Bologna. Borussia Dortmund hat die Reißleine gezogen und Nuri Sahin vor die Tür gesetzt. Eine Chronologie des Scheiterns in schwarz-gelb.
Es sollte ein Langzeitprojekt werden, das mit Nuri Sahin bei Borussia Dortmund. Nach nur sieben Monaten ist es schon gescheitert, bevor es überhaupt losgehen konnte. Wie ist es so weit gekommen?
Sahin beim BVB: Schon die Sommervorbereitung war holprig
14. Juni 2024: Am Tag, als Deutschland den EM-Auftakt gegen Schottland (5:1) herbeisehnte, wird in Dortmund-Brackel eine wegweisende Unterschrift gesetzt. Nuri Sahin folgt auf Edin Terzic. Er hat große Pläne, will dem BVB ein anderes Gesicht verpassen, endlich wieder mit feinen Kombinationen, Ballbesitzfußball und Tempo begeistern.
21. Juli 2024: Als die vielen Nationalspieler noch urlauben, betreibt Dortmund eine Werbetour in Asien. Im schwülen Bangkok gibt es ein 0:4 gegen Außenseiter Pathum United aus Thailand. Sahin meckert: „Wer die Basics nicht mitmacht, wird nicht spielen – ganz einfach.“ Eine Aussage, an der man Sahin nun messen wird.
10. August 2024: Das Heimdebüt erlebt Sahin bei der Saisoneröffnung gegen Aston Villa (2:0). Der Himmel ist blau, die Euphorie groß, der Glaube an eine große Zukunft da. In einer emotionalen Ansprache bittet Sahin um Zeit und Geduld, obwohl er weiß, dass er diese beiden Komponenten nicht hat. „Trust the process“, sagt Sahin, der Rückendeckung im Management, im Klub und bei den Fans auf der Tribüne genießt. Der Bundesliga-Einstand glückt beim 2:0 gegen hochgehandelte Frankfurter, doch die Auftritte bleiben anschließend wenig inspirierend.
BVB und Nuri Sahin: Heftige Klatsche gegen den VfB Stuttgart
22. September 2024: Die erste heftige Klatsche, ein 1:5 in Stuttgart. Wieder ist der BVB völlig unterlegen. „So ein Gesicht will ich nie wieder sehen“, schimpft Sahin. Seine Profis werden die Forderung nicht erfüllen können.
1. Oktober 2024: Die Leistungen schwanken zu Beginn der Saison, weil die Mannschaft sich noch nicht gefunden hat. Hoffnung gibt die schnelle Eingliederung von Serhou Guirassy. Dann ein Wow-Spiel, das 7:1 gegen Celtic Glasgow. Die Mannschaft zeigt, was in ihr steckt. So etwas haben die Fans lange nicht mehr gesehen – und werden es so schnell nicht wieder.
5. Oktober 2024: Der nächste Rückschlag, ein 1:2 bei Union Berlin. Sahin kritisiert, dass eine Top-Mannschaft alle drei Tage Ergebnisse erzielen müsse. Und das gelingt dem BVB im Herbst vor allem auswärts nicht. Mehr als zarte Ansätze von Sahins Philosophie sind nicht zu sehen, der Prozess, von dem Sahin spricht, stockt. Auch, weil die Zugänge nicht zünden.
BVB und Nuri Sahin: Das erste Saisonziel im DFB-Pokal verpasst
22. Oktober 2024: Plötzlich rückt Sahin mehr in den Fokus der Kritik, da er sich in Führung liegend bei Real Madrid (2:5) in der Taktik vergreift. Dem ehemaligen türkischen Nationalspieler wird wieder fehlende Erfahrung vorgeworfen.
29. Oktober 2024: Das erste Saisonziel ist verpasst ob des 0:1 nach Verlängerung in Wolfsburg. Das Pokal-Aus fällt zusammen mit dem Höhepunkt der Verletzten-Misere. Sie ist einer der Gründe dafür, dass kaum Weiterentwicklung stattfindet, dass Sahin das Leistungsprinzip nicht durchsetzen kann – ein Knackpunkt. Kurz darauf folgt die Reaktion: der 2:1-Heimerfolg gegen Leipzig. Bei der Mitgliederversammlung Ende November stärkt Geschäftsführer Lars Ricken seinem Trainer demonstrativ den Rücken, obwohl der Klub auswärts weiter auf seinen Bundesliga-Sieg wartet.
11. Dezember 2024: Der BVB dümpelt vor sich hin. Gegen Barcelona zeigt er mal wieder einen Ausriss nach oben, verliert aber mit 2:3. Sahin eröffnet eine Debatte: Dem Klub fehle die Siegermentalität.
BVB und Nuri Sahin: Der Start in 2025 geht daneben
22. Dezember 2024: Dank einer fulminanten ersten Halbzeit verabschiedet sich der BVB mit dem 3:1 in Wolfsburg in die Winterpause. Im neuen Jahr will man angreifen, haben sich die Verantwortlichen vorgenommen. Die Hoffnung ist begründet, in der knackigen Januar-Vorbereitung hat Sahin seit längerer Zeit die Chance, mit dem kompletten Kader zu arbeiten.
10. Januar 2025: Eine irrwitzige Grippewelle zieht durch Dortmunds Kader, es gibt daher mit zahlreichen Ausfällen eine 2:3-Niederlage gegen Bayer Leverkusen, der Double-Sieger ist derzeit nicht die schwarz-gelbe Kragenweite.
14. Januar 2025: Die große Blamage, ein 2:4 bei Aufsteiger Holstein Kiel. In Sahin kocht es, der Druck ist nun gigantisch, doch die Bosse stellen sich weiterhin hinter ihren Trainer. Klar ist: Eine Trennung wäre ein Eingeständnis, dass ihr Projekt gescheitert ist.
17. Januar 2025: Sahin hofft auf zügige Transfer-Soforthilfen, doch am Kader ändert sich nichts. Nach dem 0:2 in Frankfurt verweigert Ricken ein klares Bekenntnis. Hinter vorgehaltener Hand wachsen die Zweifel. Und auch Sahin wirkt, als vertraue er nicht mehr in die eigene Stärke. Die Mannschaft spielt blutleer, begeht defensiv haarsträubende Fehler, ist nicht torgefährlich, dafür aber führungslos. Eigentlich hat diese Konstellation keine Zukunft mehr.
20. Januar 2025: Im rostigen Stadio Renato Dall‘Ara von Bologna trägt Nuri Sahin den schicken Ausgehanzug seines Arbeitgebers. Er spüre keinen Druck, sagt Nuri Sahin. „Ich freue mich auf das Spiel und bin zuversichtlich.“ Nico Schlotterbeck, der Stellvertreter-Kapitän meint: „Die Mannschaft ist in der Bringschuld.“
21. Januar 2025: Trotz Führung verliert der BVB mit 1:2 in Bologna. Es ist die nächste Nicht-Leistung der Mannschaft. Sahin lässt durchblicken, dass es sein letztes Spiel gewesen sein könnte. In der Pressekonferenz zählt er den gesamten Klub an.
22. Januar 2025: In den Morgenstunden sickert durch, dass sich Nuri Sahin und der BVB trennen.
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