Bottrop. Die Sporthallen sind geschlossen, an Judo ist nicht zu denken. Der JC 66 Bottrop lässt den Kontakt zu seinen Talenten aber nicht abreißen.
Seit zehn Jahren wirkt Sven Helbing als Botschafter seines geliebten Judo-Sports in Bottrop. Für ihn ist Judo Lebenseinstellung, Leidenschaft und Mittel, Positives zu bewirken. Und diesem Wirken begegnet man überall in der Stadt. Auch in Corona-Zeiten geht der Blick nach vorne.
Wenn Orientierung und Raum da sein soll, um gute und positive Dinge in Gang zu bringen und so die richtigen und wichtigen Veränderungen der Gesellschaft anzustoßen und zu gestalten, sind Macher nötig. Genau so ein Macher ist Sven Helbing (48). Der in der thüringischen Spielkartenstadt Altenburg geborene und in Leipzig aufgewachsene Judoka lebt seit zehn Jahren in Bottrop und hat sowohl national als auch international sportlich Großes erreicht.
JC 66 Bottrop macht bundesweit auf sich aufmerksam
Aber auch gesellschaftlich zählt Helbing zu den Menschen, die ihr Umfeld mitgestalten und prägen. Mit dem Projekt „Werte. Schule. Judo.“ haben Helbing, Volker Tapper und viele weitere Mitstreiter vom JC 66 Bottrop bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Der Verein räumte bei den „Sternen des Sports“ mächtig ab, holte in der Regionalwertung Bronze, auf der Landesebene Silber und auf der bundesweiten Bühne sogar Gold.
Judo ist viel mehr als Kämpfen
„Werte. Schule. Sport“ bringt Judo in den Sportunterricht an den Schulen, legt aber den Fokus nicht nur auf die sportlichen Aspekte, sondern begreift den Judosport ganzheitlich als Möglichkeit, jungen Menschen Orientierung zu geben. Ziel ist es, den Menschen „besser“ zu machen. Besser im Umgang mit anderen, besser im Umgang mit sich selbst.
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„Das Schulprojekt ist deshalb da, weil wir gesellschaftsrelevante Werte vermitteln. Judo an sich, das Kämpfen und sich verteidigen lernen, hat auch alle Aspekte, aber die Wertevermittlung ist das Entscheidende. Das ist mir selbst auch erst nach meiner aktiven Laufbahn so richtig klar geworden, wie oft mir Judo in verschiedenen Lebenslagen geholfen hat und vor allem, was einem Judo in Bezug auf Nachgeben oder auch Loslassen gelehrt hat“, erklärt Sven Helbing seine Faszination für den Judosport.
Projekt existiert seit zehn Jahren
Und diese Faszination wirkt ansteckend, nichts illustriert das besser, als immer wiederkehrende kurze Unterbrechungen, wenn Helbing während des Gesprächs mit dieser Zeitung von vorbei laufenden Kindern und Jugendlichen freundlich begrüßt, beim Namen genannt wird. Zehn Jahre läuft „Werte. Schule. Judo“ jetzt schon. Alle Jahrgänge haben in diesem Zeitraum das Projekt durchlaufen und Judo dadurch in Bottrop einen enormen Schub an Aufmerksamkeit und jungen Sportlern bekommen.
Verband bietet ein kostenloses Online-Training an
Auch der Nordrhein-Westfälische Judo-Verband (NWJV) hat sich in der Corona-Zwangspause kreativ gezeigt. Seit Donnerstag können Judokas aller Altersgruppen an den kostenlosen Online-Angeboten der NWJV-Trainer teilnehmen.
Jeden Tag bietet jeweils ein Trainer eine Trainingseinheit an. Die Trainingspläne werden wöchentlich veröffentlicht. Die Einheiten werden über das Videokonferenz-Tool Zoom durchgeführt.
Eine vorherige Anmeldung (bis zu einer halben Stunde vor Trainingsbeginn) beim Landestrainer Jan Tefett ist dringend notwendig (E-Mail: jan.tefett@nwjv.de oder via WhatsApp 0173 6573856). Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Das von der Stadt und der Ele unterstützte Projekt sah sich allerdings – wie so viele andere auch – ab März vor die Problematik gestellt, aufgrund der Corona-Krise Kontaktsport in der bekannten Form nicht durchführen zu können. „Judo ohne Kontakt ist zwar möglich, jedoch fallen dabei die Lernziele hinten rüber. Deshalb haben wir uns gemeinsam hingesetzt, die Situation analysiert und neue Konzepte erarbeitet. Je nachdem, wie weit zum Beispiel das schulische und sportliche Leben eingeschränkt wird, haben wir dafür Module entwickelt, wie wir in den unterschiedlichen Szenarien trotzdem zielgerichtet lernen und Judo vermitteln können. Je nachdem, was machbar ist, so zum Beispiel: was machen wir, wenn wir zwar in die Sporthalle dürfen, aber keinen Kontaktsport ausführen dürfen?“, fragt Helbing.
„Oder wenn man gar nicht in die Halle darf, wenn man im Klassenraum trainieren muss? Diese Fragen haben sich uns gestellt, da haben wir alternative Konzepte entwickelt. Deshalb können wir jetzt trotz Krise weiter mit den Kindern Judo machen, eben ohne körperlichen Kontakt mit mehr Fokus auf koordinierter Ebene. Körper und Geist, Life Kinetik ist da das Stichwort. Oder anders gesagt: Gehirntraining durch Bewegung. Das ist ein großes Thema in den Schulen. Da gibt es bereits Langzeitstudien, welche Effekte das auf das Leben der Kinder hat. Das hat einfach Auswirkungen auf alles“, sprudelt es aus Sven Helbing heraus.
Dem Wahl-Bottroper merkt man an, mit welchem Enthusiasmus er an den neuen Wegen gearbeitet hat. Es ist die Einstellung, Krisen und Veränderungen als Chance zu begreifen, als Weg und nicht als Hürde. Und Judo ist da ein sehr guter und erfolgreicher Leitfaden.
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