Dortmund. Vor wenigen Tagen erst stand Mike Tullberg kurz vor dem Absprung bei Borussia Dortmund. Nun soll er den BVB-Profis Beine machen.

Nun ist es also erst einmal an Mike Tullberg, die rasante Talfahrt von Borussia Dortmund zu bremsen. Wie der BVB kurz nach der Entlassung des glücklosen Nuri Sahin am Mittwochvormittag vermeldete, soll der U19-Coach vorübergehend die kriselnden Profis übernehmen. Mindestens im Bundesligaspiel gegen Werder Bremen am kommenden Samstag (15:30 Uhr/Sky) steht der 39-Jährige an der Seitenlinie.

Eine wenig überraschende Interimslösung, schließlich hat sich Tullberg mit jahrelanger erfolgreicher Arbeit im Nachwuchsbereich weit über die Dortmunder Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht. In jüngerer Vergangenheit wurde der Däne immer wieder mit Erstligisten aus dem In- und Ausland in Verbindung gebracht. Tullberg hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich langfristig im Profigeschäft sieht.

Pechvogel Mike Tullberg: Frühes Karriereende bei RWO

Als Spieler war ihm der Sprung auf dieses Level nie vergönnt. 2009 wechselte der damalige Mittelstürmer vom italienischen Viertligisten Reggina 1914 zum Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen. Das Ruhrgebiet wurde zu Tullbergs Heimat, obwohl der verhinderte Torjäger verletzungsbedingt in zwei Jahren nur viermal für RWO zum Einsatz kam. Mit gerade einmal 25 Jahren musste er die Karriere beenden.

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Im Folgejahr stieg Tullberg als Assistent beim damaligen Kreisligisten SG Schönebeck ein. „Ob man das Trainerkarriere nennen kann, weiß ich nicht“, sagte Tullberg einmal lachend im Gespräch mit dieser Redaktion. „Das war ein lustiges halbes Jahr, aber Kreisliga-Fußball war einfach nichts für mich.“ Nur ein Beispiel: „Im Winter war der Platz völlig eingeschneit. Ich bin vier Stunden vor dem Training gekommen und habe alleine Schnee geschaufelt, damit die Jungs zumindest einige Runden laufen können.“

Vom Kreisliga-Assistenten zum großen BVB-Talentförderer

Die Spieler dankten es ihrem schuftenden Co-Trainer aber nicht mit ähnlichem Einsatz im Training, ihnen ging es mehr um „einen heißen Kakao oder ein Bier im Vereinsheim“, stellte Tullberg fest. Da wurde ihm klar, dass die Gepflogenheiten in der Kreisliga und sein Ehrgeiz als Trainer einfach nicht zusammenpassen: „Ich konnte einfach nicht zwischen Hobby- und Leistungsfußball trennen und wollte jedes Spiel gewinnen.“

Nach dem prägenden Erlebnis bei der SG Schönebeck kehrte Tullberg als Nachwuchstrainer zu RWO zurück und blieb bis 2017. Nach einem zweijährigen Abstecher in die dänische Heimat folgte 2020 der große Sprung zum BVB, der seinerzeit auf der Suche nach einem Trainer für die zweite Mannschaft war. Ein weiteres Jahr später installierten die Schwarz-Gelben ihr Trainertalent bei der U19.

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Die Dortmunder A-Junioren formte Tullberg zur erfolgreichsten U19-Mannschaft Deutschlands. Sein sagenhafter Punkteschnitt in 102 Spielen in der A-Junioren-Bundesliga: 2,43. Immerhin 1,55 sind es in 31 Partien in der UEFA Youth League, in der sich die besten Nachwuchsmannschaften Europas begegnen.

Tullberg ließ Bergen abblitzen - jetzt trainiert er die BVB-Profis

Bilanzen, mit denen Tullberg bei großen Vereinen Begehrlichkeiten wecken konnte. Im Frühjahr 2023 wurde der Talentförderer bei Eintracht Frankfurt gehandelt, im Sommer vergangenen Jahres beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Vor wenigen Tagen erst schien Tullberg schon auf dem Weg zu Brann Bergen, dann allerdings sagte er dem norwegischen Erstligisten kurzerhand ab. Ob er da schon ahnte, dass er in Kürze bei den BVB-Profis gebraucht werden würde?

Rund zwei Wochen nach der Wechselabsage darf sich Tullberg auf der ganz großen Fußballbühne beweisen – nicht in Norwegen, sondern im Dortmunder Westfalenstadion gegen Werder Bremen. Wer weiß, wohin sein Weg noch führt, wenn die BVB-Profis unter seiner Regie wieder das abrufen, was sie eigentlich zu leisten imstande sind.

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