Bottrop. Das Corona-Sportverbot trifft ganz besonders die Mannschaften. Sandra Bücking macht mit technischer Hilfe gemeinsames Training dennoch möglich.


Die Zwangspause macht Sportler erfinderisch. Weil an den normalen Trainingsalltag momentan nicht zu denken ist, nutzen immer mehr von ihnen neue Angebote. Die Nachfrage nach Online-Trainingsmöglichkeiten steigt rasant und Sandra Bücking freut sich über die ersten Aufträge. Zu den Kunden der Gesundheitsmanagerin und Sporttherapeutin zählen seit dem Lockdown vor zwei Wochen beispielsweise die Fußballer des
VfL Grafenwald
, oder die Handball-Teams der
DJK Adler 07 Bottrop
. „Beim Training kommt sich eine Mannschaft wieder näher, auch wenn jeder einzelne Kilometer weit entfernt ist“, sagt Bücking.

Der Flachbildfernseher, auf den Sandra Bücking in ihrem Studio in Gladbeck schaut, gewährt in diesem Moment den Einblick in zehn verschiedene Wohnräume. Die Trainingsstunde soll in wenigen Minuten beginnen, die Teilnehmer haben sich gut vorbereitet. Sie stehen in Sportbekleidung auf Gymnastikmatten und vor ihren Webcams. Sie warten gespannt auf die ersten Anweisungen ihrer Trainerin.

Sandra Bückings Kunden sind sonst Krankenkassen und Unternehmen

Sandra Bücking ist Sportwissenschaftlerin und arbeitet als Gesundheitsmanagerin und Sporttherapeutin. „Meine Hauptkunden sind eigentlich Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, aber auch Unternehmen aus der Industrie und aus dem Handwerk. Ich leite Seminare und Workshops, halte Vorträge oder führe Trainings mit Fabrikarbeitern durch“, sagt die 32-Jährige und ergänzt mit einem Blick auf ihren Tachostand: „manchmal fühle ich mich aber auch wie ein Lastwagenfahrer. Meine Kunden sitzen in ganz Deutschland, ich bin viel und lange unterwegs.“

Mit Mikro und Webcam in die Trainingseinheit: Gesundheitsmanagerin Sandra Bücking hält ihre Teams mit technischer Hilfe fit.
Mit Mikro und Webcam in die Trainingseinheit: Gesundheitsmanagerin Sandra Bücking hält ihre Teams mit technischer Hilfe fit. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung



Die Corona-Pandemie hat auch den Berufsalltag der Gladbeckerin auf den Kopf gestellt. „Ich habe vorher schon multimedial gearbeitet, aber das Training mit Sportlern in einer Videokonferenz ist neu. Und auch wenn momentan viele Dienstreisen wegfallen, mein Arbeitstag hat sich in den letzten Wochen verdichtet. Ich arbeite mehr, aber auch viel effektiver.“ Möglich wird das qualifizierte Training mitten in der Corona-Lockdown-Phase durch technische Unterstützung. Bücking hat ihren Trainingsraum mit einem Flachbildschirm, einer stabilen Internetverbindung und einem Mikrofon ausgestattet. Über eine Videokonferenz-Anwendung lädt sie die Teilnehmer der Trainingsstunden in ihr kleines, multimediales Studio ein.

Trainingseinheiten führen Mannschaften wieder zusammen

An diesem Donnerstagabend stehen für Sandra Bücking gleich zwei Trainingsstunden auf dem Plan. Um 19 Uhr trifft sie sich mit dem Handballerinnen des Landesligisten Adler 07 Bottrop, für den sie selbst seit drei Jahren spielt. Im Anschluss ist das Männerteam der Bottroper dran. Die 60 Minuten, die ihr für jede Trainingseinheit zur Verfügung stehen, sind gut getaktet und strukturiert. „Man schafft eine ganze Menge, der Spaß kommt aber nie zu kurz.“ Sandra Bücking stellt die Musik an: „Wir machen uns jetzt warm, Hampelmänner, 60 Sekunden lang.“ Es folgen Wechselsprünge, „Luftpumpen“ und „Frösche“.



Die Handballerinnen sind konzentriert, der Puls steigt. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass durch die Distanz viel konzentrierter gearbeitet wird. Wenn man sich in der Sporthalle trifft, gibt es viel mehr Ablenkung, da wird mehr gequatscht und Blödsinn gemacht. In der Videokonferenz fällt das alles weg“, sagt Bücking. Unlustig ist das Training dennoch nicht: „Mannschaftssportler leiden besonders in der aktuellen Phase. Ihnen fehlt das Miteinander. Das gemeinsame Training kann das etwas kompensieren. Vorher und nachher ist noch Zeit für Smalltalk. Eine meiner Mannschaften blieb auch nach dem Training noch in der Videokonferenz. Die Spieler haben zusammen angestoßen und ein Bier getrunken.“

Dank der Webcam bleiben Hilfestellungen und Korrekturen möglich

Die Pflege des Teamgefühls ist einer der positiven Aspekte des Online-Trainings, aber lange nicht der einzige Vorteil gegenüber dem isolierten Einzeltraining, Bücking: „Natürlich könnte jeder Sportler die Übungen auch für sich allein zuhause machen. Aber dann geht auch ein gutes Stück Motivation verloren. Über die Webcam kann ich als Trainerin auch Hilfestellungen geben, oder auf Fehler hinweisen.“



Sandra Bücking ist sicher, dass die Corona-Pandemie ihren Beruf als Gesundheitsmanagerin auch über den Lockdown hinaus verändern wird. Und das nicht unbedingt zum Negativen: „Mein Tagesablauf hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verändert. Diese Trainingseinheiten mit Teamsportlern sind auch für mich eine Bereicherung. Ich werde das auch in der Zeit nach Corona anbieten.“

Das sagen die beteiligten Trainer der Bottroper Mannschaften


Frank Meese
, Trainer der Landesliga-Handballerinnen der DJK Adler 07 Bottrop: Sandra macht das absolut professionell und ich bin wirklich froh, dass wir sie haben. Auch wenn wir nicht mit dem Ball arbeiten können, ist dieses Training eine anspruchsvolle Alternative. Ganz gleich wie lang die Corona-Pause dauert, wir werden im Anschluss nicht bei Null beginnen müssen. Wir haben dann eine gute Basis. Viele Konkurrenten werden das nicht haben.


Sven Koutcky
, Trainer des Fußball-Kreisligisten VfL Grafenwald: Ich habe selbst schon mitgemacht und war danach fix und fertig. Mir geht es darum, dass mein Team in dieser Zwangspause ein wenig Abwechslung hat. Es geht nicht nur darum, fit zu bleiben, sondern auch darum, dass wir uns regelmäßig sehen. Für das Mannschaftsgefühl ist das enorm wichtig. Es ist gut möglich, dass wir auch über den November hinaus mit Sandra zusammen arbeiten.


Sebastian Wycichowski
, Trainer der Landesliga-Handballer der DJK Adler 07 Bottrop: Der Vorstand hat uns angesprochen, wir sollten das mal ausprobieren. Ich gebe zu, dass ich am Anfang etwas skeptisch war, aber meine Jungs haben nach jeder Einheit durch die Bank Muskelkater. Das ist ein intensives Training, das uns ganz sicher dabei hilft, fit durch die Zwangspause zu kommen. So lange wir nicht in der Halle trainieren dürfen, werden wir das Angebot nutzen.

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