Essen. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gerät mit ihren Plänen zur Sperrung kinderpornographischer Internet-Seiten unter Druck. Über 50.000 Internet-Nutzer haben eine Petition gegen die Internet-Sperren unterzeichnet. Initiatorin Franziska Heine erhält nun Gehör im Bundestag.
Die Petition im Wortlauf
"Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt.
Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die "Sperrlisten" weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden. Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit."
Zeit gehabt hätten die Gegner der Internet-Sperren noch bis zum 16. Juni. Doch sie haben ihr Ziel schon jetzt erreicht. Über 50.000 Menschen haben eine Petition gegen die Sperrpläne von Familienministerin Ursula von der Leyen unterschrieben - für Initiatorin Franziska Heine ein Riesenerfolg. Gerade fünf Tage haben gereicht, um die Marke zu knacken. Allein am ersten Tag hatten 16.000 Internet-Nutzer sich gegen die Sperren ausgesprochen. Nach ersten Erhebungen kam jeder fünfte Unterstützer aus Nordrhein-Westfalen. Am Montagmorgen war auf der Internetseite des Bundestags die elektronische Petition frei geschaltet worden.
Gesetz sollte noch vor der Bundestagswahl kommen
Noch vor der Bundestagswahl sollte das Parlament nach von der Leyens Plänen ein Gesetz beschließen, nach dem bis zu 97 Prozent der Internetanbieter verpflichtet werden können, beim Aufruf einer Kinderporno-Seite ein Stoppschild einzublenden. Die entsprechenden Internetadressen setzt das Bundeskriminalamt auf Sperrlisten und verteilt sie an die Anbieter.
Kritiker halten Pläne für unwirksam
Die Kritiker sehen darin allerdings einen ersten Schritt in Richtung einer umfassenden staatlichen Zensur. Außerdem halten sie die geplante Sperrung für "unwirksam". Sie plädieren vielmehr dafür, die Server mit kinderpornographischen Inhalten abzuschalten und fragen sich, warum das Bundeskriminalamt in dieser Hinsicht bislang nicht aktiv geworden ist.
Weil die erforderliche Marke von 50.000 Unterstützern nun übersprungen worden ist, wird Franziska Heine, die Initiator der Aktion, nun im Petitionsausschuss des Bundestags angehört, um dort ihre Argumente vorzubringen. Ihre Motivation hatte sie in einem Interview mit dem Blogger Sascha Lobo vorgebracht: "In einer Gesellschaft, die einen immer größeren Teil ihrer Informationen aus dem Netz zieht, darf es keine Listen geben, von denen niemand weiß, welche Seiten darauf landen und warum sie darauf landen. Ganz normalen Menschen, die sich im Internet bewegen, darf nicht Angst und Bange werden, wenn sie über eine Seite mit Stoppschild stolpern."