London. Erst vor einer Woche hatte Tony Nicklinson vor Gericht verloren: Er wollte erreichen, dass ein Arzt, der ihm Sterbehilfe leistet, nicht wegen Mordes belangt werden kann. Nun sei der ehemalige Rugby-Spieler, der vom Hals ab gelähmt war, friedlich und eines natürlichen Todes gestorben, so die Tochter.

Monatelang hatte er vor dem Obersten Gerichtshof für eine Aufhebung des Sterbehilfe-Verbots gestritten, jetzt ist der britische Locked-In-Patient Tony Nicklinson tot. Er sei am Mittwochmorgen friedlich eines natürlichen Todes gestorben, schrieb seine Tochter im Kurznachrichtendienst Twitter im Internet.

Seit einem Schlaganfall 2005 war Nicklinson vom Hals abwärts gelähmt. Er war bei vollem Bewusstsein, konnte sich aber nicht bewegen und nicht sprechen, weshalb er komplett von der Hilfe seiner Mitmenschen abhängig war. Mit seiner Umwelt konnte er nur über einen Computer kommunizieren, den er durch Augenbewegungen per Lidschlag bediente. Sein Leben beschrieb er als "unwürdig und unerträglich". Geistig war der ehemalige Manager und Rugby-Spieler allerdings vollkommen fit.

Polizei untersucht Nicklinsons Tod nicht

Im Januar beantragte der 58-Jährige beim Obersten Gerichtshof eine Entscheidung, nach der ein Mediziner, der ihm Sterbehilfe leistete, nicht wegen Mordes belangt werden sollte. In der vergangenen Woche lehnte das Gericht sein Gesuch ab. Er sei "erschüttert und todunglücklich" gewesen, erklärte Nicklinson nach der Entscheidung. Seine Anwaltskanzlei Bindmans LLP erklärte am Mittwoch, Nicklinson habe vergeblich dafür gekämpft, sein Leben "voller Qual" beenden zu dürfen.

Er hatte argumentiert, dass das britische Sterbehilfe-Verbot sein Recht auf Privatleben verletze. Damit verstoße es gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Die Regelung verhindere, dass er über seinen Tod als eine persönliche Angelegenheit selbst entscheiden könne.

Die Umstände von Nicklinsons Tod würden nicht untersucht, teilte die Polizei mit. "Wir können bestätigen, dass er gestorben ist", sagte ein Polizeisprecher. "Seine Sterbeurkunde wurde von einem Arzt unterzeichnet, deshalb handelt es sich nicht um eine Angelegenheit für die Polizei oder die Gerichtsmedizin." In einer Erklärung dankte die Familie des Verstorbenen ihren Unterstützern und bat um die Achtung ihrer Privatsphäre.

Sterbehilfe ist grundsätzlich verboten

Nicklinsons Gesundheitszustand habe sich zuletzt verschlechtert und er habe große körperliche Schmerzen gehabt, sagte seine Anwältin Saimo Chahal. Seit 2007 hatte ihr Mandant Medikamente mit lebensverlängernder Wirkung abgelehnt. Nicklinsons Ehefrau, eine ausgebildete Krankenschwester, sagte zuletzt, es bestehe das Risiko eines erneuten Schlaganfalls oder eines Herzinfarkts.

Sterbehilfe ist in Großbritannien grundsätzlich verboten, eine Expertenkommission empfahl aber im Januar eine Lockerung der Gesetzgebung. Die Londoner Richter hatten in ihrem Urteil vom 16. August erklärt, trotz der tragischen Lage des 58-Jährigen könne die Justiz die Gesetzeslage nicht missachten, nach der jede "vorsätzliche Sterbehilfe ein Mord" sei. Nicklinson hatte Berufung gegen das Urteil angekündigt. (dapd, afp)