Bottrop/Gladbeck. Die Saisoneröffnung soll der erste Schritt in der Zusammenarbeit der Klubs sein. Beide wollen voneinander profitieren, strukturell und sportlich.

Es schien bisher eine unüberwindbare Grenze zu sein, die die Handballverbände Westfalen und Niederrhein und somit auch den VfL Gladbeck und die DJK Adler Bottrop trennte. Dabei liegen zwischen den beiden Hallen gerade einmal neun Kilometer Asphalt, eine Viertelstunde im Auto und schon steht man beim Nachbarn vor der Tür. Geografisch so nah, gedanklich so fern. Damit soll nun aber Schluss und die Partie zur Saisoneröffnung der Adler der Startschuss in eine Zukunft sein, in der beide Vereine sich stetig austauschen und von der beide Klubs profitieren wollen. Sowohl kurzfristig, als auch langfristig.

„Wir gucken immer, wie wir unseren Handball aus Gladbeck bekannter machen können. Bottrop war bisher immer eine Grauzone. Aber wir wollen eine starke Handballregion sein, obwohl das Vereinsaufkommen leider rückläufig ist. Von einer starken Region profitieren auch wir als starker Verein“, sagt Gladbecks Sportlicher Leiter Tim Deffte, der voll des Lobes für die Adler ist. „Den Vereinsaustausch finde ich wichtig. Wir können weitergeben, was wir in den vergangenen Jahren erlebt haben. Und es ist schön, einen Verein wie die Adler zu sehen, wo Leidenschaft entsteht. So etwas brauchen wir in der Region, das ist klasse.“

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Etwas, das auch sein Pendant bei den Adlern, Bernd Limper so sieht. „Das Gute ist so nah“, sagt er und meint dabei neben der Saisoneröffnung am 22. August, für die ein Hygienekonzept in Absprache mit dem Sport- und Bäderbetrieb erstellt wurde und für die das Kartenkontingent bereits ausgeschöpft ist, auch die Qualität der Gladbecker. „Wir verfolgen den Gladbecker Handball natürlich. Es ist so, dass der VfL auch eine gewisse Vorbildfunktion für die Adler hat. Der VfL ist ein gestandener Oberligist in Westfalen und wir können uns dort die Strukturen angucken. Von der Erfahrung können wir nur profitieren“, so Limper, der die nun startende Kooperation oder die Freundschaft - wie auch immer man es nennen mag - als nächsten Schritt in der Entwicklung der Adler sieht.

Austausch auf vielen Ebenen

Die soll sich nicht nur auf die Infrastruktur und das Organisatorische beziehen, auch sportlich gibt es trotz der unterschiedlichen Verbände und Ligen durchaus Anknüpfungspunkte. Wenn sich das eine oder andere Bottroper Talent zum Beispiel so in den Vordergrund spiele, dass es für die Gladbecker interessant werden könne, würde man sich ohne Probleme unterhalten können, so Limper. Doch noch ist all das Zukunftsmusik. Der Plan muss erst mit Leben gefüllt werden. Schritt eins auf der Treppe der Entwicklung, ist da der Handballknaller zur Saisoneröffnung am 22. August.

Seit 1995 Oberligist

Der Handballverband Westfalen, zu dem der VfL Gladbeck gehört, ist mit 93.000 aktiven Handballern der größte Landesverband im Deutschen Handballbund. 3200 Teams sind unter seinem Dach organisiert.

Der VfL Gladbeck spielt bereits seit vielen Jahren hochklassig. 1995 schaffte das Team den Oberliga-Aufstieg, spielte danach fünf Jahre in der Regionalliga und drei Spielzeiten in der 3. Liga West.

Eingeleitet wurde die Partie von Gladbecks Hauptsponsor Emscher Lippe Energie (ELE), der sich bei den Bottropern auch im Jugendbereich engagiert. „Ich mag Sponsoring, bei dem mehr passiert als nur Geld zu überweisen“, sagt Peter Efing, Leiter Unternehmenskommunikation bei der ELE. Deswegen war er es, der den Adlern die Idee, die Gladbecker zur Saisoneröffnung in die Dieter Renz Halle zu holen, in den Kopf impfte. „Und die Grenze zwischen den Handballverbänden zu überwinden, scheint etwas Spannendes zu sein“, so Efing.

Durch das Coronavirus fällt Limpers Plan, bei der Partie „die Halle richtig vollzumachen, wie gegen Tusem Essen oder die Frauen von Bayer Leverkusen“, zwar der Pandemie zum Opfer, das Spiel selbst werde aber auch mit 100 oder 120 Zuschauern zu einem „geilen Handballevent. Und auch sportlich ist es für uns wichtig, auf einen solchen Gegner zu treffen. Unsere Mannschaft hat ein Jahr lang nicht verloren. Da tut es mal ganz gut zu sehen, dass in Westfalen ein anderer Handball gespielt wird als bei uns“, glaubt Limper, der den Klub als Landesligist „in der Stadt positionieren“ möchte.

VfL Gladbeck mit „ganzer Kapelle“

Eine Einschätzung, bei der Bottrops Trainer Sebastian Wycichowski nur nickend zustimmen kann. „Die Jungs müssen mal merken, wie es ist, mit fünf, sechs Toren zurückzuliegen und trotzdem durchzuziehen. Wir werden verlieren, das ist klar. Aber es geht darum, uns anständig zu präsentieren. Und darum, dass die Jungs wieder ein Gefühl dafür bekommen, dass sie etwas fürs Torewerfen tun müssen.“ Dass dies auch wirklich geschieht und es für die Gladbecker nicht nur ein Testspiel mit der B-Mannschaft wird, garantiert Deffte.

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„Wir starten anders als Bottrop zwar erst Anfang Oktober analog zur Bundesliga und zur dritten Liga in die Saison und spielen auch eine Haupt- und eine Vorrunde. Aber wir werden voll im Saft stehen und auch mit der ganzen Kapelle antreten. Ich wurde auch schon von einem Spieler angesprochen, ob er Karten bekommen kann. Man merkt einfach, die Sehnsucht nach Handball ist groß“, verspricht Deffte. Die Bottroper dürfen sich also freuen auf Spieler wie Torjäger Max Krönung oder den Rechtsaußen Felix Käsler, der übrigens in Bottrop wohnt.

Die Partie hinterlässt also bereits im Vorhinein ihre Spuren. Genauso wie - im Optimalfall - die neue Freundschaft zwischen den Gladbeckern und den Bottropern. Deffte: „Eigentlich hätten wir das schon früher machen können. Komisch, dass man sich so entfernt fühlt.“