Berlin. . Nach intensiver Debatte über die Sommermonate hatte das Bundeskabinett vorgeschlagen, die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung zu verbieten. Strafbar wäre danach künftig, Betroffenen das tödlich wirkende Mittel mit Gewinnabsicht zu verschaffen oder gewerbsmäßig Sterbezimmer anzubieten. Die Länder fanden aber im Bundesrat keine gemeinsame Haltung zu dem Entwurf der Bundesregierung.
Wer einem Lebensmüden beim Selbstmord hilft und dafür Gebühren kassiert, dem sollen künftig bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe drohen. So will es die Bundesregierung – doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Der Bundesrat, der sich gestern erstmals zum Gesetzentwurf des Kabinetts hätte äußern sollen, konnte sich wieder zu keiner Stellungnahme durchringen.
Denn das Thema ist brisant. Selbstmord ist vom deutschen Strafrecht nicht erfasst, entsprechend straffrei ist auch die Beihilfe dazu, und daran will im Prinzip niemand etwas ändern. „Ein nicht gewerbsmäßig handelnder Teilnehmer ist straffrei“, heißt es im Gesetzentwurf, wenn der Selbstmordwillige „sein Angehöriger oder eine andere ihm nahestehende Person ist“.
Hilfe zum Selbstmord als Dienstleistung
Wenn aber nicht? Die Verfasser des Ende August im Kabinett beschlossenen Gesetzentwurfs sehen eine zunehmend anstößige Tendenz. Auch in Deutschland, klagen sie, häuften sich die Fälle, „in denen Personen auftreten, deren Anliegen es ist, einer Vielzahl von Menschen in Form einer entgeltlichen Dienstleistung eine schnelle und effiziente Möglichkeit für einen Suizid anzubieten“.
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Dem will die Regierung einen Riegel vorschieben. Denn die Folgen wären in ihren Augen erschreckend. In der Gesellschaft könnte sich die Ansicht durchsetzen, auch Selbstmord sei nichts weiter als eine normale gewerbliche Dienstleistung, was dem Menschenbild des Grundgesetzes, dem Schutz des Lebens als des höchsten Rechtsgutes, zuwiderliefe. Mehr noch: Alte und kranke Menschen könnten sich gedrängt fühlen dieses „Angebot“ in Anspruch nehmen zu müssen, um ihrem Umfeld nicht zur Last zu fallen, warnt die Justizministerin.
Schon Werbung bestrafen?
Neu ist die Debatte nicht. Sie wurde bislang vor allem aus den Ländern befeuert. Bereits vor sechs Jahren lag im Bundesrat ein Gesetzesantrag vor, die „geschäftsmäßige“ Förderung der Selbsttötung zu verbieten. Er fand keine Mehrheit, doch fasste die Länderkammer im Juli 2008 nochmals eine entsprechende Entschließung.
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Wiederum zwei Jahre später brachte Rheinland-Pfalz einen Entwurf ein, der darauf abzielte, nicht die gewerbliche und kostenpflichtige Mitwirkung an einem Selbstmord, sondern schon die „Werbung für Suizidbeihilfe“ unter Strafe zu stellen. Es sei „unerträglich“, empörte sich die Mainzer Regierung, „wenn die natürliche Hemmschwelle vor dem Tod dadurch abgebaut werden soll, dass vermeintlich leichte Wege vom Leben zum Tod aufgezeigt werden“.
Strafe für gewerbliche Suizidbeihilfe
Im Rechtsausschuss des Bundesrates fand die Initiative keine Gnade. Hier entstand ein völlig neuer Gesetzentwurf, der jetzt darauf abzielte, nicht Werbung, sondern „gewerbliche und organisierte Suizidbeihilfe“ generell zu bestrafen. Wer ein Gewerbe betreibe oder eine Vereinigung gründe, um Selbstmorde zu ermöglichen, sollte in den Knast oder Geldstrafe zahlen.
Im Vergleich dazu geht der Entwurf der Bundesregierung, die damit eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag einlöst, weniger weit. Er hebt allein auf das finanzielle Gewinnstreben ab. Kritiker warnen vor einem verfassungsrechtlichen Risiko: Wenn die Beihilfe im Prinzip straflos bleiben solle, sei die Gewerbsmäßigkeit allein kein ausreichender Strafgrund.