Gladbeck. Der BV Rentfort überwintert in der Bezirksliga 9 auf dem letzten Tabellenplatz. Für den Absturz der Gladbecker gibt es Gründe. Eine Analyse.
Der BV Rentfort war in den vergangenen Jahren stets ein Hort der sportlichen Stabilität. Sorgen bereitete eigentlich immer nur die Zweitvertretung, die in der Kreisliga A häufig um den Klassenerhalt bangen musste. Die erste Auswahl des BVR dagegen, die zählte in der Bezirksliga 9 oftmals sogar zu den stärksten Teams - es war eine etablierte Mannschaft, die an einem guten Tag und insbesondere an der heimischen Hegestraße jeden Kontrahenten bezwingen konnte und die in Gladbeck in Sachen Fußball lange Zeit die Nummer eins war. In dieser Saison läuft die Erste allerdings neben der Spur - und das von Anfang an.
Die Zahlen sprechen für sich, beziehungsweise in diesem Fall gegen den BV Rentfort: Gerade einmal elf Punkte konnte das Team von Trainer Marc Schäfer in den ersten 15 Spielen der Runde 2024/2025 holen. 26 Tore brachte es dabei zustande, das ist noch okay. 57 Gegentreffer sind dagegen alles andere als das. Der BVR verfügt damit über die schwächste Defensive der Staffel 9. Absoluter Tiefpunkt war natürlich die 1:14-Heimklatsche gegen den BV Herne-Süd.
Mit dieser Horrorbilanz überwintern die Rentforter beinahe folgerichtig auf dem 15. und letzten Tabellenplatz. Allerdings sind sie noch längst nicht abgeschlagen. Der Rückstand auf die SG Herne 70, die den ersten Nichtabstiegsplatz belegt, beträgt gerade einmal drei Punkte. Und davor liegen der VfB Hüls, der SV Hessler 06 und Firtinaspor Herne mit jeweils 16 Zählern ebenfalls durchaus noch in Schlagweite.
Schon die Vorbereitung des BV Rentfort ist schlecht verlaufen
Fakt ist: Das hatten sie sich an der Hegestraße natürlich ganz anders vorgestellt. Trainer Marc Schäfer, der zwischenzeitlich über seinen Rücktritt laut nachgedacht hat, hatte vor der Saison ein bewusst unrealistisches Ziel ausgegeben, um seine schnell zu Genügsamkeit neigende Mannschaft ein wenig zu kitzeln. „Wir wollen unter die ersten Fünf kommen“, so der BVR-Coach, der betonte, dass ein Platz im gesicherten Mittelfeld („Rang sechs bis neun“) machbar sei.
Selbst diese Einschätzung erwies sich als viel zu optimistisch. Wobei: Daniel Griese, der Sportliche Leiter des BV Rentfort, hat mit Blick auf die Partien gegen die Topmannschaften Erler SV 08 (2:2) und SV Horst-Emscher 08 (5:0) die Konkurrenzfähigkeit des Aufgebots herausgestrichen: „Die Mannschaft hat ja gezeigt, dass sie es kann.“
Die Spiele gegen Erle und Horst sind allerdings Ausnahmen gewesen. Hinweise, dass die Saison schwer werden könnte, gab es bereits während der Rückrunde der vergangenen Spielzeit und in der miesen Vorbereitung. So schied der BV Rentfort bei der Gladbecker Feldstadtmeisterschaft auf eigenem Platz sang-, klang und torlos aus. Ein Grund: Einige Stammspieler fehlten bei den Titelkämpfen.
Erneut haben mehrere Stammspieler den BV Rentfort verlassen
Das erwies sich jedoch nicht nur bei der Feldstadtmeisterschaft als gravierendes Problem. In Bestbesetzung konnte der BVR eigentlich nie antreten. Als besonders schmerzhaft erwies sich für die Mannschaft der Ausfall des auch torgefährlichen Mittelfeldstrategen Kutsal Türkel, der sich Anfang Oktober in der Begegnung mit den Sportfreunden Bulmke (3:1) einen Mittelfußbruch zugezogen hat. Daniel Griese kommentierte damals: „Das ist der Worst Case, das ist richtig mies.“
Für den Rentforter Absturz gibt es aber noch weitere Gründe: Vor der Saison hatten nämlich einmal mehr mehrere Stammspieler (Justin Kirstein, Pascal Hingst, Gero von Kiedrowski) den Verein verlassen.
Damit nicht genug: Während der Runde verabschiedete sich in Felix Nizeyimana ein weiterer ganz wichtiger und auch routinierter Akteur. Aus beruflichen Gründen ist der kampfstarke Mittelfeldmann nach München umgezogen. Auch dabei ist es nicht geblieben: Kurz vor Weihnachten wurde bekannt, dass Tobias Stukator, ein Rentforter Dauerbrenner, zum VfL Grafenwald in die Kreisliga A wechselt.
Die Kadrijaj-Brüder sind nur kurz in Rentfort geblieben
Auf der Gegenseite hatten die Rentforter mit ihren Sommerzugängen nicht nur Glück: So haben sich die Kadrijaj-Brüder Adrian und Albion schon längst wieder von der Hegestraße verabschiedet. Auch Rückkehrer Berin Dono hat sich, anders als Torwart Dominik Bicker oder Dario Selvarolo, bislang nicht als die erhoffte Verstärkung erwiesen.
In der Vergangenheit profitierte der BVR oben stets von seiner guten Jugendarbeit. Und auch in dieser Saison zog Trainer Marc Schäfer in Nils Tombrink und Lars Kraska zwei Spieler aus dem ältesten Nachwuchsteam hoch.
48-Tore-Talent ist von Rentfort zum SV Zweckel gewechselt
Aber: Zwei Talente, die für die Erste zweifellos in Frage gekommen wären, haben Rentfort vor der Runde verlassen: Justin Tyler Schwandt, der Toptorjäger der A-Junioren der Spielzeit 2023/2024 (48 Treffer!), kehrte zum SV Zweckel zurück. Und Hendrik Zocher, ebenfalls ein Offensiver, der auch schon in der Rentforter Ersten zum Einsatz gekommen war, schloss sich dem B-Ligisten SV Bottrop 1911 an.
Zum verkorksten letzten Halbjahr des BV Rentfort passte es irgendwie, dass kurz vor dem Fest Dirk Kemper von seinen Posten als Vorsitzender der Fußballabteilung und Jugendleiter zurückgetreten ist. „Es tut mir leid“, sagte er im Gespräch mit der WAZ und begründete seine Entscheidung mit diesen Worten: „Ich habe es gerade für die Kinder und Jugendlichen gerne gemacht. Aber ich habe einen Job, der mich sehr fordert, und es gibt auch noch eine Familie. Die Zeit, die in Rentfort gefordert wird, die habe ich nicht, das ist in der Ausprägung nicht drin.“
Die Hinrunde des BV Rentfort im Überblick
- Tabellenplatz: 15. in der Bezirksliga 9 mit 11 Punkten und 26:57 Toren
- Höchster Sieg: 5:0 gegen den SV Horst-Emscher 08 (3. November)
- Höchste Niederlage: 1:14 gegen den BV Herne-Süd (8. September)
- Beste Platzierung: 14. (25. August, 1. September, 6. Oktober)
- Schlechteste Platzierung: 15. (zuletzt seit dem 13. Oktober)
- Torjäger: 1. Marius Wichert 5 Tore, 2. Ali Sarigül 3, 3. Simon Basner, Noah Cinar, Kasper Gorzelany, Finn Martin Jorczik, Kutsal Türkel je 2.
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