder 3-5-2. Der 53-Jährige lässt mit viel Intensität agieren, seine Teams laufen überdurchschnittlich viel. Laufintensität ist in dieser Saison bei RWE ein Riesenproblem, das Koschinat in der Vorbereitung sicher angehen wird.

    Neuer RWE-Trainer setzt auf Pressing und „Underdog-Fußball“

    Seine Teams agierten in der Vergangenheit aus einer stabilen Defensive heraus mit maximaler Zweikampfintensität. Hohes Anlaufen ist für Koschinat wichtig, das war schon gegen Stuttgart zu sehen. Dadurch können hohe Ballgewinne erzielt werden, die zu tornahen Umschaltmomenten führen. Aggressives Pressing war in den ersten Jahren unter Dabrowski noch ein Erfolgsfaktor für RWE, es wurde im Laufe dieser Saison aber fast komplett eingestellt, was ihm letztlich auch den Job kostete.

    Koschinat bevorzugt mit dem Ball ein sehr geradliniges, vertikales Spiel mit viel Tempo. Er legt wenig Wert auf Ballbesitz, bisher hat er bei jeder Station mit „Underdog-Fußball“ von Umschaltsituationen gelebt. Ausbaufähig war stets die Chancenverwertung seiner Teams. Ein Problem, das seine neue Mannschaft durch die komplette Hinrunde begleitete.

    Wie passt Trainer Uwe Koschinat zu Rot-Weiss Essen?

    Seine Erfahrung als Drittligatrainer und die Erkenntnisse aus dem Abstiegskampf bei seinen vorherigen Stationen werden RWE kurzfristig helfen. Allerdings hat Koschinat die Fähigkeit, Teams nachhaltig weiterentwickeln zu können, seit seinem Abgang von Fortuna Köln vermissen lassen. Es darf zumindest angezweifelt werden, ob ein Vertrag bis 2026, den er in Essen erhalten hat, die richtige Entscheidung ist. Zu dieser Einschätzung kommen die Datenanalysten von Createfootball.

    Uwe Koschinat hat einen Vertrag bis 2026 bei Rot-Weiss Essen unterschrieben.
    Uwe Koschinat hat einen Vertrag bis 2026 bei Rot-Weiss Essen unterschrieben. © Getty Images | Michael Titgemeyer

    Zuletzt konnte Koschinat zwar den Punkteschnitt abstiegsbedrohter Teams steigern, den Abstieg aber auch mit individuell solide besetzten Teams nicht verhindern. Seine gelebte Emotionalität und ein Spielstil, bei dem Laufintensität, Pressing und mannschaftliche Organisation an vorderster Stelle stehen, passen zu dem Fußball, den RWE an der Hafenstraße spielen lassen will. Sein vertikaler Spielstil nimmt zwar Druck von der Hintermannschaft, sorgte aber in der Vergangenheit nur selten für hochwertige Torchancen. Die Offensivperformance von RWE ist ein großes Manko. Es erscheint unwahrscheinlich, dass Koschinat hierfür die richtigen Lösungsansätze finden kann.

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